Politik

Neue Krankenhausstruktur in Nordrhein-Westfalen nimmt Form an

  • Montag, 17. Juni 2024
Gesundheitsminister von NRW, Karl-Josef Laumann (CDU). /picture alliance, Kirchner-Media, Noah Wedel
Gesundheitsminister von NRW, Karl-Josef Laumann (CDU). /picture alliance, Kirchner-Media, Noah Wedel

Düsseldorf – Die neue Krankenhausstruktur in Nordrhein-Westfalen (NRW) nimmt Form an. Heute hat das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) in NRW die zweite Anhörungsphase im Rahmen der Krankenhausreform des Landes eingeleitet.

Dafür hat es die Krankenhäuser des Landes sowie alle anderen an der Reform beteiligten Akteure darüber informiert, wie viele Fallzahlen sich das MAGS in Zukunft je Leistungsgruppe und Krankenhaus vorstellt. Zuvor hatten die Krankenhäuser beim Ministerium beantragt, wie viele Fälle sie künftig pro Leistungsgruppe erbringen wollen. Die Krankenhäuser und die anderen Beteiligten haben nun bis zum 11. August Zeit, Stellungnahmen zu den vorläufigen Vorgaben des MAGS einzureichen. Diese will das Ministerium prüfen und bis zum Ende des Jahres dann die endgültigen Feststellbescheide an die Krankenhäuser verschicken.

Im Rahmen der Krankenhausreform hat das Land NRW 60 somatische und vier psychiatrische Leistungsgruppen definiert, denen jeweils bestimmte Qualitätsvorgaben zugeordnet sind: unter anderem Vorgaben zum Personal und zur technischen Ausstattung. Im neuen Krankenhausplan des Landes ist zudem für jede Leistungsgruppe ein landesweiter Bedarf ausgewiesen.

Im Herbst 2022 konnten die Krankenhäuser ihr gewünschtes Leistungsportfolio beim MAGS beantragen. Im Anschluss haben Krankenhäuser und Krankenkassen darüber verhandelt. Grundlage der nun gefällten Entscheidungen des MAGS sind der im Krankenhausplan ausgewiesene Bedarf, die Anträge der Krankenhäuser und die Verhandlungsergebnisse.

Reduzierung der Fallzahlen

Auf der Internetseite des MAGS ist nun, heruntergebrochen auf jedes einzelne Krankenhaus des Landes, nachzulesen, wie viele Fälle pro Leistungsgruppe und Region ein Krankenhaus aus Sicht des Ministeriums künftig noch erbringen darf. Dabei variiert die Größe der Planungsregion entsprechend der Größe des Fachbereichs. Die grundversorgenden Fächer – Allgemeine Innere Medizin, Allgemeine Chirurgie, Geriatrie und Intensivmedizin – werden auf Ebene der Landkreise und Städte beplant.

Für diese Leistungsgruppen hatte das MAGS die erste Anhörungsphase bereits am 15. Mai eröffnet. Die anderen Leistungsgruppe werden – je nach ihrer Größe – entweder auf der Planungsebene Versorgungsgebiet, Regierungsbezirk oder Bundesland geplant. NRW ist in 16 Versorgungsgebiete und in fünf Regierungsbezirke unterteilt.

Die Interventionelle Kardiologie, zum Beispiel, wird auf der Ebene der Versorgungsgebiete geplant. In dem Versorgungsgebiet 1, das Düsseldorf, Remscheid, Mettmann, Solingen und Wuppertal umfasst, haben insgesamt 14 Krankenhäuser Leistungen in dieser Leistungsgruppe beantragt. Die beantragten Fallzahlen reichen dabei von 4.200 vom Universitätsklinikum Düsseldorf über 2.000 vom Städtischen Klinikum Solingen bis zu 948 vom Helios Klinikum Niederberg.

„Bezüglich der Leistungsgruppe Interventionelle Kardiologie liegt auf der Planungsebene insgesamt eine Überzeichnung durch die beantragenden Krankenhäuser vor, so dass nur der Teil des prognostizierten Bedarfs zur Sicherstellung der Versorgung berücksichtigt werden kann“, erklärt das MAGS in seinem Schreiben. „Der prognostizierte Bedarf wurde unter allen Krankenhäusern, die die Mindestvoraussetzungen erfüllen, anteilsmäßig und unter Berücksichtigung des jüngeren Leistungsgeschehen nach 2019 in Teilen abweichend zu den Fallzahlhöhen aus dem Verhandlungsergebnis verteilt.“

So hat das MAGS MAGS dem Universitätsklinikum Düsseldorf statt der 4.200 Fälle vorläufig 2.900 Fälle zugeordnet, dem Städtischen Klinikum Solingen statt der 2.000 Fälle vorläufig 1.480 Fälle und dem Helios Klinikum Niederberg statt der 948 Fälle vorläufig 811 Fälle.

