Krankenhäuser fürchten Gasmangel im Herbst

Berlin – Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) warnt vor einer Beeinträchtigung der Gesundheitsversorgung durch Gasengpässe. Zwar seien Krankenhäuser bei der Belieferung priorisiert – nicht aber zahlreiche Zulieferer, ohne die kein reibungsloser Betrieb möglich ist. Der Bund müsse investieren, um die deutschen Krankenhäuser unabhängiger von fossilen Energieträgern zu machen.
Erdgas ist auch im stationären Sektor allgegenwärtig: 92 Prozent der deutschen Kliniken nutzen laut DKG neben anderen Energieträgern auch Erdgas zur Wärmeerzeugung. Der Primärenergieeinsatz zur Wärmeerzeugung erfolge in den Kliniken ganz überwiegend durch Gas. Zwar sind Krankenhäuser selbstverständlich Teil der kritischen Infrastruktur und werden dementsprechend bei Engpässen bevorzugt beliefert.
Allerdings: „Sollte im kommenden Winter ein Gasnotstand in Deutschland eintreten, wären die Krankenhäuser von dieser Lage massiv betroffen, denn es ist bis dato nicht politisch sichergestellt, dass auch die Nebenbetriebe wie Wäschereien als vorrangig zu beliefernde Unternehmen bewertet werden“, erklärt der DKG-Vorstandsvorsitzende Gerald Gaß. „Doch ohne diese Unternehmen wird Versorgung nicht möglich sein.“
Die DKG stehe tausche sich deshalb eng mit dem Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) und der Bundesnetzagentur über die Möglichkeit einer drastischen Einschränkung der Gasversorgung aus. Zwar seien die Krankenhäuser entsprechend ihrem Auftrag in den Plänen der Behörden als vorrangig zu beliefernde Unternehmen eingestuft.
Allerdings müsse trotzdem damit gerechnet werden, dass es bei einem nachhaltigen Gaslieferstopp durch Russland auch zu Einschränkungen in der Gesundheitsversorgung in Deutschland kommen könnte, da viele Zuliefererbetriebe der Krankenhäuser ebenfalls auf die Primärenergie Gas angewiesen sind.
Neben den Herstellern von Medizinprodukten gehöre dazu unter anderem die Textilwirtschaft, die die Krankenhäuser mit Wäsche beliefert. Über 80 Prozent der Krankenhäuser hätten ihre Wäschereien aus Kostengründen ausgegliedert und an externe Dienstleister vergeben.
Auch im Lebensmittelbereich seien die Krankenhäuser auf die Belieferung externer Unternehmen angewiesen. Und die würden ebenfalls an der Gasversorgung hängen. „Die Lage könnte sehr schwierig werden, da die komplexen Abhängigkeiten der Krankenhäuser eine Vielzahl von Lieferketten betreffen“, warnt Gaß.
Die Krankenhäuser müssten deshalb unabhängiger vom Gas werden – und hätten das auch schon seit Jahren vor. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft appelliere bereits seit vielen Jahren an Bund und Länder, die dafür notwendigen Investitionsmittel bereitzustellen. Es müsse sehr konsequent daran gearbeitet werden, dass die Krankenhäuser in Deutschland sehr schnell ihre Energieversorgung und Wärmeerzeugung umstellen.
„Aufgrund der massiven Defizite bei den Investitionsfördermitteln der Länder haben die Krankenhäuser keine Chance, diesen dringend notwendigen Anpassungsprozess aus eigener Kraft zu schaffen“, klagt Gaß. Nur sehr wenige Kliniken hätten ihre Energieversorgung in den vergangenen Jahren auf erneuerbare Energien umstellen können. Das sei auch mit Blick auf den Klimawandel ein Problem.
Denn das Gesundheitswesen insgesamt und dabei in erster Linie die Krankenhäuser würden zu mehr als fünf Prozent zu den deutschen CO2-Emissionen beitragen. Die DKG appelliere deshalb an die Bundesregierung, zu prüfen, ob aus den Sondervermögen zur Klimaneutralität in Deutschland ein Green-Hospital-Investitionsprogramm aufzulegen ist, betont Gaß.
Einer Berechnung des Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung zufolge müssten allein die Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen über sieben Milliarden Euro investieren, um eine klimaneutrale Energieversorgung sicherzustellen. Hochgerechnet auf ganz Deutschland wären es demnach fast 40 Milliarden Euro.
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