Umbruch im Gesundheitsausschuss steht nach der Wahl bevor

Berlin – Nach der Bundestagswahl in knapp eineinhalb Wochen wird es einen deutlichen personellen Wechsel im Gesundheitsausschuss geben. Von den derzeit 43 Ordentlichen Mitgliedern – dazu kommen noch 42 stellvertretende Mitglieder – werden zwölf im kommenden Bundestag definitiv nicht mehr dabei sein. Sie treten alle nicht mehr zur Wahl an.
17 Mitglieder des bisherigen Ausschusses werden dem Parlament wahrscheinlich erhalten bleiben. Fraglich ist, welche Parteien es über die Fünf-Prozent-Hürde schaffen. Zudem kann das neue Wahlrecht zu Unwuchten führen: Da künftig 630 statt 733 Abgeordnete im Bundestag sitzen werden, wird es keine Ausgleichs- und Überhangmandate mehr geben.
Wenn eine Partei mehr Direktmandate gewinnt, als ihnen nach den Zweitstimmen zustehen, dann werden die Wahlkreissieger mit den schlechtesten Stimmergebnissen leer ausgehen. Dies kann auch einige Abgeordnete aus dem Gesundheitsausschuss treffen.
Diese Abgeordneten scheiden aus
Nicht mehr dem Deutschen Bundestag angehören werden aus der SPD-Fraktion die gesundheitspolitische Sprecherin Heike Baehrens. Sie war seit 2013 im Bundestag und dort mit den Themen Pflege und globale Gesundheit beschäftigt.
Auch Dirk Heidenblut aus Essen war seit 2013 im Bundestag. Er beschäftigte sich vor allem mit den Themen Psychotherapie, Suchtpolitik und setzte sich für ein inklusives Gesundheitssystem ein.
Seit Januar 2023 ist Dirk-Ulrich Mende Mitglied des Bundestages. Der frühere Oberbürgermeister von Celle war für Andreas Philippi (SPD) in den Bundestag nachgerückt. Philippi ist inzwischen Gesundheitsminister in Niedersachsen. Mende wird nicht mehr für den Wahlkreis Celle-Uelzen antreten.
Ebenfalls seit 2013 ist Bettina Müller (SPD) für den hessischen Wahlkreis Main-Kinzig, Wetterau II, Schotten im Bundestag. Auch sie hatte sich vor dem Ende der Ampelkoalition dafür entschieden, nicht noch einmal zu kandidieren.
Unter den Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion gibt es ebenso langjährige Abgeordnete, die nicht mehr mit dabei sind. Dazu zählt Hubert Hüppe (CDU), der zwischen 1991 und 2009 sowie zwischen Mitte 2012 und 2017 und erneut seit 2021 Mitglied des Bundestages war. Von 2010 bis 2014 war auch der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung.
Auch Erich Irlsdorfer (CSU) wird künftig nicht mehr mit dabei sein, sein Kreisverband Freising wählte ihn bei einem Parteitag im vergangenen Sommer nicht mehr. Irlsdorfer ist seit 2013 im Bundestag und setzte sich zuletzt für Menschen mit einer COVID-19-Erkrankung und deren Angehörigen ein.
Seit 2009 war Erwin Rüddel (CDU) im Bundestag vertreten und hatte seinen Wahlkreis Neuwied in Rheinland-Pfalz vier Mal als Direktmandat gewonnen. Er hatte ebenso seinen Abschied aus dem Bundestag angekündigt – allerdings verstarb er überraschend am 3. Februar.
Bei den Grünen tritt die langjährige gesundheitspolitische Sprecherin, Maria Klein-Schmeink, die auch seit 2009 im Bundestag war, nicht mehr zur Wahl an. Sie hatte zuletzt 2021 das Direktmandat in Münster gewonnen, davor war sie jeweils über die Landesliste eingezogen.
Pflegepolitikerin Kordula Schulz-Asche ist im kommenden Bundestag ebenfalls nicht mehr dabei. Auf der Landesliste der Grünen in Hessen war sie zeitweise Spitzenkandidatin und zog 2013 erstmals in den Bundestag ein.
Ebenso tritt Saskia Weishaupt, die 2021 in den Bundestag über die Landesliste der Grünen in Bayern kam und im Wahlkreis München hatte, nicht mehr zur Wahl an. Sie kündigte an, ihren Lebensmittelpunkt nun in ihre Heimatstadt Hannover zu verlegen.
Aus der FDP-Bundestagsfraktion wird sich Christine Aschenberg-Dugnus verabschieden. Sie saß seit 2009 – mit einer Unterbrechung – im Bundestag und in der Zeit durchgehend Mitglied im Gesundheitsausschuss. In der Ampelkoalition war sie auch Mitglied des Fraktionsvorstandes.
Auch Kathrin Vogler (Linke) wird im kommenden Bundestag nicht mehr vertreten sein.
Wer weiter dabei sein wird
Sehr gute Chancen auf einen Wiedereinzug in den Bundestag und damit auch sehr wahrscheinlich die Mitarbeit im Gesundheitsausschuss können sich 17 bisherige Mitglieder machen.
