Ministerium will höhere Preise für Medikamente mit Probanden in Deutschland

Berlin – Unternehmen mit deutscher Forschung sollen bei er Erstattungspreisbildung künftig bevorzugt werden. Eine dahingehende Regelung plant das Bundesgesundheitsministerium (BMG) mit dem Medizinforschungsgesetz (MFG) umzusetzen, wie der Leiter der BMG-Abteilung Arzneimittel, Medizinprodukte und Biotechnologie, Thomas Müller, gestern in Berlin erklärte.
Die geplante Ergänzung sei Teil einer Vereinbarung mit Bundestagsabgeordneten zu Änderungen im MFG-Entwurf mit dem Anreize für forschende Unternehmen geschaffen werden sollen, hierzulande wieder mehr klinische Studien durchzuführen.
Die Änderungsanträge zum MFG liegen noch nicht vor, werden aber für kommende Woche erwartet. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte zuvor erklärt, er gehe davon aus, dass das Gesetz kommende Woche vom Bundestag verabschiedet wird. Bis Freitagnachmittag fand es sich jedoch noch nicht auf der Tagesordnung.
Das BMG zielt mit den geplanten Ergänzungen auf eine der umstrittenen Leitplanken ab, die 2022 mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) in das AMNOG-Verfahren eingezogen wurden. Diese sind seit ihrer Einführung einer der größten Kritikpunkte der Pharmaindustrie an der Politik der Ampelregierung.
Insbesondere die Regelung zur Preisbildung bei einem vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) anerkannten geringen Zusatznutzen mit Blick auf die zweckmäßige Vergleichstherapie (zVT) behindere Schrittinnovationen, kritisiert beispielsweise der Verband der forschenden Arzneimittelhersteller (vfa).
„Die Konsequenzen der Leitplanken sind verheerend für unseren Standort“, hatte vfa-Präsident Han Steutel bei der Anhörung des Entwurfs im Bundesgesundheitsausschuss in der vorvergangenen Woche erklärt.
Die Leitplankenregelung sieht drei Verhandlungsvorgaben vor, um die Kosten für neu eingeführte Arzneimittel zu senken: Ist für das neue Arzneimittel kein Zusatznutzen belegt und die zVT nicht mehr patentgeschützt, soll der Erstattungsbetrag nicht über dem der zVT liegen.
Ist die zVT noch patentgeschützt, soll der Erstattungsbetrag des neuen Wirkstoffs zehn Prozent unter dem der zVT liegen. Bei einem geringen Zusatznutzen in Kombination mit einer patentgeschützten zVT wiederum soll ebenfalls maximal der Preis der zVT gelten.
„Diese Regel verknüpfen wir künftig mit dem Engagement der Hersteller in der klinischen Forschung“, kündigte Müller nun beim Hauptstadtkongress (HSK) an. Unternehmen würden von der Regel ausgenommen, wenn sie belegen können, dass ein bestimmter Prozentsatz der Patientinnen und Patienten in den für die Zulassung vorgelegten klinischen Studien in Deutschland behandelt wurde. Wie hoch dieser Prozentsatz sein soll, sagte er nicht.
Eine weitere Ergänzung des Geseztes betreffe die geplanten Mustervertragsklauseln bei der Durchführung klinischer Studien. Anders als bisher geplant sollen diese nicht mehr nur als Vorschlag formuliert werden, sondern zumindest in Teile rechtlich verbindlich werden.
Das BMG solle dazu befähigt werden, via Rechtsverordnung Textbausteine vorzuschreiben. Das habe man sich in Spanien abgeschaut, das in den vergangenen Jahren dank Vereinheitlichung und Zentralisierung eine massive Steigerung der Zahl klinischer Studien habe erreichen können.
Eine dahingehende Forderung war ebenfalls schon bei der Ausschussanhörung aufgekommen. Eine verbindliche Formulierung der Mustervertragsklauseln könne verhindern, dass es wie bisher zu langen Verhandlungen mit Studiensponsoren komme, erklärte beispielsweise der Einzelsachverständige Olaf Witt, Abteilungsleiter der Klinischen Kooperationseinheit Pädiatrische Onkologie des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ).
Die deutschen Zentren würden schneller rekrutieren als jene in Spanien oder Frankreich, von daher sei mit verbindlichen Mustervertragsklauseln hierzulande viel zu erreichen, zeigte sich der Deutschlandchef von Johnson & Johnson, Andreas Gerber, beim Hauptstadtkongress zufrieden mit der geplanten Ergänzung.
Bei den jetzigen Ergänzungen dürfe die Bundesregierung nicht aufhören, es brauche dringend weitere Reformen des AMNOG, forderte Andreas Gerber, Deutschlandchef von Johnson & Johnson, darüber hinaus beim Hauptstadtkongress.
So seien die bisherigen Vorgaben beispielsweise nicht für Orphan Drugs geeignet. Die Bundesregierung solle hier erwägen, bei den Studien zur Beurteilung des Zusatznutzens auch andere primäre Endpunkte zu ermöglichen. Andere Länder würden dies auch tun, da Endpunkte wie das Gesamtüberleben in klinischen Studien zu Orphan Drugs nur sehr schwer bis gar nicht darstellbar wären.
Müller verwies darauf, dass solche oder ähnliche Erwägungen im BMG bereits existieren würden. Im November werde sein Haus mit den wichtigsten Stakeholdern eine Konferenz zu möglichen AMNOG-Reformen abhalten. Müller versicherte, dass es Anpassungen geben werde: „Das werden wir machen, aber es wird nicht einfach werden, weil es viele Akteure mit sehr unterschiedlichen Interessen gibt.“
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