Strukturwandel vollständig finanzieren

„Ein wesentliches Ziel der neuen Krankenhausplanung ist es, die bestmögliche Qualität in der stationären Behandlung für die Patientinnen und Patienten zu ermöglichen“, kommentierte der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) den Beginn des zweiten Anhörungsverfahrens. „Nicht jedes Krankenhaus muss alles machen und nicht jedes Krankenhaus kann alles gleich gut machen. Ich bin davon überzeugt, dass nur durch mehr Abstimmung und Kooperation der Krankenhäuser untereinander die knappen Ressourcen bestmöglich eingesetzt und qualitativ hochwertige Schwerpunkte gebildet werden können.“

Deshalb müsse es bei komplexeren Leistungsgruppen, wie beispielsweise komplizierten Krebsbehandlungen, teilweise zu deutlichen Konzentrationen kommen. Nur so werde es gelingen, die bestmögliche stationäre Versorgung für die Patientinnen und Patienten zu erzielen, so Laumann.

Die Landesregierung hat einen Strukturfonds in Höhe von rund 2,5 Milliarden Euro bis 2027 aufgesetzt. Mit diesem Geld sollen die anstehenden Strukturveränderungen finanziert werden. Das Geld aus dem Fonds reiche nur für den Einstieg in die Umsetzung der Reform, meinte der Präsident der Krankenhausgesellschaft NRW, Ingo Morell. Es sei für die NRW-Häuser zentral, dass die ausgelösten Kosten vollständig finanziert würden. Es werde Häuser geben, die durch die Reform gestärkt würden, meinte Morell. Anderen täten die vom Land geplanten Einschnitte richtig weh.

Weg der Konzentration

Einzelne Krankenhausträger äußerten sich heute positiv über die Entscheidungen des MAGS. Mit der Veröffentlichung der neuen Versorgungszahlen habe das Land Nordrhein-Westfalen im Wesentlichen das umgesetzt, was es angekündigt hatte, erklärten die Knappschaft Kliniken mit Sitz in Recklinghausen. Während einige Häuser Leistungsgruppen verlören, profitierten andere von neuen Zuweisungen.

„Wir werden uns das genau ansehen und Lösungen erarbeiten, die die Qualität der spezialisierten medizinischen Leistungen in modernen Zentren aufwerten", erklärte Hans Christian Atzpodien, Hauptgeschäftsführer der Knappschaft Kliniken. „Wir möchten mit den Nachbarhäusern Lösungen entwickeln, um die Zentrumsbildung gemeinsam zu unterstützen.“

Auch die Mühlenkreiskliniken aus Minden beurteilen die vorläufigen Entscheidungen des MAGS größtenteils positiv. „Das Land NRW geht wie angekündigt konsequent den Weg der Konzentration und Spezialisierung von medizinischen Leistungen. In unserem Verbund von Krankenhäusern sind wir seit vielen Jahren genau auf diesem Weg unterwegs“, so der Vorstandsvorsitzende des kommunalen Trägers, Olaf Bornemeier.

Gemeinsames Handeln

Auch die Krankenkassen des Landes äußern sich positiv zur Reform der Krankenhausplanung in NRW. „Die Kliniken waren gefordert, bedarfsgerechte und hochwertige Versorgungsangebote in der Grund- und Spezialversorgung untereinander abzustimmen - das ist häufig besser gelungen, als zu erwarten war", so Bettina am Orde, Vorsitzende der Geschäftsführung der Knappschaft.

Dirk Janssen, Vorstand des BKK-Landesverbandes Nordwest, meinte: „Das Vorgehen in der Krankenhausplanung NRW ist ein Beleg dafür, dass bei Beteiligung und Kooperation aller relevanten Gruppen eine Krankenhausreform zum Vorteil der Versichertengemeinschaft, trotz aller Widrigkeiten im Detail, umsetzbar ist. NRW hat damit auch für die Reformbestrebungen auf Bundesebene eindrucksvoll dokumentiert, dass es Zeit für ein gemeinsames Handeln ist. Alles andere führt nur zu ergebnislosen Diskussionen oder gesetzgeberischem Stückwerk.“

Derzeit veranstaltet das MAGS, noch bis Anfang Juli, regionale Konferenzen zur Krankenhausplanung, um die betroffenen Krankenhäuser, Kostenträgern und die Politik frühzeitig in den Prozess einzubinden, zusätzliche Transparenz zu schaffen und Austausch zwischen den Akteurinnen und Akteuren zu ermöglichen.

fos/dpa

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung