Politik

Pflege: Erste Verbesserungen der Arbeitsbedingungen

  • Donnerstag, 28. Januar 2021
/picture alliance, ANP, Jeffrey Groeneweg
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Berlin – Pflegende im Krankenhaus sind während der Coronapandemie ganz besonderen emotionalen Belastungen ausgesetzt. Darauf verwies die Pflegedirektorin des Klinikums Darmstadt, Sabine Brase, heute bei der Eröffnung des virtuellen Kongresses Pflege 2021.

„Sie sind täglich mit Leid der Patienten konfrontiert. Sie sind der einzige Kontakt zu den Sterbenden und sie haben dabei keinen Rückzugsort“, sagte Brase. „Das ist eine enorme Belastung.“

Das Pflegemanagement an den Krankenhäusern müsse versuchen, diese Belastungen aufzufangen. „Mit­tlerweile bieten viele Krankenhäuser Supervisionen und kollegiale Beratungen an“, sagte Brase. „Trotz­dem mache ich mir echt Sorgen, wie es den Pflegenden nach der Pandemie gehen wird.“

Kompetenz und Einsatzwille

Sowohl Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) als auch Bundesfamilienministerin Franziska Gif­fey (SPD) und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) dankten den Pflegenden für ihren großen Ein­satz in der Coronapandemie.

„Die Pandemie hat noch einmal sehr klar gezeigt: Die Beschäftigten in der Pflege leisten Großes“, sagte Spahn. „Uns allen ist bewusst geworden, wie wichtig Pflegekräfte für die Versorgung sind und auch, wie außerordentlich groß ihre Kompetenz und ihr persönlicher Einsatzwille sind.“

Die drei Minister wiesen darauf hin, welche Erfolge die Konzertierte Aktion Pflege (KAP) bereits bewirkt habe, die sie zusammen mit zahlreichen Verbänden und Organisation aus dem Gesundheitswesen und Gesellschaft angestoßen haben. Heil betonte, dass die Pflegemindestlöhne für Hilfs- und Fachkräfte ge­stiegen und in Ost- und Westdeutschland angeglichen worden seien. Gestiegen sei ebenfalls die Zahl der Erholungsurlaubstage für Pflegende.

Heil will Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklären

Zudem kündigte Heil an, dass er gerne den Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklären werde, den die Gewerkschaft Verdi vor kurzem mit der neu gegründeten Bundesvereinigung der Arbeitgeber in der Pfle­gebranche (BVAP) ge­schlossenen hat, sobald ihm ein entsprechender Antrag vorliege.

Auf diese Weise würde der Tarifvertrag für die gesamte Branche gelten. Examinierte Al­tenpflegekräfte würden demnach ab 2023 mindestens 18,50 Euro pro Stunde erhalten. Bei einer 39-Stunden-Woche ergäbe das einen Bruttoverdienst von 3.137 Euro im Monat.

Hohe Abbrecherquote in der Pflegeausbildung

Giffey erklärte, dass man bei dem Ziel aus der KAP auf einem guten Weg sei, die Zahl der Auszubilden­den bis 2023 um zehn Prozent zu steigern. „Im Ausbildungsjahr 2019/2020 hatten wir 75.000 Auszubil­dende in Deutschland. Das ist eine Steigerung um 5,9 Prozent“, sagte sie. „In Bayern lag der Anstieg bereits bei zehn Prozent, in Sachsen-Anhalt bei 11,5 Prozent.“

Die Vize-Präsidentin des Deutschen Pflegerats, Christine Vogler, wies allerdings auf die hohe Abbrecher­quote hin, die in der Pflegeausbildung bei 28 Prozent liege. „In den nächsten zehn Jahren werden 500.000 Pflegekräfte aus dem Beruf ausscheiden“, erklärte sie. „Und wir schaffen es in einem Jahr gerade einmal, etwa 40.000 Menschen auszubilden, die ihre Ausbildung auch abschließen.“

Pflegeversicherung wird Wahlkampfthema

Spahn betonte, dass zum 1. Januar 20.000 neue Stellen für Pflegehilfskräfte in der Altenpflege geschaf­fen worden seien und er kündigte weitere Schritte in Richtung eines verbindlichen Personalbemessungs­verfahrens in der Altenpflege an.

„Die Aufgaben zwischen Fach- und Hilfskräften müssen neu verteilt werden“, betonte er. „Zudem müssen mehr digitale Anwendungen zum Einsatz kommen.“ Dazu werde derzeit ein Modellprogramm auf den Weg gebracht. „Jeder Pflegedienst soll mehr von der Digitalisierung profitieren können, zum Beispiel bei der Dokumentation und bei der Abrechnung“, so Spahn.

Zudem kündigte der Gesundheitsminister an, die Reform der Pflegeversicherung noch in diesem Jahr auf den Weg zu bringen. Dabei müsse unter anderem noch geklärt werden, wie die zum Beispiel durch eine bessere Bezahlung der Pflegekräfte entstehenden höheren Kosten finanziert werden sollen.

Heil zufolge wird die Reform der Pflegeversicherung im Bundestagswahlkampf in diesem Jahr eine wich­tige Rolle spielen. Im Wahlkampf müsse zudem darüber gesprochen werden, inwieweit der Effizienz­druck zulasten der Pflege im Krankenhaus übertrieben worden sei – ebenso wie die Entstaatlichung der Krankenhäuser.

Aufgaben für akademisierte Pflegekräfte schaffen

Der frühere Präsident und designierte Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, hat eine der Aufgaben benannt, die die Krankenhäuser erledigen müssten, um die Arbeits­bedingungen in der Pflege zu verbessern. „Die Aufgabe der Arbeitgeber ist es auch, den jungen Pflegen­den eine Perspektive zu geben. Denn viele von ihnen wünschen sich, sich in ihrem Beruf weiterzuent­wickeln.“ Anzustreben sei dabei eine Quote von 20 Prozent akademisierten Pflegekräften.

„Unsere Aufgabe ist es, diesen Pflegenden höherwertige Aufgaben im Krankenhaus zu übertragen – und zwar nicht nur im Management, sondern in der Pflege der Patienten“, sagte Gaß. Dafür müsse man die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen. „Wir brauchen Konzepte für diese Pflegenden, damit sie keine große Enttäuschung im Job erleben, wenn sie nach dem Studium in einem Krankenhaus arbeiten.“

Das sei keine leichte Aufgabe, da das System heute fest fixiert sei. „Da brauchen wir einen Aufbruch und ich hoffe, dass auch die Führungskräfte in der Pflege dazu beitragen, denen ich den Rücken stärken möchte. Pflegedirektionen müssen auf Augenhöhe mit Kaufmännern und Ärzten im Vorstand eines Krankenhauses zusammenarbeiten“, so Gaß.

fos

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