Politik

Neue Technologien und mehr Kompetenzen für Pflegekräfte sollen Versorgungslücke reduzieren

  • Mittwoch, 2. April 2025
/tippapatt, stock.adobe.com
/tippapatt, stock.adobe.com

Berlin – Neue Technologien und mehr Kompetenzen für Pflegefachpersonen sollen dabei helfen, die kontinuierlich steigende Zahl an Pflegebedürftigen zu versorgen. Das wurde gestern bei der Veröffentlichung des Trendreports „Pflegewirtschaft in Berlin“ deutlich, den der Verein Gesundheitsstadt Berlin im Auftrag der Berliner Volksbank erstellt hat.

„Wir wissen genau, was auf uns zukommt: Zu wenige Pflegefachpersonen stehen einem massiven Anstieg der Pflegebedürftigen gegenüber“, erklärte die Präsidentin des Deutschen Pflegerats, Christine Vogler. Es gebe aber auch gute Nachrichten.

„Wir haben noch viele Ressourcen, die wir mobilisieren können“, betonte sie. „Wir bilden in Deutschland viele Pflegefachpersonen aus. Und wir haben eine große stille Reserve an Pflegefachpersonen, die den Beruf verlassen haben und die man wieder anlocken kann.“

Vogler setzt dabei Hoffnungen auf das Pflegekompetenzgesetz, das in der vergangenen Legislaturperiode erarbeitet, aber nicht mehr verabschiedet wurde.

Bei ihren Sondierungsgesprächen haben Union und SPD verabredet, die Verabschiedung dieses Gesetzes in den ersten 100 Tagen ihrer Regierungszeit vorzunehmen. Pflegefachpersonen sollen dadurch erweiterte Handlungskompetenzen erhalten, zum Beispiel im Bereich der Wundversorgung.

KI kann bei der Pflegedokumentation helfen

Günter Meyer, Geschäftsführer des Berliner Pflegedienstes Meyer & Kratzsch, erwartet Erleichterungen für die Branche durch den Fortschritt der Technologie. „Wir werden ohne technologische Hilfe nicht auskommen“, meinte er. Heute müssten seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter etwa ein Drittel ihrer Arbeitszeit für die Dokumentation aufbringen.

„Die Künstliche Intelligenz kann uns bei der Dokumentation helfen“, sagte Meyer und berichtete von einem Modellprojekt aus Baden-Württemberg. Pflegekräfte, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, dokumentierten dabei mithilfe einer KI-gesteuerten App, die das Gesagte verschriftliche und archiviere.

„So etwas kann eine ungeheuerliche Hilfe werden“, betonte Meyer. KI könne zudem dabei helfen, die Dienstpläne oder das Medikamentenmanagement effektiver zu gestalten.

Auch ohne die Anwerbung ausländischer Pflegekräfte werde die Pflege in Deutschland nicht auskommen. „In unserem Unternehmen arbeiten Menschen aus 31 Nationen“, erklärte Meyer. „Wir machen zurzeit gute Erfahrungen damit, unseren Mitarbeitenden eine Akademisierung anzubieten, um ihre Arbeit im Unternehmen attraktiver zu gestalten.“  

Berlin wird älter

Daniel Dettling, Geschäftsführer der Gesundheitsstadt Berlin, umriss die Herausforderungen, die Berlin im Bereich der Pflege vor sich hat. „In wenigen Jahren wird jeder siebte Berliner älter als 80 Jahre alt sein“, erklärte er. „75 Prozent der Pflegebedürftigen leben dabei in Wohnungen, die nicht barrierefrei sind.“ Und mehr als zwei Drittel der Berlinerinnen, die älter als 80 Jahre sind, lebten allein.

„Berlin wird älter“, heißt es in dem Trendreport. „Die Bevölkerung ist in den letzten 20 Jahren um elf Prozent gewachsen, die Zahl der über 75-Jährigen um 65 Prozent.“

Der Anteil dieser Altersgruppe an der Gesamtbevölkerung lag im Jahr 2002 bei 6,5 Prozent und stieg über 8,4 Prozent im Jahr 2012 auf 9,8 Prozent im Jahr 2022. Die Anzahl der Pflegebedürftigen stieg entsprechend von 101.000 im Jahr 2009 auf 212.000 im Jahr 2023.

„Insbesondere die Erweiterung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs hat ab dem Jahr 2017 zu einem starken Anstieg geführt, der vor allem Personen mit leichterer Pflegebedürftigkeit betrifft, die in der Regel in Privathaushalten gepflegt werden“, heißt es im Report.

Wirtschaftliches Potenzial der Pflege ist enorm

51 Prozent der Pflegebedürftigen in Berlin werden dem Trendreport zufolge zu Hause ausschließlich von Angehörigen gepflegt. Ein weiteres gutes Fünftel wird in häuslicher Umgebung durch professionelle Pflegekräfte versorgt. 15 Prozent der Pflegebedürftigen werden in einer vollstationären Pflegeeinrichtung betreut.

Der demografische Wandel wird zudem dazu führen, dass der Personalschlüssel sinken wird. In Berlin müssen in den nächsten zehn Jahren 23 Prozent des Pflegepersonals ersetzt werden.

Dettling wies darauf hin, dass die Zunahme der Zahl der Pflegebedürftigen zu einem Wachstum der Pflegewirtschaft führen werde. Schon heute arbeite jede vierte Person innerhalb des Gesundheitswesens in der Pflege.

Und jeder fünfte Euro innerhalb der Gesundheitswirtschaft werde durch die Pflegewirtschaft erbracht, Tendenz steigend. „Das wirtschaftliche Potenzial der Pflege ist enorm“, betonte Dettling. Ende 2021 gab es in Berlin dabei 402 Pflegeheime, 670 Pflegedienste und 725 Pflegewohngemeinschaften.

fos

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung