Politik

Krankenhausreform: Ab wann Kliniken Leistungsgruppen beantragen können

  • Montag, 24. Februar 2025
/sudok1, stock.adobe.com
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Berlin – Bei der Vorbereitung auf die Krankenhausreform sind die Bundesländer unterschiedlich weit. Das zeigt eine Abfrage des Deutschen Ärzteblattes bei allen 16 Ländern.

Demnach starten die ersten Länder schon in den nächsten Tagen mit dem Antragsverfahren, in dem die Kliniken angeben können, welche Leistungsgruppen sie künftig erbringen wollen. Dazu gehören Sachsen und Niedersachsen.

In Sachsen sollen die Kliniken im Zeitraum zwischen dem 28. Februar und dem 30. April ihre Leistungsgruppenwünsche beim Sozialministerium in Dresden angeben dürfen. Das erklärte ein Sprecher des Ministeriums auf Nachfrage. Auch in Niedersachsen startet diese Phase ab dem 1. März und läuft bis Ende Mai.

Neben den Leistungsgruppen ist auch die Beantragung der jeweiligen Fallmenge möglich, heißt es zudem auf der Webseite des niedersächsischen Gesundheitsministeriums. Ab Januar hätten die Krankenhäuser entsprechende Informationsschreiben und einen individuellen Anmeldecode erhalten.

Das Antragsverfahren läuft über das neu errichtete Krankenhaus-Länder-Antrags-Analyse-System (KLAAS). Kliniken müssten dafür keine Nachweise erbringen, da die folgende Prüfung des Medizinischen Dienstes wichtig sei, erklärte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums in Hannover auf Nachfrage. Das bedeutet, die Kliniken können zunächst per Selbstauskunft über die Erfüllung der Qualitätskriterien der Leistungsgruppen informieren.

Zur Erklärung: Die Krankenhausreform sieht erstmalig die Einführung von zunächst 65 bundesweiten Leistungsgruppen vor. Darin sind konkrete Vorgaben zu Personalausstattung, aber auch zur technischen Infrastruktur enthalten. Nur wer die entsprechenden Vorgaben erfüllt, darf zugehörige Leistungen auch erbringen. Welche Kliniken welche Leis­tungsgruppen künftig erfüllen sollen, sollen die Bundesländer für ihre neue Krankenhausplanung entscheiden.

Ob die Kliniken die Vorgaben tatsächlich erfüllen können, soll der Medizinische Dienst (MD) prüfen. Die Länder sind gesetzlich verpflichtet, die entsprechenden Prüfaufträge spätestens bis Ende September 2025 zu erteilen. Die Länder müssen zudem spätestens Ende Oktober 2026 mit der Zuweisung der Leistungsgruppen fertig sein.

Bis dahin sollen sie die Informationen über die Zuweisung dem Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) melden. Ab 2027 sollen dann die jeweiligen Krankenhausplanungen nach Leistungsgruppen gelten. Diese Fristen sieht das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) vor, das Ende 2024 in Kraft getreten ist.

Bayern will probeweise schon 2025 Leistungsgruppen zuteilen

In Bayern sollen interessierte Kliniken im Laufe des Jahres 2025 bereits Leistungsgruppen zugewiesen bekommen, erklärte ein Sprecher des dortigen Gesundheitsministeriums. „Denn so erhalten Krankenhausträger die Möglichkeit, durch das InEK schon für das Kalenderjahr 2026 zu Informationszwecken eine – vergütungstechnisch lediglich informative, also noch nicht budgetrelevante – Aussage zu der voraussichtlichen Höhe ihres Vorhaltebudgets zu erhalten.“

Die eigentliche Scharfschaltung mit der vergütungsrechtlich relevanten Zuweisung von Leistungsgruppen soll im Laufe des Jahres 2026 folgen.

Zur Erinnerung: Neben der Einführung der Leistungsgruppen ist auch eine Finanzierungsänderung im Rahmen der Krankenhausreform vorgesehen. Ein Teil (60 Prozent) der bisherigen Vergütung nach diagnosebezogenen Fallpauschalen (DRG) sollen künftig durch Vorhaltepauschalen, die je Leistungsgruppe ausbezahlt werden soll, finanziert werden.

