Politik

RKI: Anteil von Coronavariante B.1.1.7 auf 72 Prozent gestiegen

  • Donnerstag, 18. März 2021
/picture alliance, Sebastian Kahnert
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Berlin – Die ansteckendere und wohl auch gefährlichere Coronavariante B.1.1.7 verdrängt andere Formen von SARS-CoV-2 in Deutschland immer mehr. Ihr Anteil betrage inzwischen 72 Prozent, heißt es in einem neuen Bericht des Robert-Koch-Instituts (RKI) von gestern Abend.

Sie werde also inzwischen in etwa drei von vier Proben gefunden. Die Ausbreitung der Variante B.1.351 (Erstnachweis in Südafrika) sei hingegen etwas rückläufig, die Variante P.1 (Erstnachweis in Brasilien) sei weiter nur vereinzelt in Deutschland nachgewiesen.

Vergangene Woche hatte das RKI noch von circa 55 Prozent B.1.1.7-Anteil gesprochen. Zu Beginn der RKI-Erhebung vor rund anderthalb Monaten lag der Anteil der Mutante noch bei sechs Prozent.

Die rasche Zunahme war nach den Erfahrungen anderer Länder befürchtet worden. Aufgrund des nun hohen Anteils von B.1.1.7 sei weiter mit einem exponentiellen Anstieg der Coronafallzahlen in Deutsch­land zu rechnen, hieß es im RKI-Bericht.

Der Anteil von 72 Prozent bezieht sich auf Nachtestungen mehrerer Laborverbünde auf Schlüsselmuta­tionen der Variante. Unter anderem weil nicht alle auf SARS-CoV-2 testenden Labore teilnehmen und nur eine Teilmenge der positiven Proben untersucht wird, sei der Wert nicht sicher verallgemeinerbar, schränkt das RKI ein.

Der Bericht stützt sich noch auf weitere Datenquellen: Blickt man zum Beispiel auf komplette Erbgut­analysen, die seltener durchgeführt werden, aber als eindeutiger Nachweis gelten, hat B.1.1.7 einen Anteil von rund 48 Prozent an den untersuchten Proben.

Der RKI-Bericht weist auch darauf hin, dass neben Ansteckungen in Privathaushalten Häufungen in Kitas, Schulen und beruflicher Umwelt für die Entwicklung mitverantwortlich sind. Oft könne aber kein konkreter Ansteckungsort ermittelt werden. Am höchsten sind die Inzidenzen derzeit laut RKI-Lagebe­richt bei den Menschen zwischen 15 und 44.

„Der stärkste Anstieg ist bei Kindern zwischen 0-14 Jahren zu beobachten, wo sich die 7-Tage-Inzidenzen in den letzten vier Wochen verdoppelt haben“, stellt das RKI fest. Kleine Kinder haben bei Corona­infekti­onen häufig keine Symptome und wurden oft nicht getestet, deshalb vermuteten Experten seit Pande­mie­beginn eine recht hohe Dunkelziffer in dieser Gruppe.

Am 22. Februar waren in einer Reihe von Bundesländern weitere Grundschulen und Kitas geöffnet wor­den, teils zum Beispiel mit Wechselbetrieb und verbunden mit mehr Testangeboten. RKI-Chef Lothar Wieler hatte bereits in der Vorwoche von einer wachsenden Zahl an Kitaausbrüchen gesprochen.

Um einen „möglichst kontinuierlichen Betrieb“ in Schulen und Kitas gewährleisten zu können, müssten alle Maßnahmen zur Vorbeugung von Ansteckungen getroffen werden, betont das RKI. Zudem gelte es die Einschleppung des Virus in die Einrichtungen zu verhindern. Familien und Beschäftigte ruft das RKI zum weiteren Einhalten der Verhaltensregeln auf, um das Ansteckungsrisiko zu minimieren. Bei Krank­heitsanzeichen solle man fünf bis sieben Tage zu Hause bleiben.

Bei Erkrankungen in einer oder mehreren Gruppen empfiehlt das RKI, „eine frühzeitige reaktive Schlie­ßung der Einrichtung“ zu erwägen. Die Experten verweisen auf die ansteckenderen Corona­varianten. Eine weitere Ausbreitung in der Kita oder in Familien gelte es zu verhindern. Das RKI dringt außerdem darauf, Infektionsschutzmaßnahmen am Arbeitsplatz konsequent umzusetzen.

Das RKI zählte seit Beginn der Pandemie 2.594.764 nachgewiesene Infektionen mit SARS-CoV-2 in Deutschland. Die tatsächliche Gesamtzahl dürfte deutlich höher liegen, da viele Infektionen nicht er­kannt werden. Die Zahl der Genesenen gab das RKI mit etwa 2.383.600 an. Die Gesamtzahl der Men­schen, die an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Coronainfektion gestorben sind, stieg auf 73.905.

Der bundesweite Sieben-Tage-R-Wert lag laut RKI-Lagebericht von gestern Abend bei 1,06 (Vortag 1,06). Das bedeutet, dass 100 Infizierte rechnerisch 106 weitere Menschen anstecken. Der Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor 8 bis 16 Tagen ab. Liegt er für längere Zeit unter 1, flaut das Infektions­geschehen ab; liegt er anhaltend darüber, steigen die Fallzahlen.

dpa

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