Politik

Kassen lehnen Finanzierung der psychotherapeutische Weiterbildung ab und wollen bessere Versorgungssteuerung

  • Freitag, 27. Juni 2025
/peopleimages.com, stock.adobe.com
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Berlin – Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) lehnt eine Finanzierung der psychotherapeutischen Weiterbildung über die erbrachten Therapieleistungen hinaus ab. Das geht aus einem Positionspapier hervor, das der GKV-Spitzenverband bei der Sitzung seines Verwaltungsrats vorlegte.

Die Psychotherapeuten fordern seit Jahren eine angemessene Finanzierung der neuen Weiterbildung aufgrund des Psychotherapeutenausbildungsreformgesetz von 2020. Diese kann deshalb aktuell nicht starten, obwohl approbierte Absolventinnen und Absolventen der Masterstudiengänge Klinische Psychologie und Psychotherapie, die eine Niederlassung anstreben, darauf warten.

Eine über die Therapieleistungen hinausgehende Finanzierung der Weiterbildung sei „keine Aufgabe der GKV, insbesondere da es anders als bei der Förderung der Weiterbildung gemäß § 75a SGB V keiner weiteren Anreize zur Sicherstellung der Versorgung bedarf“, heißt es in dem Papier.

Die Anzahl der abgeschlossenen Ausbildungen im Bereich der psychologischen Psychotherapie und der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie habe sich in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt: 3.500 Absolventen seien ausgebildet worden, von denen jedoch nur etwa 1.500 für die vertragsärztliche Versorgung benötigt würden. Ein Mangel an Psychotherapeuten sei daher nicht festzustellen.

Der GKV-Spitzenverband fordert, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) zukünftig im Rahmen der Bedarfsplanung Vorgaben zur Steuerung der Aus- und Weiterbildungskapazitäten im Bereich der ambulanten Psychotherapie trifft.

In dem Papier mit dem Titel „Positionen zur Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung“ fordert die GKV strukturelle Veränderungen als „dringend notwendig“ ein.

Angesichts des Anstiegs an Ausgaben für die Psychotherapie um mehr als 80 Prozent von 2,5 Milliarden Euro in 2014 auf 4,6 Milliarden Euro in 2023 sei es notwendig, den Zugang zur Psychotherapie besser zu steuern, insbesondere für Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen. Zudem soll nach Vorstellung der GKV die Zahl der zugelassenen Psychotherapeuten begrenzt werden.

Zurzeit stellen die etwa 40.000 Psychotherapeuten nach Angaben des GKV-Spitzenverbands nach den Hausärztinnen und-ärzten die zweitgrößte Fachgruppe der ambulanten Versorgung dar. Trotz einer weitgehend stabilen Prävalenz, der Schaffung neuer Zulassungen und der Ausweitung von Kapazitäten gebe es weiterhin Forderungen nach mehr Psychotherapeuten in der vertragsärztlichen Versorgung.

Auch die Nachfrage nach psychotherapeutischer Behandlung steige weiter an: So erhielten heute über 60 Prozent mehr Patienten eine Psychotherapie als noch vor zehn Jahren. Der GKV-Spitzenverband regt daher eine „eine stärkere Verankerung steuernder Elemente in der Versorgung, die zu einer zielgerichteten Inanspruchnahme von psychotherapeutischen Leistungen führt“ an.

Termin innerhalb einer Woche vermitteln

Bei der Steuerung müssen nach Vorstellung der Krankenkassen die Terminservicestellen (TSS) der Kassenärztlichen Vereinigungen noch stärker verpflichtet werden, innerhalb einer Woche einen Termin für eine psychotherapeutische Sprechstunde zu vermitteln, der innerhalb von vier Wochen stattfinden müsse. Im Jahr 2023 habe die Vermittlungsquote im Bereich der Psychotherapie nur bei 46 Prozent gelegen, mehr als die Hälfte der Anfragen sei nicht oder nicht fristgerecht vermittelt worden.