Ein wenig später als Niedersachsen und Sachsen – im Sommer 2025 – soll die Beantragung von Leistungsgruppen in Hamburg möglich sein, erklärte ein Sprecher der Sozialbehörde. Eine Leistungsgruppenzuweisung soll frühestens zum Jahreswechsel 2025/2026 erfolgen.

Ebenfalls ab Mitte des Jahres will das brandenburgische Gesundheitsministerium die Krankenhäuser auffordern, Leistungsgruppen zu beantragen. „Die letzten Details zu diesem Verfahren werden derzeit abgestimmt“, erklärte ein Sprecher des Ministeriums in Potsdam. Gemeinsam mit Brandenburg will Berlin den neuen Krankenhausplan ab 2027 erarbeiten, erklärte ein Sprecher der Berliner Senatsgesundheitsverwaltung. Entsprechende Anhörungsverfahren mit den Berliner Versorgern und Kostenträgern sollen im Sommer 2025 starten, heißt es weiter.

In Bremen ist die entsprechende Antragstellung der Kliniken spätestens ab Juni 2025 vorgesehen. Die Gesundheitssenatorin geht davon aus, dass im ersten Halbjahr 2026 ein neuer Krankenhausplan in Bremen aufgrund von Leistungsgruppen beschlossen werden kann, erklärte eine Sprecherin.

Weitere Länder starten die Beantragungen im Sommer

Auch in Hessen sollen die Kliniken voraussichtlich im Sommer die Anträge auf Basis einer Selbstauskunft stellen können. Allerdings sollen die Kliniken Namen und Arztnummern der Fachärztinnen und -ärzte bei der Beantragung angeben.

„In diesem Punkt hat unsere Datenerhebung zur Erfüllung der Leistungsgruppen-Anforderungen gezeigt, dass die meisten Engpässe dort bestehen“, erklärte eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums in Wiesbaden. „Aktuell werden in allen sechs hessischen Versorgungsgebieten Versorgungskonferenzen zur Umsetzung der Bundesreform durchgeführt.“

Im Saarland will das Landesgesundheitsministerium zunächst Trägergespräche mit Krankenhaus- und Kostenträgern führen. Hierzu soll ein wissenschaftliches Gutachten herangezogen werden, das die Bedarfe der stationären Versorgung eruiert, erklärte eine Pressesprecherin des Ministeriums in Saarbrücken.

Im zweiten Quartal 2025 sollen die Krankenhausträger anschließend entsprechende Anträge über die Leistungsgruppen stellen. Vorgesehen ist, dass der neue Krankenhausplan im Saarland auf der Basis von Leistungsgruppen ab dem 1. Januar 2026 – also ein Jahr vor dem bundesweiten Start – gültig sein soll.

Auch in Mecklenburg-Vorpommern laufen derzeit Gespräche des Gesundheitsministeriums mit jedem einzelnen Krankenhaus im Land, erklärte ein Ministeriumssprecher in Schwerin. Danach will das Ministerium bis September 2025 ein Konzept für die Einzelzuweisungen entwickeln. Bis Dezember 2025 soll die Rahmenplanung des neuen Krankenhausplanes fertig sein.

Baden-Württemberg erklärte, man arbeite bereits seit Ende 2024 mit dem Landeskrankenhausausschuss an der Weiterentwicklung des neuen Landeskrankenhausplans, der in 2025 neu erlassen werden soll. Dafür soll das Land in sechs Versorgungsregionen unterteilt werden und nach dem Vorbild Nordrhein-Westfalens Regionalgespräche in den einzelnen Regionen beginnen.

Sachsen-Anhalt plant die entsprechende Kommunikation mit den Kliniken für das zweite und dritte Quartal 2025. Das sachsen-anhaltinische Gesundheitsministerium bereitet derzeit ein digitales Planungsverfahren vor, mit dem der gesamte Schriftverkehr – mit Ausnahme der Verbescheidung – digital ablaufen soll, erläuterte eine Ministeriumssprecherin.

