Länder für Widerspruchslösung bei Organspende

Berlin – Um mehr schwerkranken Menschen in Deutschland ein lebensrettendes Spenderorgan zu ermöglichen, dringen die Bundesländer auf neue Regeln. Der Bundesrat beschloss heute, einen Gesetzentwurf zur Einführung einer Widerspruchslösung auf den Weg zu bringen. Danach würde künftig jeder Bürger grundsätzlich als Organspender gelten, der dem nicht zu Lebzeiten widersprochen hat.
Sollte es zu einer Neuregelung kommen, könnte ein Widerspruch im 2024 gestarteten Organspende-Register, in einem Organspendeausweis, einer Patientenverfügung oder auf andere Art und Weise festgehalten werden. Derzeit ist eine Organentnahme nur zulässig, wenn die verstorbene Person zu Lebzeiten ausdrücklich zugestimmt hat.
Der Bundesrat hatte bereits im Juli 2024 einen Gesetzentwurf für eine Änderung in den Bundestag eingebracht. Er ist aber wegen der Neuwahlen in diesem Jahr inzwischen verfallen. Eine Frist, bis wann sich der Bundestag mit dem neuen Entwurf befassen muss, gibt es nicht.
Deutschland liegt bei der Zahl der Organspenden im europaweiten Vergleich seit Jahren am unteren Ende der Tabelle. Im vergangenen Jahr spendeten in Deutschland 953 Menschen nach ihrem Tod ihre Organe. Die Summe der nach dem Tod entnommenen Organe lag bei 2.854. Zugleich standen mehr als 8.100 Menschen auf der Warteliste für ein Spenderorgan.
Befürworter einer Widerspruchslösung argumentieren, dass alle beschlossenen Maßnahmen bislang nichts gebracht hätten und deshalb eine Neuregelung nötig sei. Sowohl die Bundesärztekammer als auch der Deutsche Ärztetag setzten sich seit Jahren für eine Widerspruchslösung ein.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz erklärte, Schweigen sei keine Zustimmung. „Auch greift die Widerspruchslösung erheblich in die körperliche Unversehrtheit ein“, sagte Vorstand Eugen Brysch. Er widersprach der Einschätzung, dass allein eine Widerspruchslösung zu viel mehr Transplantationen führen werde.
Der ehemalige Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Peter Dabrock, sprach sich erneut für eine Entscheidungspflicht aus. Dabei würde jeder Erwachsene sich etwa bei der Ausstellung des Personalausweises zu seiner Haltung zur Organspende äußern müssen. Die Entscheidung würde in einem Zentralregister erfasst werden, wobei sie jederzeit revidierbar wäre. Dabrock kritisierte zudem, dass viele bereits beschlossene Schritte zur Erhöhung der Zahl der Organspenden bislang nicht oder nur unzureichend umgesetzt seien.
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