Politik

Kriterien- und Erregerliste für die Einstufung als neue Reserveantibiotika vorgelegt

  • Donnerstag, 4. März 2021
/picture-alliance, BSIP, ESTIOT
/picture-alliance, BSIP, ESTIOT

Berlin – Immer mehr bakterielle Krankheitserreger sind gegen bestehende Antibiotika resistent. Auf internationaler und nationaler Ebene wurden Strategien entwickelt, um die langfristige Wirksamkeit von Antibiotika zu sichern, die Resistenzentwicklung einzudämmen und die Entwicklung neuer Antibiotika zu fördern.

So soll es unter anderem durch finanzielle und wirtschaftliche Anreize („Push-Pull-Mechanismen) gefördert werden, dass in die kostenintensive Forschung, Entwicklung und In-den-Markt-Bringung neuer Antibiotika investiert wird. Für die Erforschung sind neue Anreize notwendig.

Durch eine Änderung des § 35a SGB V im Rahmen des Fairer-Kassenwettbewerb-Gesetz ist es dem Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) möglich, neue Antibiotika, die im Sinne des Gesetzes als Reserveantibiotika bezeichnet werden, von der Notwendigkeit der Zusatznutzenbewertung freizustellen.

Das heißt, für Antibiotika, die der G-BA als Reserveantibiotika einordnet, gilt der Zusatznutzen gegenüber möglichen Therapiealternativen als belegt, ohne dass pharmazeutische Unternehmen diesen durch weitere Studien nachweisen müssen. Der Zusatznutzen ist Ausgangspunkt für Preisverhandlungen mit den gesetzlichen Krankenversicherungen.

Für die Adaption an den nationalen Kontext sind zusätzlich zu den in der WHO-PPL angewandten Kriterien, wie etwa Behandelbarkeit, Mortalität, Übertragbarkeit, Präventionsmöglichkeiten, verfügbare nationale Daten insbesondere hinsichtlich der Resistenzsituation (Prävalenz und Trend) berücksichtigt worden, um die Relevanz der einzelnen MRE für Deutschland einzuschätzen. Eine wichtige Säule der Bewertung stellt dabei die Antibiotika-Resistenz-Surveillance (ARS) als aktuelles und kontinuierlich fortgeführtes Surveillance-Tool dar. Die Kontinuität der Surveillance ist insbesondere bei einer Aktualisierung der Erregerliste, die im Falle relevanter Änderungen der epidemiologischen Situation etwa alle zwei Jahre nach gleicher oder optimierter Verfahrensweise erfolgen soll, wichtig.

In dem Flowchart sind die Kriterien zur Einstufung eines Antibiotikums als Reserveantibiotikum dargestellt, sowie die Indikatoren. Diese definieren die Datengrundlage zur Überprüfung und Bewertung der einzelnen Kriterien (nAB=neues Antibiotikum, MRE=multiresistente Erreger). /RKI
In dem Flowchart sind die Kriterien zur Einstufung eines Antibiotikums als Reserveantibiotikum dargestellt, sowie die Indikatoren. Diese definieren die Datengrundlage zur Überprüfung und Bewer- tung der einzelnen Kriterien (nAB=neues Antibiotikum, MRE=multiresistente Erreger)/ RKI

Zur Anpassung an den nationalen Kontext wurde zudem die klinische Relevanz der Erreger in Deutschland berücksichtigt, die durch Experten im Rahmen eines des Stellungnahmeverfahrens beurteilt wurde. Nicht eingeschlossen in die aktuelle Erregerliste sind Mycobacterium tuberculosis (multiresistent) und atypische Mykobakterien (nicht-tuberkulöse Mykobakterien). Eine zu- künftige Aufnahme der Mykobakterien in einer aktualisierten Version wird laut RKI diskutiert, da eine hohe klinische Relevanz vorliegt.

Nicht abschließende Liste multiresistenter bakterieller Krankheitserreger (2021) Sie enthält 21 für Deutschland als relevant einge- schätzte multiresistente bakterielle Krankheitserreger (25 Erreger-Resistenz-Kombinationen). Als Grundlage für die Erregerauswahl der zu erstellenden nicht abschließenden Erregerliste wurde die „Pathogen Priority List“ der Weltgesundheitsorganisation (WHO PPL)

Die Kriterien zur Einstufung eines neuen Antibiotikums als Reserveantibiotikum sind laut RKI in einem mehrstufigen Verfahren entwickelt worden. Die Auswahl der Kriterien orientiert sich demnach an der therapeutischen Wirksamkeit und dem Wirksamkeitserhalt, also der Sicherstellung einer Therapie.

„Der Hauptaspekt für die Einstufung eines Antibiotikums als Reserveantibiotikum ist daher die nachgewiesene Eignung für die Therapie insbesondere schwerwiegender bakterieller Infektions­krankheiten durch relevante multiresistente Erreger (Kriterium 1) bei gleichzeitig bestehenden limitierten alternativen, klinisch gleichwertigen Therapieoptionen (Kriterium 2)“, schreiben RKI und BfArM. Die Relevanz eines Erregers werde durch die Einstufung in der für Deutschland entwickelten Erregerliste abgebildet.

EB

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung