Medienkonsum und Opioidkrise auf der Agenda des neuen Drogenbeauftragen

Berlin – Nicht „rein politisch, sondern medizinisch – nicht ideologisch, sondern vor allem wissenschaftlich“: Das ist das Grundverständnis des neuen Beauftragten für Sucht- und Drogenfragen der Bundesregierung, Hendrik Streeck. Widmen will er sich in seiner Amtszeit unter anderem dem riskanten Medienkonsum und einer möglichen Opioidkrise.
Der Leiter des Virologischen Instituts der Universität Bonn berichtete, er sei während seiner Zeit in einer Berliner HIV-Schwerpunktpraxis mit vielen Schicksalen von Drogenabhängigen konfrontiert gewesen.
„Die Menschen haben damals nicht mehr die Drogen konsumiert, sondern die Drogen die Menschen“, betonte der Professor. Als Arzt gehe es ihm darum, „den Menschen zu helfen“. Streeck hat vor seiner Zeit in Bonn neun Jahre in den USA gelebt und dort in Harvard und Johns Hopkins gelehrt und geforscht.
Bei zehn Millionen von Sucht betroffenen Menschen in Deutschland sei das Thema kein randständiges, sondern eine Herausforderung für die gesamte Gesellschaft, so Streeck. Betroffen seien auch die Angehörigen, insbesondere die Kinder von Suchtkranken.
Gefragt sind für den neuen Drogenbeauftragten neben der Sozialpolitik, vor allem die Bildungspolitik, die Justiz, Polizei, Innen- und Außenpolitik sowie insbesondere das Gesundheitswesen. Sucht gefährde zudem die Wettbewerbsfähigkeit des Landes.
Besonderes Augenmerk will der neue Drogenbeauftragte auf den Schutz der Gesundheit von Heranwachsenden legen, denn die meisten Suchterkrankungen entständen im Jugendalter. „Wir müssen mit Aufklärung, kluger Prävention und, wo erforderlich, Hilfe mehr dafür tun, dass Kinder und Jugendliche in Deutschland gesund aufwachsen“, betonte er.
Das gelte auch für den digitalen Raum. „1,3 Millionen Kinder und Jugendliche weisen ein riskantes Mediennutzungsverhalten auf, und wir haben keine Handhabe“, so Streeck. Der Koalitionsvertrag biete eine gute Grundlage, die Risiken der Mediennutzung umfassend wissenschaftlich zu bewerten und ein Maßnahmenpaket zur Stärkung von Gesundheits- und Jugendmedienschutz aufzulegen. Kinder und Jugendliche brauchten „mehr Resilienz und ein schärferes Bewusstsein für ihren Konsum“.
Sein Fokus liege zudem darauf, die weitere Opioidverbreitung einzudämmen, um eine Krise wie in den USA zu verhindern: „Noch haben wir die Chance, gegenzusteuern, mit starker Polizeiarbeit, mit Aufklärung und Prävention, und mit einer Suchthilfe, die diesen Namen verdient – auch in Zeiten knapper Kassen.“ Er wolle hier an die Arbeit seines Vorgängers anknüpfen und gemeinsam mit den Bundesressorts einen Maßnahmenplan entwickeln.
Gefragt, ob er Drogenkonsumräume für sinnvoll hält, antwortete der Arzt positiv: „Sie entlasten den öffentlichen Raum, tragen dazu bei, keine Spritzen auf Spielplätzen zu finden und reduzieren Hepatitis-C-Infektionen.“ Er verstehe sich als politischer Unterstützer der Suchthilfe.
Ein weiteres wichtiges Handlungsfeld sei eine „evidenzbasierte Cannabispolitik“. Die Koalition habe vereinbart, bis zum Herbst Evidenz zu den Auswirkungen der Teillegalisierung von Cannabis zu sammeln und auf dieser Grundlage zu entscheiden, wie es weitergeht. „Mir ist sehr daran gelegen, die Bedenken von Eltern, Polizisten, Lehrkräften und Ärzten – besser als es in der Vergangenheit geschehen – in die Diskussion über Cannabis einzubeziehen“, erklärte Streeck.
Einsetzen wolle er sich darüber hinaus für ein Verbot des begleiteten Trinkens für ab 14-Jährige, ein Verbot des Verkaufs von Einweg-E-Zigaretten und Tabakbeuteln („Snus“). Für ein Verbot von Lachgas und GBL („KO-Tropfen“) liege bereits ein Gesetzentwurf vor; ebenso für ein Verbot von Nitazenen, also neuen synthetischen Opioiden.
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