Politik

Maskenermittlerin Sudhof erneut im Bundestag befragt

  • Donnerstag, 10. Juli 2025
/picture alliance, Michael Kappeler
/picture alliance, Michael Kappeler

Berlin – Zum zweiten Mal in dieser Woche ist Sonderermittlerin Margaretha Sudhof (SPD) im Bundestag hinter verschlossenen Türen zu ihrem Bericht über die Maskenbeschaffung in der Coronapandemie befragt worden. Die Sondersitzung des Gesundheitsausschusses sei zu Beginn als sogenannte Verschlusssache hochgestuft worden, „um Sudhof eine vollumfängliche Aussage zu ermöglichen“, hieß es aus dem Bundestag.

Auch danach sehen Parlamentarier von Grünen und Linken den ehemaligen Bundesgesundheitsminister und heutigen Unionsfraktionschefs Jens Spahn (CDU) nicht entlastet. Vielmehr äußert inzwischen auch die an der Regierung beteiligte SPD Kritik an der Union – dass sich doch noch genügend Stimmen für einen Untersuchungsausschuss finden, könnte damit wahrscheinlicher werden.

„Was wir heute im Gesundheitsausschuss gehört haben, zeigt: Jens Spahn hat gegen jeden Rat seiner Fachleute Milliarden verschwendet – und später, als das offensichtlich wurde, bewusst auf Schadensersatz verzichtet“, erklärte der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen, Janosch Dahmen. Dieser Skandal sei nicht erledigt, er wachse täglich weiter und werde für Spahn und die Union „zur gefährlichen Glaubwürdigkeitsfalle“.

Die Anhörung habe „die zentralen Schwächen der Maskenbeschaffungspraxis“ unter Spahn erneut klar zutage gefördert, teilte der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Christos Pantazis, mit. Er sprach von fehlender Bedarfsplanung, unzureichender zentraler Steuerung, gravierenden Dokumentationslücken und hoher finanzieller Intransparenz. Die Defizite seien strukturell bedingt gewesen, so der SPD-Politiker.

Die Linksfraktion warf der Koalition „Geheimniskrämerei“ vor, weil die Öffentlichkeit, wie bereits bei der Befragung Sudhofs vorgestern, im Haushaltsausschuss ausgeschlossen wurde. Der Abgeordnete Ates Gürpinar beklagte, es sei es ihm nicht erlaubt, über konkrete Inhalte zu informieren. „Die Union ist offenbar nicht an einer echten Aufarbeitung interessiert“, erklärte er.

Sudhof wollte sich öffentlich zu den Vorwürfen nicht äußern und verwies auf ihre Befragung durch die Abgeordneten.

Sudhofs Bericht hat in den vergangenen Wochen eine Debatte über die Rolle Spahns bei der Maskenbeschaffung im Frühjahr 2020 ausgelöst. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und andere Politikerinnen und Politiker aus der Union nehmen Spahn bislang angesichts der damaligen Notlage in Schutz und werfen der Juristin eine parteipolitische Motivation vor.

Dahmen sieht Wendepunkt in Sachen Untersuchungsausschuss

Grüne und Linke hingegen fordern schon länger einen Untersuchungsausschuss, um etwa Befragungen unter Eid zu ermöglichen. Gestern signalisierte auch SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf eine Offenheit dafür, nachdem sich die Partei zuvor gesperrt hatte. Aus Sicht des Grünen-Politikers Dahmen handelt es sich um einen „Wendepunkt“, dass die SPD einen Untersuchungsausschuss nun nicht mehr ausschließe.

Die Union hingegen vertritt nach wie vor die Linie, dass die Enquete-Kommission zur allgemeinen Coronaaufarbeitung ausreicht. Diese ist heute eingesetzt worden, war aber unabhängig vom Wirbel um den Sudhof-Bericht geplant.

SPD-Gesundheitspolitiker Pantazis kritisierte heute zudem den Umgang der Union mit Sudhof: Diese betreibe eine „Schmutzkampagne“ gegen die Juristin, und dagegen verwahre man sich, sagte er am Rande der Sitzung. Die persönlichen Angriffe stellten „einen inakzeptablen Versuch dar, unabhängige Aufklärung zu delegitimieren und von der eigentlichen Verantwortung abzulenken“.

Pantazis würdigte Sudhof zudem für ihre Empfehlungen zur strategischen Neuausrichtung der Prozessführung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG): Diese seien inzwischen erfolgreich umgesetzt worden. Im Fall eines Maskenhändlers habe der Streitwert von ursprünglich zwölf Millionen auf 258.000 Euro reduziert werden können.

Die CDU-Abgeordnete Simone Borchardt bekräftigte vorherige Unionskritik an Sudhofs Bericht. So habe es die Ermittlerin versäumt, den damaligen Minister Spahn selbst zu befragen. Ähnlich hatte sich Merz gestern geäußert.

Sudhof hatte im Auftrag von Spahn-Nachfolger Karl Lauterbach (SPD) die massenhafte Beschaffung von Masken in der Hochphase der Pandemie untersucht. Dabei stellte sie fest, dass Spahn eigenmächtig und gegen den Rat von Fachbeamten Masken in enormem Umfang und oft zu hohen Preisen bestellen ließ, die dann teils nicht gebraucht wurden. Er rechtfertigte die Überbeschaffung gestern erneut und verwies auf die damals schwierigen Marktbedingungen und den enormen Bedarf an Schutzmaterialien.

ggr/afp/dpa

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung