Sonderermittlerin Sudhof vertraulich zu Maskenbericht befragt

Berlin – Zur Maskenbeschaffung in der Coronapandemie ist die Sonderermittlerin Margaretha Sudhof erstmals im Haushaltsausschuss des Bundestages befragt worden. Details dazu sind heute in Berlin allerdings nicht bekannt geworden. Man könne wegen einer Einstufung als vertraulich nicht öffentlich darüber reden, kritisierte die Grünen-Haushaltspolitikerin Paula Piechotta nach der rund zweistündigen Sitzung.
Angehörige der Regierungs- und Oppositionsfraktionen bewerteten den Verlauf und die Erkenntnisse unterschiedlich. Der Ausschuss will sich jedenfalls Ende Juli weiter mit dem Thema beschäftigen, falls möglich in Anwesenheit Sudhofs, wie der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Christian Haase (CDU) ankündigte. Übermorgen soll sie zudem im Gesundheitsausschuss des Bundestages befragt werden.
Sudhof selbst äußerte sich bei ihrem Eintreffen zur Ausschusssitzung nur kurz und bat um Verständnis, dass sie gegenüber der Öffentlichkeit momentan nicht Stellung nehmen könne. Der Bitte der Abgeordneten, Rede und Antwort zu stehen, komme sie gerne nach. Sie fügte hinzu: „Ich habe leider keine unbeschränkte Aussagegenehmigung, auch nicht für den Ausschuss.“
Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) widersprach dem: Es habe Sudhof für den Auftritt im Ausschuss von der vertraglich festgehaltenen Verschwiegenheitsklausel aus der vergangenen Legislatur entbunden. „Frau Dr. Sudhof durfte im Ausschuss zu allen Themen ihres Berichts vollumfänglich befragt werden und Auskunft geben“, erklärte ein BMG-Sprecher.
Unterschiedliche Bewertungen aus CDU und Opposition
Nach Darstellung Haases ging es in der Sitzung nicht um die Vorwürfe gegen den früheren Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und es habe diesbezüglich auch keine neuen Erkenntnisse gegeben. Die „Verschwörungstheorien“ von Linken und Grünen hätten keine neue Nahrung bekommen, sagte Haase. Er warf der Opposition Populismus vor.
Vielmehr habe Sudhof im Ausschuss ihren Auftrag dargelegt, der darin bestanden habe, die Prozesstaktik des BMG in Verfahren zu Maskenkäufen zu verbessern, so Haase. Man habe auch über die laufende Prozessführung gesprochen und diesbezüglich einen neuen Einblick gewonnen.
Die Frage danach, ob er im Gespräch mit Sudhof eine Bestätigung für den bisherigen Vorwurf einer parteipolitischen Motivation des Berichts gefunden habe, verneinte Haase. Dafür habe es keinen Grund gegeben, sagte er.
Auch Piechotta sagte, die entsprechenden Vorwürfe der Union seien „komplett in sich zusammengefallen“. Für die Grünen-Politikerin und Ärztin sind nach der Befragung immer noch viele Fragen offen. Es gebe Widersprüche zwischen Äußerungen, sagte sie im Anschluss an die Sitzung. „Ich habe das Gefühl, hier steht Aussage gegen Aussage – und einer lügt. Entweder Herr Spahn und Frau Warken oder aber Frau Sudhof.“
Opposition beharrt auf Untersuchungsausschuss
Piechotta erneuerte die Forderung nach der Einrichtung eines Untersuchungsausschusses mit Unterstützung der Regierungsfraktionen. Nur mit Vernehmungen unter Eid könne man weiterkommen – befragt werden müssten nicht nur politische Akteure, sondern etwa auch Maskenhändler.
Grüne und Linke erreichen allein nicht die nötigen 25 Prozent der Stimmen, um einen Untersuchungsausschuss im Bundestag einrichten zu können. Ein gemeinsames Vorgehen mit der AfD lehnen sie ab.
Die Linken-Vorsitzende Ines Schwerdtner betonte ebenfalls die Notwendigkeit eines solchen Ausschusses. Detektivarbeit rund um die Masken gehöre eigentlich nicht in den Haushaltsausschuss, dieser habe sich schließlich mit zwei Haushalten zu beschäftigen.
Nach dem Gespräch mit Sudhof sieht Schwerdtner die schweren Vorwürfe gegen Spahn und das BMG „eher noch erhärtet“, wie sie sagte. „Die Fragen von Vorteilsnahmen für einzelne Firmen konnten nicht entkräftet werden.“ Es stelle sich eher die Frage, ob es Querverbindungen oder ein Netz von verschiedenen Firmen gegeben habe, die sich im Zuge der Maskenbeschaffung Vorteile verschafften.
Bei der Sitzung des Ausschusses Ende Juli werde neben Sudhof wahrscheinlich auch Ex-Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) dabei sein, „weil die Union hier die Northvolt-Debatte und die Maskendebatte miteinander vermengen möchte“, wie Piechotta sagte. Sie sehe dies als Ablenkungsversuch. Es geht dabei um Fördergeld für den inzwischen insolventen Batteriehersteller Northvolt für ein geplantes Werk in Schleswig-Holstein.
Die Juristin Sudhof war 2024 vom vorherigen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eingesetzt worden. Sie sollte das Vorgehen des Ministeriums in der Coronakrise 2020 unter dem damaligen Ressortchef Spahn beim Beschaffen von Masken zu hohen Preisen aufklären. Aus Rechtsstreitigkeiten mit Unternehmen drohen dem Bund daraus noch Milliardenrisiken.
Einen von Sudhof vorgelegten Bericht hatte das Gesundheitsministerium zunächst mit teilweise unleserlich gemachten Passagen an den Ausschuss gegeben. Nach dem Bekanntwerden einer ungeschwärzten Fassung verschärften die oppositionellen Grünen und Linken ihre Kritik an Spahn.
Spahn betont: Kein Geld für Maskengeschäfte erhalten
Der Unionsfraktionschef rechtfertigte das Vorgehen in der damaligen Krisensituation. Er verwies mehrfach auf die teils chaotischen Umstände damals nicht nur in seinem Haus, auf den großen Bedarf an Masken, auf die Notsituation. Reguläre Bürokratie sei gerade in den ersten Wochen der Pandemie weder sinnvoll noch möglich gewesen.
Im Kern geht es in der Debatte um Details von Spahns damaligem Agieren. Er soll im Frühjahr 2020 Millionen Masken an allen üblichen Regeln vorbei beschafft haben – ohne genauere Ermittlung des Bedarfs, ohne Preisverhandlungen und folglich überteuert. Warnungen seiner eigenen Beamten soll er ignoriert haben.
Als problematisch stellt der Sudhof-Bericht die Beauftragung eines Schweizer Unternehmens dar, weil der Bund sich demnach auf Überbeschaffung zu überhöhten Preisen eingelassen haben soll. Gegen Einwände aus dem Innenministerium und ohne ordentliches Verfahren soll dem Bericht zufolge zudem ein Logistikunternehmen aus Spahns Heimatregion zum Zug gekommen sein, das schnell überfordert gewesen sein soll. Die Firma bestreitet dies.
Der heutige Unionsfraktionschef Spahn versicherte noch einmal, dass er damals kein Geld für Maskengeschäfte bekommen habe. Auf eine entsprechende Frage des Stern antwortete er: „Diese Unterstellungen einzelner Grünen sind verleumderisch. Solches Geraune kenne ich bisher nur von der AfD.“
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