Spahn und Wieler: „Nicht nachlässig werden“

Berlin – Die Infektionszahlen sinken, doch die Pandemie ist noch lange nicht vorbei: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und der Präsident des Robert-Koch-Institutes (RKI), Lothar Wieler, mahnten in einer gemeinsamen Pressekonferenz erneut, sich an die geltenden Coronaregeln zu halten.
Aus allen bisherigen Daten ergebe sich, dass die bekannten Varianten mehr andere Menschen anstecken, sagte Wieler. „Wir dürfen jetzt nicht nachlässig werden, weil diese Varianten sich weiter ausbreiten.“ Das RKI legte heute erstmals Zahlen vor, welche Rolle die Mutationen in Deutschland bereits spielen.
Spahn sagte: „Auch wenn noch weitere harte Wochen vor uns liegen, wir sind auf dem Weg raus aus der Pandemie.“ Er sagte aber auch: „Wenn wir diesen Mutationen die Möglichkeit zur Ausbreitung geben würden, riskierten wir einen erneuten Anstieg der Infektionszahlen.“ Sobald geöffnet werden könne, solle dies zuerst bei Kitas und Schulen geschehen.
Die Infektionszahlen würden derzeit zwar insgesamt sinken, sagte Spahn, doch dies sei etwa in Portugal und Irland auch der Fall gewesen. Durch Lockerungen seien die die Coronainfektionen mit den Virusvarianten wieder drastisch hochgeschnellt.
„Das wollen wir vermeiden.“ Medizinische Schutzmasken noch viel mehr zu tragen sei dafür ein wichtiger Punkt. Am kommenden Mittwoch wollen Bund und Länder wieder gemeinsam beraten, wie es nach den Schließungen bis zum 15. Februar weiter geht.
Beim Thema Impfstoffe betonte Spahn, dass dies ein gutes Mittel raus aus der Pandemie sei. „Wir haben jetzt die Mittel, das Virus zu besiegen – nicht sofort, aber im Laufe des Jahres.“ Inzwischen seien knapp drei Millionen Impfdosen verabreicht worden, mehr als 800.000 Bürger hätten schon die zweite Impfdosis erhalten.
Fast 80 Prozent der Bewohner von Pflegeheimen haben bereits eine erste Impfung bekommen. Laut Statistiken liegt Deutschland bei der Zahl der Zweitimpfungen inzwischen vor Großbritannien. Rund um das Ende des ersten Quartals sollten die Menschen aus der ersten Impfgruppe, die Über-80-Jährigen und die Menschen in den Pflegeheimen, geimpft sein.
Zur Frage der Wirksamkeit der Impfstoffe gegen die Varianten sagte der Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), Klaus Cichutek, es gebe „Hinweise, dass man mit der UK-Variante ganz gut fertig werden kann, mit der Südafrika- und Brasilien-Variante schwerer“. Das breite Impfen insgesamt helfe aber auch gegen die Varianten, so Cichutek, der ebenfalls an der Pressekonferenz teilnahm. Insgesamt bewertete er es als „Glück“, dass es zu diesem Zeitpunkt drei Impfstoffe gebe. „Dies wird die Pandemie wirksam begrenzen.“
RKI-Präsident Wieler kritisierte, dass es auch knapp ein Jahr nach Beginn der Pandemie noch viele Leute gebe, die das Virus nicht ernst genug nehmen. „Es gibt in dieser Gesellschaft immer noch Personen, die Corona leugnen. Es gibt immer noch Menschen in unserem Land, die sich bewusst gegen Masken entscheiden.“ Daher sei es wichtig, dass sie alle verstünden, dass das Virus „in unserem Land und in der ganzen Welt wirklich eine schreckliche Spur hinterlassen hat.“
Heute überstieg die Zahl der Todesfälle in Deutschland die Marke von 60.000 Menschen. Insgesamt zählt das RKI nun 60.597 Todesfälle an und mit einer Coronainfektion, allein heute waren 855 neue Fälle gemeldet worden. Regierungssprecher Steffen Seibert nannte die Zahl der Todesfälle „erschütternd hoch“. Am Vortag waren 786 neue Todesfälle gemeldet worden.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz forderte, mehr Augenmerk auf die Pflegebedürftigen zu legen. „Die Rate der Neuinfektionen ist seit der Jahreswende um zwei Drittel gesunken“, sagte Vorstand Eugen Brysch. „Doch die Zahl der bundesweit an und mit COVID-19 gestorbenen Menschen nimmt nicht in gleichem Maße ab.“ Im Laufe von nur sechs Wochen seien über 30.000 Menschen verstorben. 90 Prozent der Verstorbenen seien älter als 70 Jahre alt gewesen.
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