Kommende Bundesregierung muss Krankenhausreform weiterentwickeln

Berlin – Die Krankenhausreform muss unter der kommenden Bundesregierung weiterentwickelt und nachgesteuert werden. Darin waren sich Teilnehmende einer politischen Diskussionsrunde auf dem heutigen DRG-Forum einig. Insbesondere aufgrund der weiter steigenden Kosten im Gesundheitswesen müsse die Klinikreform noch angepasst werden.
„Kurzfristig spart die Krankenhausreform kein Geld“, sagte Stefanie Stoff-Ahnis, stellvertretende Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbands. Allerdings sei es wichtig, die Gelegenheitsversorgung in Deutschland zum Wohle der Patienten und für das Krankenhauspersonal auszuschließen. Wichtig sei zudem, wie man die geplante Vorhaltefinanzierung weiterentwickeln würde, so Stoff-Ahnis.
Um die steigenden Kosten im Gesundheitswesen zu stoppen, müsse künftig eine einnahmenorientierte Ausgabenpolitik mit dem Fokus auf mehr Effizienz verfolgt werden, forderte Stoff-Ahnis. Dazu gehöre auch eine Reform der Notfallversorgung und Rettungsdienste sowie eine weitergehende Ambulantisierung.
Sie forderte zudem, Mittel des vorgestern im Bundestag beschlossenen Sondervermögens für die Finanzierung des Transformationsfonds einzusetzen. Die aktuelle Finanzierung des Fonds durch Versichertenbeiträge auf Bundesseite sei verfassungsrechtlich nicht zulässig, weil Bundesländer für die Investitionskosten der Krankenhäuser zuständig seien, betonte Stoff-Ahnis.
Umfassende Deregulierung gefordert
Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, forderte diesbezüglich eine umfassende Deregulierung der Krankenhausvorgaben. Dies würde auch dazu führen, dass der Aufwand in den Kliniken gesenkt, Versorgung aufrechterhalten und innovative Konzepte eingesetzt werden könnten. „Personal, das wir einsetzen, setzen wir nur deswegen ein, weil wir es durch die Politik und G-BA-Beschlüsse vorgegeben bekommen“, so Gaß. Mit einer umfassenden Deregulierung könnten Kliniken aber mehr Gestaltungsspielraum bekommen, um Kosten zu senken. Dies wäre ein noch größerer Beitrag als ein Inflationsausgleich für die Kliniken.
Für die Krankenhausreform brauche es weiter eine stärkere Öffnung der Krankenhausplanung, um die Versorgung in Krankenhausverbünden künftig besser zu unterstützen. Im Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) – der Grundlage der Krankenhausreform – gebe es „massives Standortdenken“, bemängelte Gaß. Zudem seien die Personalvorgaben, die in den Leistungsgruppen definiert seien, zu eng gefasst. „Das wird kein Geld einsparen“, befürchtet er.
An der Definition der Vorgaben in den Leistungsgruppen arbeitet derzeit der Leistungsgruppenausschuss unter der Leitung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) und der Länder. Mit im Gremium sind die Parteien der Selbstverwaltung, darunter die Bundesärztekammer (BÄK), die DKG, der GKV-Spitzenverband und Vertreter der Pflegeberufe.
Stoff-Ahnis bezeichnete das Gremium als „kreative Konstellation“, da die Länder und das BMG in diesem Ausschuss die Leitung haben, obwohl die Selbstverwaltung in diesen Aufgaben eigentlich eigenverantwortlich unterwegs seien.
Es sei aber gut, dass dieser Ausschuss künftig Vorgaben anpassen könne, wenn die Umsetzung der bisher festgelegten Kriterien zu einer nicht bedarfsgerechten Versorgung führen würde, sagte Stoff-Ahnis. „Niemand hat etwas davon, wenn es keine Geriatrie mehr gibt, weil die Anforderungen an den Facharztschlüssel zu hoch sind.“
Ausschuss noch mit Basisfragen beschäftigt
Allerdings räumte Stoff-Ahnis ein, dass der Ausschuss derzeit noch Grundlagen klären müsse, etwa die Frage mit welcher Mehrheit Entscheidungen zur Fassung von Empfehlungen getroffen werden müssten. Der GKV-Spitzenverband setze sich für eine einfache Mehrheit ein, damit der Ausschuss handlungsfähig sei. Gaß von der DKG hingegen erklärte, eine Zwei-Drittel-Mehrheit sei wichtig, da der GKV-Spitzenverband allein schon 50 Prozent des Anteils im Ausschuss innehätte.