Der GKV-Spitzenverband fordert weiter, dass zukünftig „eine angemessene Anzahl an Sprechstunden und die Hälfte der Behandlungsplätze“ von Psychotherapeuten an die TSS gemeldet und ausschließlich durch diese vergeben werden. Auch Krankenhäuser sollten die Dringlichkeit für eine Vermittlung durch die Terminservicestellen festlegen können und eine psychotherapeutische Anschlussbehandlung an einen stationären Aufenthalt einleiten können.

Weiter sieht der GKV-Spitzenverband eine deutliche Ausweitung gruppentherapeutischer Angebote als „dringend erforderlich“ an. Denn die gleichwertige Wirksamkeit der Gruppentherapie einerseits und der Einzeltherapie andererseits sei erwiesen. Hier bestehe Handlungsbedarf bei der Nachbesetzung von Zulassungen. Es sollten Bewerber Vorrang haben, die bereit seien, besondere Versorgungsangebote wie die Gruppentherapie zu erbringen.

Sonderstellung der Vergütung soll entfallen

Der GKV-Spitzenverband fordert darüber hinaus, dass die gesetzliche Sonderstellung der Vergütung psychotherapeutischer Leistungen entfallen und diese nach den gleichen Kriterien wie vergleichbare Leistungen im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen kalkuliert werden sollen.

Die Sonderstellung der Bewertung psychotherapeutischer Leistungen sei lange erforderlich gewesen, um eine finanzielle Benachteiligung der Psychotherapeuten aufgrund ihrer ausschließlich zeitgebundenen Leistungen auszugleichen. Um die Jahrtausendwende entschied das Bundessozialgericht, dass die Kalkulation der Bewertung psychotherapeutischer Leistungen gesondert zu erfolgen hat.

„In den letzten Jahren ist es allerdings zu zahlreichen Änderungen innerhalb der Vergütungssystematik psychotherapeutischer Leistungen gekommen, die eine weitere Sonderstellung erübrigen“, heißt es in dem Positionspapier. So werde das Gros der Leistungen seit 2013 zu festen Preisen vergütet, weshalb eine strukturelle Benachteiligung beispielsweise durch die Möglichkeit von Mengenausweitungen bei anderen Arztgruppen ausgeschlossen sei.

Schließlich haben sich dem GKV-Spitzenverband zufolge die Honorare für psychotherapeutische Leistungen infolge der fortwährenden Prüfung der Angemessenheit seit dem Jahr 2013 im Vergleich zu den übrigen ärztlichen Fachgruppen deutlich überproportional erhöht (+ 52 Prozent im Vergleich zu + 33 Prozent). Die gesetzliche Sonderstellung der Vergütung solle daher entfallen.

Der GKV-Spitzenverband drängt schließlich auch darauf, dass „die einseitige Förderung der Behandlung mit kurzem Behandlungsbedarf beendet wird“. Der Bewertungsausschuss wurde mit dem Gesetz zur Reform der Psychotherapeutenausbildung verpflichtet, Zuschläge auf die ersten zehn Stunden einer Kurzzeittherapie einzuführen. Seit dem 1. April 2020 können diese Gebührenordnungspositionen abgerechnet werden.

Bereits ein Jahr nach Inkrafttreten dieser Regelung sei ein deutlicher Rückgang der abgerechneten Langzeittherapien bei gleichzeitig stark steigender Zahl an Kurzzeittherapien zu beobachten gewesen. Mittlerweile finanziere die GKV mit über 80 Millionen Euro jährlich diese Zuschläge zur Förderung der Kurzzeittherapie. Mit diesen Vorgaben erhöhe der Gesetzgeber lediglich die Zugangsbarrieren für Patienten mit schweren psychischen Erkrankungen, welche auf eine längere Therapiedauer angewiesen seien, argumentiert die GKV.

PB

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