Politik

Marburger Bund ruft zur Solidarität mit Ärzten auf

  • Donnerstag, 10. Dezember 2020
/picture alliance, Sebastian Kahnert
/picture alliance, Sebastian Kahnert

Düsseldorf – Die Ärztegewerkschaft Marburger Bund hält strengere Coronarestriktionen für unvermeid­bar. „Das ärztliche und pflegerische Personal arbeitet am Anschlag“, hob die Gewerkschaftschefin Su­san­ne Johna in der Rheinischen Post von heute hervor. Bundesweit steige die Zahl der Patienten, die wegen COVID-19 im Krankenhaus behandelt werden müssen, weiter an. „Eine Trendwende ist nicht erkennbar“, sagte Johna.

Die in einigen Regionen bereits beschlossenen Maßnahmen für einen Lockdown seien zweifellos mit Härten verbunden, emotional und für viele auch finanziell. „Ich sehe aber keine vernünftige Alternative“, sagte Johna. Die Infektionszahlen müssten jetzt gesenkt werden, „damit weniger Menschen erkranken, weniger Menschen ins Krankenhaus kommen und weniger Menschen an COVID-19 versterben“.

Die Chefin des Marburger Bundes betonte, Ärzte arbeiteten an jedem Tag der Woche, auch an Weih­nach­ten, rund um die Uhr für die Gesundheit der Menschen. Ihr Appell richte sich an alle Bürger. „Jetzt kön­nen Sie uns und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Gesundheitswesen helfen, indem Sie Ihre Kontakte erheblich einschränken – auch an Weihnachten und Silvester.“ Nur dann gebe es „auch in den nächsten Wochen die personellen Kapazitäten, alle Patientinnen und Patienten mit ernsthaften Erkran­kungen gut behandeln zu können“.

Auch der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, forderte eine Ver­schär­fung der Coronamaßnahmen. „Bund und Länder sollten die bisher vereinbarten Lockerungen nach dem 24. Dezember wieder zurücknehmen“, sagte er der Rheinischen Post. „Für die Zeit vom 25. Dezem­ber bis 10. Januar brauchen wir härtere Maßnahmen.“ So müssten Silvesterfeiern in größeren Gruppen ausfallen und Glühweinstände geschlossen werden.

Die Schließung von Geschäften „noch schnell vor Weihnachten“ hält Landsberg hingegen „nicht für praktikabel“. Eine solche Maßnahme würde immense wirtschaftliche Schäden anrichten und außerdem die Akzeptanz der Bürger für Coronaschutzmaßnahmen verringern, „die wir aber für den Erfolg der Maßnahmen dringend benötigen“, sagte der Städtetag-Geschäftsführer. Geschäftsschließungen nach Weihnachten schloss Landsberg hingegen nicht aus.

Derzeit nehmen die Rufe nach strengeren Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie zu. Es wird damit gerechnet, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder demnächst darüber beraten.

Der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, sieht angesichts der vielen Coronatoten „dringenden Handlungsbedarf“. Er rät ebenso wie die Ärztegewerkschaft Marburger Bund zum von der Wissenschaftsakademie Leopoldina empfohlenen harten Lockdown.

„Die große Chance eines harten Lockdowns über drei Wochen ist es, dass die Infizierten nicht mehr mit Gesunden in Kontakt treten. Dann hat das Virus keine Chance, sich zu verbreiten“, sagte Gaß der Passau­er Neuen Presse heute. Die Infektionsketten könnten anschließend wieder konsequent nachverfolgt werden.

Die Zahl der Coronatodesfälle bezeichnete Gaß als „besorgniserregend hoch“. „Es sterben mehr Men­schen als normal und wir erleben eine Übersterblichkeit.“ Die für Weihnachten geplanten Lockerungen hält er für sehr riskant. „Weihnachten sollte nur im engsten Familienkreis gefeiert werden. Für das Früh­jahr kann man dann ein schönes Familienfest planen und einiges von dem nachholen, auf das jetzt ver­zichtet werden muss.“

Gaß betonte, derzeit gebe es bei der Gesundheitsversorgung keinen flächendeckenden Notstand. „Die Versorgung ist gesichert“, sagte er. „Menschen müssen keine Sorge haben, dass sie nicht in einer Klinik aufgenommen würden, wenn sie schwer erkrankten“, betonte der DKG-Chef. Deutschlandweit gebe es noch etwa 5.000 freie Intensivbetten. Deutlich über 20.000 sind belegt.

Gaß forderte, das Krankenhauspersonal schon in der ersten Phase zu impfen. Es gehe darum, den Ausfall von Mitarbeitern und Quarantäne zu verhindern, erklärte der DKG-Chef.

afp/kna

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