Löbel und Nüßlein ziehen Konsequenzen aus Maskenaffäre

Berlin – Die beiden Hauptakteure in der Affäre um Politikergeschäfte mit Coronamasken, der CDU-Bundestagsabgeordnete Nikolas Löbel und sein CSU-Kollege Georg Nüßlein, haben weitere Konsequenzen gezogen. Beide traten gestern aus ihrer Partei aus.
Löbel zog sich zudem umgehend aus der Parlament zurück. „Um weiteren Schaden von meiner Partei abzuwenden, lege ich mein Bundestagsmandat mit sofortiger Wirkung nieder“, teilte er mit. Dies verlangte die CSU erneut auch von ihrem Abgeordneten Nüßlein.
Löbel hatte eine Beteiligung an Geschäften mit Coronaschutzmasken bestätigt. Sein Unternehmen hatte demnach Provisionen von rund 250.000 Euro für das Vermitteln von Kaufverträgen über Schutzmasken zwischen einem baden-württembergischen Lieferanten und zwei Privatunternehmen in Heidelberg und Mannheim erhalten.
Der CDU-Politiker hatte sich zunächst aus dem Auswärtigen Ausschuss des Bundestags zurückgezogen. Am Wochenende kündigte er an, dass er seine Mitgliedschaft in der CDU/CSU-Fraktion sofort beenden, sein Bundestagsmandat Ende August niederlegen und nicht mehr für den nächsten Bundestag kandidieren werde.
Gegen Nüßlein ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft München wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit im Zusammenhang mit dem Ankauf von Masken. Nüßlein hatte zuerst sein Amt als Vizevorsitzender der Unionsfraktion ruhen lassen.
Am vergangenen Freitag hatte sein Anwalt dann angekündigt, dass sich der 51-Jährige wegen der Korruptionsermittlungen aus der Bundespolitik zurückziehen und bei der Bundestagswahl nicht wieder antreten werde. Seinen Posten in der Fraktion lege er nieder. Sein Mandat hat er noch nicht aufgegeben.
Erheblicher Druck
Die Parteiführungen von CDU und CSU sowie die Fraktionsspitzen hatten am Wochenende massiven Druck auf die beiden Abgeordneten ausgeübt, sofort aus dem Bundestag auszuscheiden. „Wer als Volksvertreter versucht, in dieser Krise für sich persönlich Geld zu verdienen, muss das Parlament unverzüglich verlassen“, sagte der CDU-Vorsitzende Armin Laschet dem Südkurier. Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus forderte im „Bericht aus Berlin“ der ARD, „dass sie beide ihr Bundestagsmandat aufgeben“.
CDU-Chef Armin Laschet hatte gestern Abend in den ARD-Tagesthemen Konsequenzen angekündigt. „Sollte irgendjemand noch solche Geschäfte gemacht haben, hat er sehr schnell Zeit, mir das persönlich zu sagen, bevor es auffällt“, sagte er. Er wisse nicht, ob es weitere Fälle gebe, sagte er. „Aber wenn es sie gibt, ist jetzt die Zeit, reinen Tisch zu machen. Wenn nicht, machen wir das.“
Im Fall von Nüßlein bekräftigte die CSU nach dem Mandatsverzicht Löbels ihre Forderung: „Ich bin der festen Auffassung, dass ein klarer Schnitt besser ist als ein Verlängern“, sagte Parteichef Marks Söder in München. Der Weg Löbels sei der eindeutig bessere. „Ich fände eine Mandatsaufgabe jetzt besser.“ Zum Parteiaustritt sagte CSU-Generalsekretär Markus Blume: „Dieser Schritt war unausweichlich, auch um weiteren Schaden von der CSU abzuwenden.“
Die Affäre trifft die Union zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. Das Superwahljahr 2021 wird schon am kommenden Sonntag mit den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz seinen ersten Höhepunkt erleben.
Nach dem ZDF-„Politbarometer“ vom vergangenen Freitag droht der CDU eine Doppelpleite. In Baden-Württemberg könnte sie aus der grün-schwarzen Landesregierung von Winfried Kretschmann (Grüne) fliegen, in Rheinland-Pfalz wird sie wohl die rot-gelb-grüne Ampel von Malu Dreyer (SPD) nicht ablösen können.
In Berlin lautet die Devise daher: maximale Schadensbegrenzung. Man müsse jetzt „aufräumen“ und zwar mit „null Toleranz“, ist aus der Unionsfraktion zu hören. Aus der CDU hieß es, Löbel habe auch auf indirekten Druck Laschets auf sein Mandat verzichtet, Ihm sei aus dessen Umfeld mit einem Parteiausschluss gedroht worden.
Dahinter steckt die Sorge, dass es noch mehr Fälle geben könnte. Ein Satz von Brinkhaus im ARD-Interview ließ aufhorchen: „Wir werden die nächsten Tage dazu nutzen, auch alle Zweifelsfälle entsprechend zu klären.“ Sollte es der Union nicht gelingen, diese Zweifel ausräumen, könnte dies auch ihre Chancen bei der Bundestagswahl schmälern.
Einen Vorgeschmack darauf, welches Wahlkampfpotenzial das Thema hat, erhielten CDU und CSU am vergangenen Freitagabend schon mal in einer Aktuellen Stunde des Bundestags. Da bekam die Union nicht nur aus der Opposition erwartbare Forderungen wie „Sorgen Sie für Anstand in den eigenen Reihen, räume Sie auf!“ zu hören.
Auch der Koalitionspartner SPD setzte sich ab. Für deren Abgeordneten Dirk Wiese stand fest, dass man mittlerweile nicht mehr von Einzelfällen sprechen könne: „Das ist System.“ Auf Twitter wird das schon pointierter formuliert: „Ihr seid doch der Verein von Schwarzen Kassen, Bimbes und Amigos.“
So schnell werden CDU und CSU das Thema nicht los werden. Der Vizevorsitzende der Linksfraktion, Fabio De Masi, forderte, einen „Sonderermittler des Bundestages“. Der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla schlug dafür gleich Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) vor: „Er muss in die Rolle des Sonderermittlers schlüpfen und den gravierenden Vorwürfen auf den Grund gehen.“
Und FDP-Chef Christian Lindner sagte im „Frühstart“ von RTL/n-tv: „Sicherlich wäre die CDU/CSU gut beraten, einen Sonderermittler zu fordern, der mit besonderen Befugnissen und Akteneinsicht als unabhängige Persönlichkeit hier Transparenz und Klarheit schafft.“
Das will allerdings schon Bundesgesundheitsminister Jens Spahn übernehmen. Der CDU-Politiker will die Namen aller Abgeordneten veröffentlichen, die im Zusammenhang mit der Beschaffung von Coronaschutzmasken gegenüber seinem Ministerium in Erscheinung getreten sind.
„Wir wollen volle Transparenz in einem geordneten Verfahren ermöglichen“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Allerdings solle diese erst nach Rücksprache mit der Bundestagsverwaltung geschehen, weil Persönlichkeitsrechte von Abgeordneten berührt seien.
Die Fraktionen von SPD und FDP schlossen für ihre Abgeordneten solche Geschäfte schon einmal aus. „Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass es in der FDP-Fraktion Fälle unethischen Verhaltens wie in der Union oder auch nur Zweifelsfälle gibt“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Florian Toncar den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
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