Damit ist klar: Der Ausschuss wird die im KHVVG vorgegebene Frist, bis zum 31. März 2025 Empfehlungen für eine entsprechende Rechtsverordnung zu erarbeiten, nicht halten können. „Bis zum Sommer brauchen wir ein Ergebnis“, betonte Gaß. Es brauche neue Vorgaben, um die in der Anlage im KHVVG zu ersetzen, erklärte er. „Ich bin zuversichtlich, dass wir bis zum Sommer etwas liefern.“ Allerdings hätten das BMG sowie der Bundesrat noch die Möglichkeit, von den Empfehlungen des Ausschusses abzuweichen.
Auch der parlamentarische Staatssekretär im BMG, Edgar Franke (SPD), der das Amt noch offiziell bis kommenden Dienstag inne hat und es dann kommissarisch bis zur Vereidigung einer neuen Bundesregierung führt, bekräftigte, dass die Nachsteuerung des KHVVG eine wichtige Aufgabe für die kommende Bundesregierung und den kommenden Bundegesundheitsminister oder -ministerin sei.
Pragmatismus von neuer Regierung gefordert
In der Koalition zwischen Union und SPD müsse man die Chance mit allen Beteiligten nutzen und einen entsprechenden Konsens finden, dass die Krankenhausreform benötigt werde, um die Ziele Effizienz und Versorgungsqualität zu erreichen. Die Beteiligten müssten sich aufeinander zu bewegen, betonte Franke. Insbesondere im Hinblick auf die Bürokratie brauche es pragmatisches Handeln einer neuen Regierung.
Die Konvergenzphase bis zur Umsetzung der Finanzierungsänderung im Rahmen der Krankenhausreform müsse zudem genutzt werden, um das System der Vorhaltevergütung zu evaluieren, sagte Franke. Diese Finanzierung müsse auf den Prüfstand genommen werden und wenn benötigt, müsse man die vorgesehene Konvergenzphase von zwei Jahren verlängern. Auf der Fachebene im BMG sei zudem besprochen, dass bei den Vorgaben zu den Leistungsgruppen gesetzgeberisch nachgesteuert werden müsse, wenn man merke, dass die Kriterien nicht praxisgerecht seien, so Franke.
Heyo Kroemer, Vorstandsvorsitzender der Berliner Charité, erinnerte in der Debatte an den demografischen Wandel, der für eine Doppelbelastung im Gesundheitswesen sorgen werde. „Darauf reagieren wir in keiner Weise“, bemängelte Kroemer. Er wünsche sich deshalb eine ehrliche Analyse für Deutschland.
Zudem sei die Digitalisierung und Nutzung der Künstlichen Intelligenz (KI) wichtig, um etwa Personal zu entlasten und Aufnahmeprozesse in den Kliniken zu beschleunigen. Eine konsequente Digitalisierung im deutschen Gesundheitswesen hätte zudem den Vorteil, dass man eine digitale Autonomie im Hinblick auf die Abhängigkeit von den USA erreichen könnte, so Kroemer.
Für das Amt des künftigen Bundesgesundheitsministers oder -ministerin sprach sich Stoff-Ahnis für die Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) aus. Gaß von der DKG wünschte sich jemand, der Kompromisse schließen könne und sprach sich deutlich gegen den amtierenden Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) aus. Kroemer von der Charité hingegen erklärte, er hege gewisse Sympathien für Lauterbach, da er im Vergleich zu seinen Vorgängern viel erreicht habe. Auch BMG-Staatssekretär Franke sprach sich für eine Fortführung des Amtes durch Lauterbach aus.
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