Warten auf die bundesweite Rechtsverordnung

Andere Länder haben noch keinen konkreten Zeitplan und verweisen auf die fehlende Rechtsverordnung des Bundes, welche die Leistungsgruppen genauer definieren soll. Dazu gehören Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Thüringen. Diese Verordnung soll laut KHVVG bis spätestens zum 31. März 2025 erlassen werden. Das bedeutet, dass sie in der kommenden Bundesratssitzung am 21. März verabschiedet werden muss.

„Der Bund hat jedoch bereits angekündigt, dass diese Frist nicht zu halten ist“, erklärte eine Sprecherin des schleswig-holsteinischen Gesundheitsministeriums dazu auf Nachfrage. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) ließ eine entsprechende Nachfrage des Deutschen Ärzteblattes, ob dieser Zeitplan zu halten ist, unbeantwortet.

Grund für die mögliche Verzögerung ist offenbar die erst Anfang Februar begonnene Arbeit im neu gegründeten Leistungsgruppenausschuss. Dieses Gremium soll die Inhalte der Rechtsverordnung vorbereiten. Eine erste inhaltliche Diskussion wurde angestoßen und die Beratungen werden in den kommenden Wochen fortgesetzt, erklärte der BMG-Sprecher.

In Nordrhein-Westfalen besteht zudem eine Sondersituation. Das Land hatte in den vergangenen Jahren eine neue Krankenhausplanung anhand von Leistungsgruppen entwickelt. Die Beantragung und Zuweisung der Leistungsgruppen ist bereits erfolgt.

„Seit Dezember 2024 wissen in Nordrhein-Westfalen alle 306 Krankenhäuser (mit 526 Standorten landesweit) definitiv, welche Leistungen sie ab dem 1. April 2025 anbieten können“, erklärte eine Sprecherin des Sozialministeriums in Düsseldorf. Ab diesem Zeitpunkt startet der neue Krankenhausplan.

Für zehn Leistungsgruppen insbesondere in der Notfallversorgung und der Orthopädie gebe es Übergangsfristen bis zum 31. Dezember 2025. Da die bundesweite Krankenhausreform nach dem Vorbild Nordrhein-Westfalens aufgebaut worden ist, bedeute die Umsetzung des KHVVG in NRW keinen kompletten Neuanfang, „sondern eine punktuelle Weiterentwicklung der nun etablierten Krankenhausplanung“, erklärte die Sprecherin.

Derzeit sei es aber noch zu früh um zu wissen, wann die Vorgaben der bundesweiten Reform in NRW nachgezogen werden sollen, heißt es weiter. Auch NRW wolle diesbezüglich die Rechtsverordnungen abwarten sowie zunächst sehen, wie sich eine neue Bundesregierung zur bundesweiten Krankenhausreform verhalten werde.

Einige Länder müssen ihre Krankenhausgesetze anpassen

Für die künftige Krankenhausplanung nach Leistungsgruppen muss in der Regel zudem eine Anpassung des jeweiligen Landeskrankenhausgesetzes erfolgen. Viele Länder haben ihre Gesetze diesbezüglich bereits reformiert, in manchen Ländern soll diese Novelle in diesem Jahr folgen.

Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen, Niedersachsen und Thüringen haben bereits ihre Landeskrankenhausgesetze entsprechend angepasst. Niedersachsen benötigt noch eine zweite Novelle Ende dieses Jahres für die weitere Umsetzung der Leistungsgruppen und für die Regelung der Inhalte der Feststellungsbescheide. Sachsen plant zudem mit einer Rechtsverordnung, die die Regelungen der Krankenhausreform für das Land übersetzen soll.

In Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Saarland, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz sollen die gesetzlich benötigten Änderungen bald folgen. Mecklenburg-Vorpommern will zusätzlich zur Krankenhausreform zudem Aspekte zur Stärkung der Patientensicherheit, zur Entbürokratisierung der Investitionsfinanzierung des Landes sowie zur Steigerung der Krisenresilienz der Krankenhäuser in die Änderungen des Landeskrankenhausgesetzes berücksichtigen.

Bayern erklärte, es seien keine Änderungen der landesrechtlichen Bestimmungen nötig.

cmk

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