Politik

Ruf nach finanzieller Stabilisierung der Pflegeversicherung

  • Dienstag, 17. Juni 2025
/pusteflower9024, stock.adobe.com
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Berlin – Die Krankenkassen haben die neue Bundesregierung angesichts des heutigen „GKV-Tags“ aufgerufen, schnell Maßnahmen zu ergreifen, um die Finanzen der gesetzlichen Pflegeversicherung zu stabilisieren.

„Die finanzielle Situation in der Pflege spitzt sich weiter zu“, sagte die Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbands, Doris Pfeiffer. „Das Jahr 2024 hat die Pflegeversicherung mit einem Defizit in Höhe von 1,54 Milliarden Euro abgeschlossen.

Obwohl der Gesetzgeber zum Jahresanfang den Beitragssatz um 0,2 Prozentpunkte angehoben hat, gab es im ersten Quartal 2025 bereits ein Defizit von 160 Millionen Euro. So kann es nicht weitergehen, denn diese Art von Finanzpolitik hält die Pflegeversicherung nicht mehr lange aus.“

Der GKV-Spitzenverband fordert von der Regierung vor allem zwei Maßnahmen, um die Finanzprobleme der Pflegeversicherung kurzfristig anzugehen.

Zum einen müsse der Bund die Gelder zur Finanzierung zahlreicher Coronamaßnahmen an die Pflegeversicherung zurückzahlen. Und zum anderen solle der Bund die Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige dauerhaft übernehmen.

„Daraus könnten für die Pflegeversicherung noch in diesem Jahr Einnahmen von bis zu zehn Milliarden Euro resultieren“, so der GKV-Spitzenverband. „Diese beiden Sofortmaßnahmen würden der Pflege eine finanzielle Atempause verschaffen, um die notwendigen grundlegenden Reformen angehen zu können.“ 

Zahl der Pflegebedürftigen steigt an

Auch der AOK-Bundesverband drängt angesichts der steigenden Zahl von Pflegebedürftigen auf schnelle Maßnahmen.

Zu den derzeit 5,5 Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland seien alleine im vergangenen Jahr 400.000 Menschen neu hinzugekommen, erklärte die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands, Carola Reimann. Eine Anhebung der Beiträge – wie sie die drei letzten Gesundheitsminister vorgenommen hätten – sei kein Weg, um die Pflegeversicherung nachhaltig zu stabilisieren.

„Die schwarz-rote Regierung muss endlich die Coronasoforthilfen in Höhe von 5,5 Milliarden Euro an die Pflegeversicherung zurückzahlen“, sagte auch Reimann. Es sei sehr zu begrüßen, dass es dazu erste positive Signale aus der Bundesregierung gebe.

Reimann fordert ebenfalls, dass der Bund die Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige dauerhaft übernimmt, die ein Volumen von 4,1 Milliarden Euro pro Jahr hätten. Insgesamt belaufen sich die Ausgaben der Pflegeversicherung auf 65 Milliarden Euro pro Jahr.

Pflege soll heilkundliche Aufgaben übernehmen

Anlässlich des heutigen GKV-Tags mahnt der Verband der Ersatzkassen (vdek), den Pflegenden heilkundliche Leistungen zu übertragen. „Um Pflege auch in Zukunft sicherzustellen, müssen wir das Berufsbild Pflege stärken“, erklärte Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des vdek.

„Wir begrüßen daher ausdrücklich, dass die Bundesministerin Nina Warken kurzfristig ein entsprechendes Gesetz zur Stärkung der Pflege in Aussicht gestellt hat.“ Nicht alles müsse die Ärztin oder der Arzt machen, meinte Elsner. „Unsere Pflegekräfte sind hochqualifiziert und können viel mehr, als sie bislang dürfen.“

Damit Pflegefachkräfte künftig ihrer Qualifikation entsprechend erweiterte heilkundliche Leistungen wie das Management chronischer Erkrankungen oder die Verordnung von Pflegehilfsmitteln in der Versorgung nach einem entsprechenden Katalog übernehmen könnten, sollte eine eigene Rechtsgrundlage für diesen neuen Versorgungsbereich geschaffen werden.

„Zudem sollte es eine einheitliche Vergütung für die heilkundlichen Tätigkeiten geben“, so Elsner. Keinesfalls dürfe es zu Konflikten zwischen vertragsärztlichem und pflegerischem Bereich kommen.

Die Vorständin des BKK Dachverbands, Anne-Kathrin Klemm, hat eine Stärkung der Prävention angeregt. „Wir müssen die Prävention von Pflegebedürftigkeit als Chance begreifen, um das System finanziell und strukturell zukunftsfähig zu machen“, erklärte sie. Anstatt nur auf manifeste Pflegebedürftigkeit zu reagieren, müssen wir uns auf deren Vermeidung und Verzögerung fokussieren.“

Jeder Euro, der in Prävention fließe, entlaste langfristig die Pflegeversicherung und schone die ohnehin knappen Ressourcen. „Das ist dringend nötig, denn der Pflegebedarf wird in den kommenden Jahren und Jahrzehnten steigen“, sagte Klemm.

„Um die Potenziale für Prävention und Rehabilitation optimal auszuschöpfen, ist eine engere Verzahnung von medizinischer und pflegerischer Versorgung notwendig. Individuelle Präventionspfade und ein gemeinsames Präventionsbudget könnten Fehlanreize beseitigen und den Fokus von der Zuständigkeit auf den Nutzen legen.“

Der GKV-Tag findet einmal im Quartal statt. An diesem Tag weisen die derzeit 94 Krankenkassen auf zentrale Anliegen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) hin.

fos

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