Kassengutachten sieht Finanzierung des Transformationsfonds problematisch

Berlin – Der GKV-Spitzenverband rüstet sich im Streit um den Transformationsfonds zur Finanzierung der Krankenhausreform mit einem Rechtsgutachten zur Verfassungsmäßigkeit des geplanten Fonds.
Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) will den Transformationsfonds zwischen 2026 und 2035 hälftig aus dem Gesundheitsfonds speisen, dazu sollen jährlich 2,5 Milliarden Euro entnommen werden. Die andere Hälfte sollen die Bundesländer zahlen. Die Gelder sollen für Bauvorhaben und Modernisierungen eingesetzt werden, die für eine Transformation der Krankenhauslandschaft benötigt werden.
Gegen die Entnahme aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds und damit aus den Beiträgen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), die von den Versicherten und den Arbeitgebern finanziert werden, wehrt sich der GKV-Spitzenverband nun.
Er hat ein Gutachten zur Verfassungsmäßigkeit des geplanten Transformationsfonds in Auftrag gegeben, mit dem in der politischen Auseinandersetzung dafür geworben werden soll, Steuermittel statt Beitragsgelder einzusetzen.
Das Ergebnis der Analyse: Für gesamtgesellschaftliche Aufgaben sind Steuermittel nötig, nicht Sozialversicherungsbeiträge. Denn diese sind „nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes streng zweckgebunden und dürfen nicht zur Finanzierung des allgemeinen Staatshaushaltes verwendet werden“, heißt es in dem Gutachten von Dagmar Felix von der Uni Hamburg. Felix ist auch Mitglied der Regierungskommission zur Krankenhausreform.
Bei der derzeitigen Ausgestaltung des Transformationsfonds stehe es außer Frage, dass es sich bei der Finanzierung der Transformation um eine solche Aufgabe handele. „Denn die Existenz leistungsfähiger Krankenhäuser ist etwas, was letztlich für alle Menschen in Deutschland von maßgeblicher Bedeutung ist“, schreibt Felix. Daher sei eine Finanzierung der Transformation aus Steuermitteln erforderlich.
Das Geld, das aus der Liquiditätsreserve entnommen werde, diene damit nicht zur Erfüllung der Aufgaben der Krankenkassen gemäß dem Sozialgesetzbuch V, so Felix weiter. Zwar setze die qualitätsgesicherte Umsetzung der Leistungsansprüche für Versicherte eine „entsprechende leistungsfähige Krankenhauslandschaft“ voraus.
Ob dieser Bezug auf das Sozialgesetzbuch allerdings ausreichend in der Abgrenzung zwischen Aufgaben der Krankenkassen und Aufgaben der Gesamtgesellschaft ist, müsse abgewogen werden. Eine aus ihrer Sicht „zwingende Beteiligung der privaten Krankenversicherungen“ am Transformationsfonds „löst das Finanzierungsproblem nicht“, so Felix weiter.
Dieser Zusammenhang zwischen SGB V und der Finanzierung der Transformation der Krankenhäuser könne nicht belegt werden. Es genüge nicht, dass auch „gesetzlich krankenversicherte Menschen von einer besseren Krankenhausstruktur profitieren werden“. Daher: „Es spricht viel dafür, dass der Gesetzgeber über den Gesundheitsfonds eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe finanziert und damit die grundrechtlich geschützte Belastungsgleichheit verletzt“, so Felix in einem Fazit.
Felix zieht in ihrem Gutachten auch das sogenannte BZgA-Urteil von Mai 2021 heran: Dabei hatten das Bundesverfassungsgericht geurteilt, dass Sozialversicherungsbeiträge einer „strengen Zweckbindung unterliegen“ und daher nicht für Staatsaufgaben herangezogen werden dürften.
Gleichzeitig zeigt das Gutachten auf, dass die Finanzierung der Krankenhäuser grundsätzlich eine wechselvolle Geschichte hinter sich hat, aber es im Grundgesetz „keinerlei Vorgaben für die Finanzierung der Krankenhäuser“, gibt.
„Insofern findet sich weder eine Regelung, die festlegt, dass die Instandhaltungskosten der Krankenhäuser von den Ländern zu tragen sind, noch eine Norm, die explizit eine Finanzierung aus Steuermitteln fordert“, schreibt Felix.
Daraus lasse sich allerdings nicht folgern, dass der Bund für die Finanzierung einzelner Maßnahmen auf den Gesundheitsfonds der gesetzlichen Krankenversicherung zugreifen darf, heißt es weiter. Die Idee, den Bundeszuschuss zum Gesundheitsfonds um die jährlich benötigten 2,5 Milliarden Euro aus Steuermitteln zu erhöhen, weist Felix als „systemfremd“ zurück.
Es spreche vielmehr dafür, „ein eigenständiges Fördermodell aus Bundes- und Landesmitteln zu konzipieren, das mit dem SGB V und seiner Finanzierung nichts zu tun hat“. Dieses Fördermodell könne dennoch weiterhin das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) verwalten.
Interessant ist die Frage, wer aus den Reihen der GKV gegen den Transformationsfonds, käme er in der jetzigen geplanten Ausgestaltung, klagen könnte. Felix erklärt, den einzelnen Mitgliedern der GKV stehe ein Rechtsweg zum Sozialgericht offen.
Ob die Krankenkassen, die Sozialversicherungsträger oder der GKV-Spitzenverband selbst Klage gegen den Fonds einreichen können, sei „zweifelhaft“. Denn: „Es geht nicht um Mittel des Spitzenverbands; und auch die einzelne Krankenkasse war nur als Einzugsstelle beteiligt“, schreibt Felix.
Allerdings in Bezug auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts zum BZgA-Urteil von 2021 „wäre aber daran zu denken, auch einzelnen Krankenkassen und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen trotz ihrer fehlenden Grundrechtsfähigkeit eine gerichtliche Klage zu ermöglichen.“ Wenn also ein Sozialgericht eine Klage als zulässig erachte, könne der Weg bis zum Bundesverfassungsgericht erreicht werden.
Der GKV-Spitzenverband diskutierte das Gutachten Ende Juni auf einer Sitzung seines Verwaltungsrates. Dabei waren sich die Selbstverwalter der Krankenkassen in der Diskussion uneinig, ob nun zügig der Klageweg beschritten werden sollte.
In einem Beschluss des Verwaltungsrates heißt es, man prüfe „konkretere Klagemöglichkeiten parallel.“ Denn: „Zum jetzigen Zeitpunkt sind die politischen Gespräche und die Kommunikation auf die Verhinderung der Finanzierung durch die gesetzliche Krankenversicherung fokussiert.“
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