Streit um Neuverschuldung: Merkel und Scholz verteidigen Etat

Berlin – Vor den Haushaltsberatungen im Bundestag hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die geplante immense Neuverschuldung des Bundes verteidigt. Seit Beginn der Pandemie sei es das Ziel, die finanziellen Kräfte zu mobilisieren, um gegenzuhalten, sagte Merkel in ihrem vorgestern veröffentlichten Videopodcast.
„Noch höher wären die Kosten – finanziell wie sozial – wenn viele Unternehmen zusammenbrächen und Millionen von Arbeitsplätzen verloren gingen.“ Auch 2021 könne der Bund große Summen einsetzen, weil in den vergangenen Jahren gut gehaushaltet worden sei.
Der Bundestag debattiert von morgen an über den neuen Haushalt. Die große Koalition will kommendes Jahr fast 180 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen und dafür wieder die Schuldenbremse im Grundgesetz aussetzen.
Die FDP warnte davor, dass der Staat mit seiner Ausgabenpolitik die Zukunft verspiele. „Jeder vernünftige Mensch weiß, dass eine Krise nicht bedeutet, dass eine Regierung Geld ausgeben kann, als gäbe es kein Morgen“, sagte der haushaltspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Otto Fricke, gestern
Das gelte, auch wenn der Haushalt 2021 auf einer Krise beruhe. Nach Ansicht von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) ist der Staat noch lange nicht an seinen finanziellen Grenzen. „Deutschland hat die finanzielle und fiskalische Kraft, sich all das zu leisten“, sagte Scholz dem Tagesspiegel gestern. „Wir tun alles, was notwendig ist, damit unser Land heil durch diese Krise kommt.“ Er fügte hinzu: „Wir gehen sehr sorgfältig mit dem Steuergeld um und konzentrieren uns auf das, was nötig ist.“
Fricke hielt dem entgegen, dass die FDP-Fraktion in den Haushaltsberatungen 527 Anträge vorgelegt habe, mit deren Annahme die Neuverschuldung halbiert werden würde. Die Regierung wolle aber nicht auf Ausgaben oder Subventionen verzichten oder existierende Rücklagen aufbrauchen. „Besonders schlimm ist, dass der Haushalt 2021 nicht in die Zukunft schaut und die drei großen Herausforderungen Demografie, Digitalisierung und insbesondere Nachhaltigkeit ausspart.“
Merkel stimmte die Bürger darauf ein, dass die enormen öffentlichen Hilfen in der Coronakrise weniger werden. Das aktuelle Maß an Unterstützung könne nicht endlos fortgesetzt werden. Deshalb hätten alle große Verantwortung. „Bund, Länder und Kommunen müssen gut und konstruktiv zusammenarbeiten, um die Pandemie und ihre Folgen bestmöglich zu meistern.“
Der voraussichtlich letzte Haushalt der aktuellen großen Koalition wird zu mehr als einem Drittel aus Schulden finanziert. Vorgesehen sind Ausgaben von fast einer halben Billion Euro und fast doppelt so hohe Kredite. Viele Bürger können dennoch mit Steuersenkungen rechnen. Die Linke spricht vom „teuersten Wahlkampfhaushalt in der Geschichte der Bundesrepublik“. Im Herbst nächsten Jahres wird ein neuer Bundestag gewählt.
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