Politik

Verbände wollen Nachbesserungen bei Pflegereformkon­zept

  • Dienstag, 16. März 2021
Caritas-Präsident Peter Neher. /picture alliance, Paul Zinken
Caritas-Präsident Peter Neher. /picture alliance, Paul Zinken

Berlin – Wohlfahrtsverbände wollen Nachbesserungen am Gesetzentwurf zur Reform der Pflege­versi­cherung. Der am vergangenen Freitag bekanntgewordene Arbeitsentwurf des Bundesgesundheitsminis­teriums enthalte zahlreiche gute Ansätze, erklärte der Deutsche Caritasverband heute in Berlin.

Enttäuschend sei, dass der darin vorgesehene Mechanismus der Tarifbindung, der Pflegekräfte vor Dum­pinglöhnen schützen soll, gegenüber früheren Ankündigungen stark aufgeweicht worden sei.

„Wir erwarten eine Tarifbindung, die diesen Namen verdient – sprich: Wer keine Tarifbindung vorweisen kann, darf nicht am Markt agieren,“ erklärte Caritas-Präsident Peter Neher. Auch private Arbeitgeber müssten verpflichtet werden, faire Löhne zu zahlen.

„Eine Aushöhlung durch den Verweis auf ein ‚ortsübliches Entlohnungsniveau‘, wie jetzt im Entwurf zu lesen ist, ist nicht akzeptabel“, so Neher. Nicht zuletzt sei völlig unklar, wie dieses Niveau zu bestimmen sei. „Bleibt es bei dieser Regelung, ist die Tarifbindung ein Etikettenschwindel,“ fügte Neher hinzu. „Das können wir nicht hinnehmen.“

Kritisch sieht die Caritas auch das gegenüber früheren Ankündigungen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) veränderte System der Deckelung der Kosten, die die Pflegebedürftigen in der statio­nären Altenhilfe selbst tragen müssen.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Bedürftige dank eines Zuschusses zu den Pflegekosten entlastet werden, der mit jedem Jahr steigt. Die stufenweise Entlastung beginnt nach Ende des ersten Jahres in der stationären Altenhilfe.

„Wir begrüßen mit Nachdruck eine stufenweise Entlastung bei den Eigenanteilen. Zugleich darf die Entlastung kein Erbenschutzprogramm sein,“ so Neher. Die Idee einer Karenzzeit entspreche grundsätz­lich den Vorschlägen der Caritas.

„Allerdings sind zwölf Monate zu lang. Die Zeit, in der die Eigenanteile in vollem Umfang von den Pflege­bedürftigen zu übernehmen sind, darf sechs Monate nicht überschreiten.“

Der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) kritisierte den Gesetzentwurf als unzureichend. „Die Entlastung der Pflegebedürftigen durch eine Begrenzung des Eigenanteils bleibt weit hinter dem zurück, was im letzten Jahr angekündigt wurde“, sagte Hauptgeschäftsführer Martin Fichtmüller.

Der Arbeitsentwurf stelle zudem die ambulante Pflege im Vergleich zur stationären Pflege schlechter. So sollten die Sachleistungen in der häuslichen Pflege erst in zwei Jahren und dann lediglich um jährlich 1,5 Prozent steigen. „Viel zu wenig und zu spät“, so Fichtmüller, „denn im ambulanten Bereich sind die Kosten ebenfalls stark gestiegen“.

Zudem sollten Leistungen der Tagespflege gekürzt werden, wenn diese in Kombination mit ambulanten Pflegesachleistungen erbracht werden. „Dies ist ein Rückschritt in die 1990er Jahre“, sagte Fichtmüller.

„Notwendig wäre es, die teilstationäre Pflege zu stärken, denn sie garantiert gesellschaftliche Teilhabe und sichert den Verbleib in der Häuslichkeit.“ Ziel einer Pflegereform müsse es daher sein, gerade die ambulante Pflege zu stärken und deren strukturelle Unterfinanzierung zu beenden, betonte der Haupt­geschäftsführer.

kna

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