Politik

Politik diskutiert bei Krankenhausreform über Öffnungsklauseln für Länder

  • Mittwoch, 15. März 2023
/picture alliance, Wolfram Kastl
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Berlin – Die Länder pochen bei der Krankenhausreform vehement auf ihre Rechte und haben die Pläne auch verfassungsrechtlich infrage gestellt. Vertreter der Ampelkoalition sind offenbar dennoch optimistisch, dass Bund und Länder sich bis zum Sommer auf Eckpunkte für eine große Krankenhausreform einigen werden.

„Bund und Länder arbeiten sehr konzentriert und konstruktiv zusammen“, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Heike Baehrens, gestern auf dem Krankenhausgipfel der Deutschen Kranken­haus­gesellschaft (DKG).

Die Sitzungen beruhten auf einem klaren Prozess, der gut terminiert sei: Einmal im Monat treffen sich die Bundesländer mit den Regierungsfraktionen, um über die Themen Versorgungslevel, Leistungsgruppen, Vor­haltepauschalen und Level-1i-Krankenhäuser zu sprechen. Wöchentlich tagen die Facharbeitsgruppen.

„Alle Beteiligten haben sich eine hohe Verbindlichkeit zugesagt“, sagte Baehrens und warb dafür, diesem Pro­zess etwas zuzutrauen. „Es führt ja auch gar kein Weg daran vorbei: Wir brauchen jetzt eine solche Reform.“

Keine beliebigen Öffnungsklauseln

Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Andrew Ullmann, kritisierte, dass der bayeri­sche Gesundheitsminister, Klaus Holetschek, derzeit „Panik verbreitet“ – und brachte dessen Verhalten in Zu­sammenhang mit der Landtagswahl, die im Herbst in Bayern stattfindet.

Holetschek hatte sich zuletzt mehrfach kritisch zu den Vorschlägen der Regierungskommission geäußert, die die Grundlage für die aktuellen Diskussionen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe (BLAG) bilden.

Dabei forderte er vehement Öffnungsklauseln, die es den Ländern ermöglichen sollen, von den avisierten Vor­gaben des Bundes abzuweichen. Ob es solche Öffnungsklauseln geben soll und wenn ja, wie diese ausge­stal­tet sind, gehört zu den wichtigsten Aspekten, die derzeit in der Arbeitsgruppe diskutiert werden.

Der Krankenhausberichterstatter der Grünenfraktion, Armin Grau, zeigte sich optimistisch, dass die BLAG zu einem guten inhaltlichen Ergebnis kommen werde. „Die Regierungskommission hat einen sehr guten Vor­schlag geliefert“, sagte er. „Wir müssen jetzt definieren, welche Öffnungsmöglichkeiten es geben soll. Die dürfen aber nicht beliebig sein. Die Grundregeln müssen am Chiemsee dieselben sein wie an der Nordsee.“

Am Bedarf in den Regionen orientieren

Auch der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Ingo Morell, betonte: „Wenn Öffnungsklauseln die Normalität werden sollten, müsste man vielleicht etwas am Grundkonzept ändern.“ Er forderte, dass sich die Vorgaben der Reform am Bedarf in den Regionen orientieren.

„Es geht darum zu schauen, welcher Bedarf vor Ort existiert“, so Morell. „Dieser Bedarf muss dann abgedeckt werden.“ Zudem dürfe man bei der Umgestaltung der Krankenhauslandschaft in Deutschland nicht die ärztli­che Weiterbildung vergessen.

Morell berichtete von der Umsetzung der Krankenhausreform in Nordrhein-Westfalen. „Der Ausgangspunkt der Reform sind die 60 somatischen Leistungsgruppen, die wir auf der Grundlage der Weiterbildungsordnung definiert haben“, sagte er.

„In diesen Leistungsgruppen sind Qualitätsanforderungen vorgegeben, die die Krankenhäuser erfüllen müss­en.“ Derzeit diskutierten Krankenhäuser und Krankenkassen in den Regionen auf der Basis des bestehenden Bedarfs, wie die Krankenhäuser die einzelnen Leistungsgruppen untereinander aufteilen sollen.

Dabei könne es vorkommen, dass ein Krankenhaus keine Revisionshüftoperationen mehr durchführen kann, die es seit 20 Jahren durchgeführt hat. „Das tut weh“, so Morell. „Aber das ist das Ergebnis der Krankenhaus­planung, die wir jetzt in NRW umsetzen – und die zu einem Konzentrationsprozess im Land führt.“ Er warb da­für, dass auch die Krankenhausreform des Bundes die Bedarfe vor Ort berücksichtigt und dass keine starren Vorgaben gemacht werden, die für ganz Deutschland gelten.

Qualität und Finanzierung verbinden

Stefanie Stoff-Ahnis, Vorstandsmitglied des GKV-Spitzenverbands, sprach sich dafür aus, Qualitätskriterien mit einer Finanzierung durch Vorhaltepauschalen zu verbinden. So werde es bereits im Bereich der Zentren ge­macht. „Wenn Krankenhäuser bestimmte personelle und infrastrukturelle Vorgaben einhalten, erhalten sie einen Zentrumszuschlag“, sagte sie.

„Studien haben gezeigt, dass in diesen Zentren die Versorgungsqualität höher ist als in Krankenhäusern, die die Vorgaben nicht einhalten.“ Da sich in diesem Bereich gezeigt habe, dass eine Verbindung von Qualitätskri­te­rien und Finanzierung exzellent funktioniere, müsse man diese Verbindung auch in die Krankenhausreform übernehmen.

„Kein bürokratisches Monster“

Ullmann betonte, dass bei der Reform der stationäre und der ambulante Bereich zusammengedacht werden müssten. „Wir müssen Raum schaffen für mehr ambulante Versorgung“, sagte er. Ein zukunftsweisender Weg könne nur gefunden werden, wenn beide Bereiche berücksichtigt würden.

Baehrens betonte abschließend, dass die Politik darauf achten müsse, dass die Krankenhausreform nicht zu komplex wird. „Es ist niemandem gedient, wenn wir jetzt ein sehr kompliziertes Gesetz machen“, sagte sie. Das falle den Deutschen allerdings nicht leicht. „Oft versuchen wir, Gesetze immer möglichst differenziert zu machen. Die Kunst wird es jetzt sein, ein in der Praxis gut anwendbares Gesetz zu machen, das zu keinem neuen bürokratischen Monster wird.“

fos

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