So steht Matthias Mieves auf Platz zwei der SPD-Landesliste Rheinland-Pfalz. Mieves hatte vor allem die Digitalgesetze der Ampelregierung mit verhandelt. Auch Christos Pantazis, Chirurg aus Braunschweig, kann auf einen Wiedereinzug setzen. Dabei könnte das Direktkandidat in Braunschweig sicherer sein als der Landeslistenplatz 14 in Niedersachsen.
Herbert Wollmann, der 2021 den Wahlkreis Altmark gewonnen hat, könnte diesen flächenmäßig größten Wahlkreis in Deutschland erneut gewinnen. Auf der Landesliste steht er auf Platz 3.
BMG-Spitze mit guten Chancen
Auch die Spitzen des Bundesgesundheitsministeriums können sich gute Chancen auf einen Wiedereinzug in den Bundestag ausrechnen: So hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach seit 2005 seinen Wahlkreis Leverkusen-Köln IV jeweils direkt gewonnen, ohne weitere Absicherung auf der Landesliste.
Der Patientenbeauftrage der Bundesregierung, Stefan Schwartze, tritt im Wahlkreis Herford/Minden/Lübbecke II als Direktkandidat an und steht ebenso auf Listenplatz 9 in Nordrhein-Westfalen. Claudia Moll, derzeit Pflegebeauftragte der Bundesregierung, tritt im Wahlkreis Achen II an und liegt auf der Landesliste auf Platz 18.
Die parlamentarische Staatssekretärin Sabine Dittmar, die seit 2013 Mitglied im Bundestag ist, ist auf Listenplatz 6 in Bayern und kann somit mit einer erneuten Mitgliedschaft im Parlament rechnen.
Bei der CDU/CSU können acht Abgeordnete halbwegs sicher planen: So ist Simone Borchardt, die seit 2021 im Bundestag ist, auf der Landesliste in Mecklenburg-Vorpommern auf Platz zwei. Dort ist auch Dietrich Monstadt zu Hause – er ist seit 2009 im Bundestag und kandidiert bei dieser Wahl auf Platz 5 der Landesliste sowie als Direktkandidat in Schwerin. Je nach derzeitiger Umfrage kann beides allerdings nicht für einen Wiedereinzug ins Parlament reichen.
Enger wird es auch für Alexander Föhr, der in Heidelberg kandidiert und auf der Landesliste in Baden-Württemberg auf Platz 6 gesetzt wurde – durch die möglicherweise vielen Wahlkreise, die die CDU im Südwesten direkt gewinnen könnte, könnte die Landesliste nicht zum Einsatz kommen.
Solch ein Direktmandat strebt beispielsweise Axel Müller (CDU) im Landkreis Ravensburg an. Diesen vertritt er seit 2017, einen Listenplatz in Baden-Württemberg hat er nicht.
Ebenso mit einem Gewinn eines Direktmandats kann Georg Kippels rechnen, der den Wahlkreis Rhein-Erft-Kreis I auch 2021 gewonnen hat. Auf der Landesliste steht er auf Platz 27.
Über die Landesliste in Niedersachsen wird aller Voraussicht nach auch Anne Janssens einziehen, sie steht dort auf Platz 4.
Für Tino Sorge, seit 2013 im Bundestag und in der aktuellen Legislaturperiode gesundheitspolitischer Sprecher seiner Fraktion, könnte es am Wahlabend spannend werden: Er kandidiert für das Direktmandat in Magdeburg, das er aber 2021 nicht erreicht hatte und über die Landesliste eingezogen war. Bei der Wahl 2025 steht er auf Platz 4 der Liste.
Für die CSU will Emmi Zeulner wieder in den Bundestag einziehen. Sie ist seit 2013 im Bundestag und kandidiert im Wahlkreis Kulmbach, den sie bisher immer direkt gewann.
Für den Hausarzt Stephan Pilsinger, der 2021 das Direktmandat in München-West/Mitte knapp gewonnen hatte, wird der Wahlabend ebenfalls wieder spannend: In der Region sind auch die Grünen stark. Durch das neue Wahlrecht könnte Pilsinger sein Gewinn des Mandates aber möglicherweise nicht in den Bundestag führen.
Bei den Grünen wird die amtierende Vorsitzende des Gesundheitsausschusses, Kirsten Kappert-Gonther, sicher wieder dabei sein. Die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie steht in Bremen auf Platz 1 der Landesliste und ist auch Direktkandidatin. Sie gehört dem Bundestag seit 2017 an.
In Rheinland-Pfalz wurde Armin Grau auf Platz 2 der Landesliste gewählt. Seit 2021 ist der Neurologe im Bundestag und hatte beispielsweise die Krankenhausreform in der vergangenen Legislatur mit verhandelt.
Auch Johannes Wagner zog 2021 über die Landesliste der Grünen in Bayern ein. Für die Wahl 2025 steht der Pädiater auf Platz 12 und kann mit einem Wiedereinzug rechnen.
