Politik

Social Media erst ab 14? Debatte in Niedersachsen

  • Dienstag, 21. Januar 2025
/Diego, stock.adobe.com
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Hannover – Ein gesetzliches Mindestalter für soziale Medien in Deutschland wäre für Niedersachsens Kultus­ministerin Julia Willie Hamburg sinnvoll. „Ich persönlich finde eine Altersgrenze von 14 Jahren für die Nutzung von Social Media sehr zielführend“, sagte die Grünen-Politikerin in Hannover.

So könnten schon Schulen eine gewisse Medienkompetenz vermitteln und Eltern dabei unterstützen, bevor Kinder auf etwa Fake News oder Gewaltbilder stoßen, sagte Hamburg. Studien zeigten, dass je jünger ein Kind sei, desto schädlicher könne der Social-Media-Konsum sein. Deshalb habe die Ministerin mit großem Interesse nach Australien geschaut.

Dort sollen soziale Medien künftig nur Menschen ab 16 Jahren offen stehen. Auch in Frankreich wird über eine Altersgrenze diskutiert. In Deutschland gebe es noch keine konkreten Pläne, sagte Hamburg. „Die Politik be­schäftigt sich gerade intensiv mit den Studien, die es dazu gibt, und ich würde begrüßen, wenn das dann auch entsprechend geregelt wird.“

Auch der für Jugend zuständige Sozialminister Andreas Philippi sieht in Plattformen wie Tiktok große Gefahren. „Eine Altersgrenze ist ein wichtiger Diskussionsbeitrag, allerdings ist auch klar, dass sich das nicht mal so eben machen lässt, vor allem nicht als Land“, sagte der SPD-Politiker. Es brauche daher eine intensive Prüfung und einen Realitätscheck – „am besten auf EU-Ebene“.

Wichtig sei, die Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen weiter zu stärken. „Das ist nicht nur eine Sache der Bildungseinrichtungen, auch Eltern haben die Aufgabe, sich kritisch gemeinsam mit ihren Kindern mit sozialen Medien auseinanderzusetzen“, appellierte Philippi.

Die Debatte läuft nicht nur in Niedersachsen. Auch Thüringens Bildungsminister Christian Tischner (CDU) kann einem Social-Media-Verbot für unter 16-Jährige etwas abgewinnen. „Ich finde das gut“, hatte Tischner der im Dezember gesagt. Aus seiner Sicht wäre das ein gutes Thema für die Kultusministerkonferenz.

Es gebe Mobbing in sozialen Netzwerken und die psychischen Auswirkungen seien für Kinder und Jugendliche groß, Kontrolle dagegen sei schwierig, so Tischner. „Anstand und Respekt werden leider nicht so sehr gepflegt in sozialen Medien.“

Niedersachsens Ministerin Hamburg sagte, man müsse gleichzeitig im Blick behalten, wie die EU und Deutschland allgemein mit sozialen Netzwerken umgingen. Unter Elon Musk sei die Plattform X zu einem politischen „Macht-Beeinflussungsinstrument“ geworden.

Der Facebook-Konzern Meta hatte angekündigt, die Zusammenarbeit mit Faktenprüfern in den USA zu beenden. „Die Verbreitung von Desinformationen und radikalen Inhalten wird dadurch noch verstärkt“, sagte Hamburg.

Durch Algorithmen, die gezielt auf Provokation ausgerichtet seien, würden demokratische Diskurse massiv ge­schädigt. „Das ist eine Gefahr für unsere Demokratie“, warnte die Ministerin. Deshalb sollten Algorithmen offen­gelegt, kontrolliert und verändert werden. „Denn wer Lügen oder Hass verbreitet, muss dafür geradestehen.“ Es brauche wirksame Prävention und klare Regeln. Zudem müssten die Konzerne Verantwortung übernehmen, forderte Hamburg.

Der Landeschef der Bildungsgewerkschaft GEW, Stefan Störmer, ist offen für den Vorstoß der Ministerin. „Aufgrund der Inhalte in den sozialen Medien, die permanent Hass und Desinformation befeuern, wäre es angebracht, über einen Jugendschutz nachzudenken“, sagte Störmer.

Wo diese Altersgrenze liegen soll, müsse man mit Erziehungswissenschaftlern diskutieren. „Die Frage ist vielmehr, wer wacht über die Einhaltung des Jugendschutzes? Das müssten die sozialen Medien selbst übernehmen. Sie tragen die Verantwortung.“

Der Kinderschutzbund in Niedersachsen hält ein generelles Verbot sozialer Medien für Kinder unter 14 Jahren nicht für sinnvoll. „Kinder und Jugendliche haben nach UN-Kinderrechtskonvention grundsätzlich erst einmal das Recht auf Zugang zu Medien“, sagte der stellvertretende Vorsitzende des niedersächsischen Verbands, Simon Kopelke. „Sie wachsen heutzutage in einer digitalisierten Welt auf, die Nutzung sozialer Medien gehört zu ihrem Alltag.“

Wegen Hass und Desinformation haben sich schon viele prominente User von Musks Plattform X zurückgezogen, darunter etwa die Fußball-Bundesligisten FC St. Pauli und Werder Bremen. Auch Hochschulen, Politiker und Institutionen wie der niedersächsische Landtag haben dem früheren Twitter den Rücken gekehrt.

„Da Musk seine Plattform dafür nutzt, weltweit seine politische Agenda voranzutreiben, ist es für eine neutrale Institution wie den Landtag nicht länger hinnehmbar, auf X vertreten zu sein“, hatte Landtagspräsidentin Hanna Naber (SPD) in der vergangenen Woche gesagt. Der Account bleibe bis auf weiteres bestehen, werde aber nicht weiter genutzt.

dpa

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