Rheinland-Pfalz: Rheuma-Aktionsplan soll Diagnose und Therapie beschleunigen

Mainz – Mehr Tempo bis zur Diagnose, die Nutzung von Telemedizin und Weiterbildungen für medizinisches Personal: Mit dieser Mischung möchte Rheinland-Pfalz Schritte hin zu einer besseren medizinischen Versorgung rheumakranker Menschen unterstützen.
Gebündelt sind die Maßnahmen in einem „Aktionsplan zur Stärkung der rheumatologischen Versorgung“, den Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) in Mainz vorstellte.
Der SPD-Politiker und der Leiter des Schwerpunktes Rheumatologie und klinische Immunologie an der Universitätsmedizin Mainz, Andreas Schwarting, machten aber auch deutlich, dass damit nicht alle Probleme im Umgang mit weit verbreiteten rheumatischen Erkrankungen gelöst sind. Um was geht es?
Es gibt nach Angaben der Deutschen Rheuma-Liga sehr viele Formen von Rheuma. Die häufigste entzündliche Erkrankung der Gelenke ist die rheumatoide Arthritis, andere Beispiele sind die Schuppenflechten-Arthritis oder rheumatische Erkrankungen vor allem an der Wirbelsäule wie etwa die Bechterew'sche Krankheit. Von Rheuma betroffen sein können längst nicht nur ältere Menschen, auch Kinder können erkranken.
Laut dem Landesverband der Liga haben in Rheinland-Pfalz schätzungsweise rund 800.000 Menschen Rheuma, also rund jeder Fünfte.
Betroffen sind laut dem Gesundheitsministerium (MWG) auch etwa 20.000 Kinder und Jugendliche. An entzündlichen rheumatischen Erkrankungen, die massive chronische Beschwerden oder auch Einschränkungen bei der Beweglichkeit nach sich ziehen können, leiden demnach etwa 120.000 Menschen im Land.
Gerade bei entzündlichen Rheuma-Erkrankungen spielt der Faktor Zeit eine große Rolle. Eine möglichst schnelle Diagnose und damit verbunden ein möglichst schneller Therapiestart kann bleibende Schäden an Knorpeln und Knochen verhindern, wie Schwarting, der auch ärztlicher Direktor des Rheumazentrums Rheinland-Pfalz ist, erklärt.
Häufig wird Rheuma zunächst nicht als solches erkannt, so verrinnt wertvolle Zeit. Der Klassiker sei, dass Betroffene zunächst bei Schmerzen zum Hausarzt gingen, sagt Margit Schmalhofer, Geschäftsführerin des Landesverbandes Rheinland-Pfalz der Deutschen Rheuma-Liga. Es werde eine Salbe empfohlen, vielleicht auch eine Bandage, Termine bei Orthopäden könnten folgen. Insbesondere bei Kindern hätten viele erstmal Rheuma nicht auf dem Schirm.
Auch kann es lange dauern, bis Patientinnen und Patienten einen Termin bei einem Rheumatologen bekommen. Es gebe schlicht nur eine begrenzte Zahl spezialisierter Fachärztinnen und Fachärzte, sagt das Gesundheitsministerium.
All das ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass in den kommenden Jahren eine steigende Zahl an rheumakranken Menschen erwartet wird – auch wenn Rheuma insgesamt längst nicht nur ältere Menschen betrifft, hängt das dennoch mit der älter werdenden Bevölkerung zusammen.
„Gerade vor dem Hintergrund des demografischen Wandels, der steigenden Lebenserwartung und der wachsenden Zahl an Menschen mit chronischen Erkrankungen gewinnt die rheumatologische Versorgung erheblich an Bedeutung“, sagt Minister Hoch.
Dass es bei Diagnosen mehr Tempo braucht, zeigen ebenfalls die nackten Zahlen. Schwarting zufolge wäre eine Diagnose bei einigen rheumatischen Erkrankungen binnen sechs Wochen wichtig, um irreversible Schäden zu vermeiden. In der Realität vergehe jedoch für die Diagnose einer rheumatoiden Arthritis im Schnitt ein Jahr, im Fall einer Schuppenflechten-Arthritis sind es ihm zufolge sogar drei Jahre und bei der Bechterew'schen Krankheit sieben Jahre.
Der Aktionsplan sieht eine Reihe von Maßnahmen vor. Die Rheumatologie soll gestärkt werden, indem Medizinstudierende in ihrem Praktischen Jahr (PJ) vom Wintersemester 2025/26 an das Wahlfach Rheumatologie an der Universitätsmedizin Mainz wählen können. Sie lernen dann binnen 16 Wochen mehr über die ärztliche Tätigkeit in dem Fachgebiet. Auch wenn sich diese Mediziner später für eine andere Richtung entschieden, behielten sie ihr Wissen und könnten es in Kliniken und Praxen tragen, sagt Schwarting.
Außerdem soll die stationäre Weiterbildung in der Rheumatologie vom Land gefördert werden. An den fünf Kliniken im Land, die solche Weiterbildungen anbieten – das sind das Klinikum Ludwigshafen, das Akutzentrum Bad Kreuznach, das Marienhaus Klinikum und die Unimedizin in Mainz sowie das Brüderkrankenhaus in Trier – soll je eine zusätzliche Weiterbildungsstelle pro Jahr für drei Jahre in einem Gesamtvolumen von einer Million Euro gefördert werden.
Darüber hinaus soll angehenden Medizinerinnen und Medizinern das Fachgebiet der Rheumatologie bei Informationsveranstaltungen verstärkt erläutert werden, Weiterbildungen für medizinische Fachangestellte, Pflegekräften und Arzthelferinnen und -helfern sollen ebenfalls gestärkt werden.
Ausgebaut werden soll ein telemedizinisches Pilotprojekt namens „Tele-Rheumaplus“. Kernstück sind regelmäßige Tele-Rheuma-Konferenzen zwischen Hausarztpraxen auf der einen und Rheumatologen der Mainzer Unimedizin auf der anderen Seite.
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