Politik

Sektorenübergreifende Versorger als Fliegenklatsche für Probleme im Gesundheitswesen

  • Freitag, 21. März 2025
/vegefox.com, stock.adobe.com
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Berlin – Sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen stellen eine Antwort auf vermeidbare Sterblichkeit, demografischen Wandel und knappe finanzielle und personelle Ressourcen dar. Das erklärte Layla Distler, Leiterin des Referats Krankenhausplanung im Sozialministerium Baden-Württemberg gestern auf dem DRG-Forum.

Diese Herausforderungen könnten die mit dem Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) vorgesehenen neuen Einrichtungen durch mehr Kooperation und Vernetzung, bessere Steuerung und einen Abbau von Unter-, Fehl- und Überversorgung sowie durch die Aufwertung des Pflegeberufs angehen. Mit diesen Punkten sei es möglich die Qualität der Versorgung zu verbessern, Personal zu entlasten und Kosten einzusparen.

Das Sozialministerium in Baden-Württemberg prüfe derzeit, wo sektorenübergreifende Versorger benötigt werden, erklärte Distler weiter. Dafür werde das bisherige Leistungsvolumen von Krankenhäusern geprüft. Meistens handelt es sich dabei um kleinere Häuser der Grund- und Regelversorger mit wenig Betten, die keinen Beitrag zur Notfallversorgung leisten, erklärte Distler.

Zudem werde der Versorgungsbedarf der umliegenden Bevölkerung, bestehende Versorgungslücken sowie bestehende Versorgungsstrukturen in der unmittelbaren Umgebung analysiert. Diese Faktoren seien für die Entscheidung wichtig, ob ein Standort zu einem sektorenübergreifenden Versorger umgewandelt oder weiterbetrieben werde.

Neue Versorgungsform auch in der Stadt benötigt

„Wir brauchen die sektorenübergreifenden Versorger nicht nur auf dem Land, sondern auch in der Stadt und in den Metropolen“, betonte Distler. Auf dem Land würden sie vor allem dazu dienen, eine Unterversorgung aufgrund des Mangels von Haus- und Heimärztinnen und -ärzten zu vermeiden.

In der Stadt könnten sektorenübergreifende Versorger Distler zufolge ambulante Angebote ergänzen. In Stuttgart seien etwa erst vor Kurzem einige pädiatrische ambulante Angebote weggebrochen, dies könnte man durch entsprechende Standorte wieder ausgleichen.

In der Stadt seien diese neuen Angebote außerdem für die Weiterbehandlung oder Übergangspflege wichtig, erklärte Distler. Es gehe um Entlastung größerer Krankenhäuser, denn bei leichterer medizinischer Versorgung könnte man Patienten dorthin abverlegen, schlägt Distler vor. Dies sieht der Vorsitzende des Deutschen Evangelischen Krankenhausverbands (DEKV), Christoph Radbruch, kritisch. Stationäre Abverlegungen werden eher selten sein, sonst müssten die Krankenkassen die Fälle zweimal bezahlen, schätzt Radbruch.

Radbruch geht davon aus, dass die stationären Aufenthalte in den sektorenübergreifenden Versorgern eher nach ambulanten Operationen wichtig werden würden, wenn etwa ein Patient in die Häuslichkeit entlassen werden soll, dies aber aus bestimmten Gründen nicht möglich sei. Zudem würden Patienten vor allem durch Überweisungen der Haus- oder Fachärzte in die sektorenübergreifenden Versorger kommen, erklärte Radbruch.

Aufwertung von pflegerischen Berufen möglich

Weiter sei mit einem eingeschränkten Leistungskatalog auch eine niedrigschwellige Anforderung an die Leistungserbringung möglich, sagte Distler. So könnte die ärztliche Präsenz anders geregelt werden als in Krankenhäusern.

Sie bedauert zudem, dass die in einem ersten Entwurf vorgesehene Möglichkeit der pflegerischen Leitung eines solchen Hauses nicht mehr im finalen KHVVG enthalten sei. „Das wäre eine Aufwertung für die Pflegeberufe gewesen und sie hätten eigenständige pflegerische Leistungen erbringen können“, so Distler. Sie hoffe nun auf die weitere Gesetzgebung des Bundes, um Pflegeberufen mehr Kompetenzen einzuräumen.

Eine Herausforderung sei hingegen die geplante Finanzierung der sektorenübergreifenden Versorger. „Wir brauchen eine echte sektorenübergreifende Finanzierung“, forderte Distler. Die aktuelle Finanzierung aus verschiedenen Töpfen sei hingegen eine große Herausforderung.

Radbruch sieht vor allem die freigemeinnützigen Träger in der Position, Krankenhäuser entsprechend umzuwandeln und diese Häuser zu gründen. Vor allem sie hätten die Erfahrung mit der Zusammenarbeit mit ambulanten Einrichtungen oder Pflegediensten und seien entsprechend gut vernetzt. Zudem schätzt er, dass in den Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg eher die ländlichen Krankenhäuser diese Angebote übernehmen würden.

cmk

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