Auch für den gesundheitspolitischen Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Janosch Dahmen, kann der Wahlabend spannend werden: Er steht auf Platz 18 der Landesliste Nordrhein-Westfalen. Je nach Umfrage können aus dem bevölkerungsreichsten Bundesland bis zu 24 Mandate für die Grünen kommen.
In der AfD können von den bisherigen Mitgliedern des Gesundheitsausschusses sicher mit einem Wiedereinzug Thomas Dietz, Kay-Uwe Ziegler und Martin Sichert planen. Dietz ist Direktkandidat im Erzgebirgskreis I, den er auch schon 2021 gewonnen hatte. In Sachsen hat er keinen Listenplatz. Sichert kandidiert inzwischen in Niedersachsen und dort auf Platz 3 der Liste. Das Direktmandat in seinem Wahlkreis Friesland/Wilhelmshaven/Wittmund lag bisher in der Hand der SPD.
Kay-Uwe Ziegler kandidiert als Direktkandidat im Wahlkreis Mansfeld, der 2021 auch von der AfD gewonnen wurde, damals von Robert Farle, der inzwischen fraktionslos im Bundestag.
Für wen es knapp werden kann
Eher schwierige Listenplätze haben vier Gesundheitspolitikerinnen der SPD-Bundestagsfraktion: So rangiert die Pädiaterin Nezahat Baradari auf der Landesliste der SPD in Nordrhein-Westfalen auf Platz 32 - nach aktuellem Stand der Umfragen reicht dies nicht aus für den Einzug in den Bundestag.
Auch Heike Engelhardt hat mit einem Listenplatz 17 in Baden-Württemberg wenig Chancen. Sie tritt auch als Direktkandidatin im Wahlkreis Ravensburg an – der Wahlkreis ist dort aber seit zehn Jahren in der Hand von CDU-Politiker Axel Müller, der ebenso im Gesundheitsausschuss ist.
Auch für Tina Rudolph, die 2021 in den Bundestag kam, kann es eng werden: Sie hat den Listeplatz 4 der SPD-Liste in Thüringen, derzeit kann man anhand der Umfragen von drei Plätzen von der SPD-Liste ausgehen.
Für Martina Stamm-Fibich, seit 2013 im Bundestag, wird der Wiedereinzug ebenfalls schwierig: Sie ist von der bayrischen SPD nur auf Platz 26 gesetzt worden – nach aktuellen Umfragen könnte die SPD in Bayern künftig etwa 13 Sitze erreichen.
Wenn die Linke es wieder in den Bundestag schafft, ist Gesundheitspolitiker Ates Gürpinar mit Listenplatz 1 der Linke in Bayern wieder mit dabei.
Für Andrej Hunko, der im Gesundheitsausschuss die Gruppe BSW vertreten hatte, kann es auch eng werden: Er ist auf dem Listenplatz 5 des BSW in Nordrhein-Westfalen geführt.
Bei der AfD war neben Diez, Ziegler und Sichert auch Christina Baum im Gesundheitsausschuss. Nach einem Streit in Baden-Württemberg tritt Baum nicht mehr auf der dortigen Landesliste an, sondern nun in Sachsen-Anhalt. Allerdings dort wegen Unstimmigkeiten mit dem Landesverband nicht auf der Landesliste, sondern als Direktkandidatin im Wahlkreis Harz, der bisher von der CDU gehalten wird.
Fraglich ist auch, wie es mit den Abgeordneten der FDP aussieht: Falls die Partei mit über fünf Prozent wieder in den Bundestag einzieht, kann sich vor allem Christian Bartelt, Zahnarzt aus Spantekow, Hoffnungen machen. Als Nachrücker im September 2023 in den Bundestag gekommen, steht er auf Platz eins der Landesliste Mecklenburg-Vorpommern.
Allerdings kann es auch sein, dass bei einem sehr knappen Ergebnis selbst die ersten Listenplätze aus bevölkerungsärmeren Bundesländern, wie zum Beispiel neben Mecklenburg-Vorpommern auch aus Bremen und dem Saarland, nicht als Abgeordnete in den Bundestag kommen.
Für wen es nicht reichen wird
Die anderen FDP-Gesundheitspolitiker aus der vergangenen Legislatur haben aufgrund der derzeitigen Umfragen keine Chancen auf einen Einzug in den Bundestag: Auf der Landesliste der FDP Bayerns steht der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Andrew Ullmann, auf Platz 18, Kristine Lütke auf Platz 21.
Jens Teutine ist in Nordrhein-Westfalen auf Platz 11. Der Haushaltspolitiker Karten Klein, der auch für Gesundheit zuständig ist, ist in der FDP-Landesliste Bayern auf Platz 4, das könnte bei einem Ergebnis über fünf Prozent knapp reichen. Digitalpolitiker Maximilian Funke-Kaiser, der zuletzt die Digitalgesetze im Gesundheitswesen mit verhandelt hatte, ist auf der Liste auf Platz 8.
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