Weiter scharfe Kritik an der geplanten Krankenhausreform

Berlin – Die Kritik an der geplanten Krankenhausreform reißt nicht ab. Das zeigen die Stellungnahmen von Verbänden und Institutionen einen Tag vor einer Anhörung zum Gesetzentwurf im Gesundheitsausschuss des Bundestags.
„Wir alle brauchen diese Reform, sie muss sich aber daran messen lassen, ob sie spürbare Verbesserungen bei der Personalausstattung, bei den Arbeitsbedingungen, beim Bürokratieabbau und bei der ärztlichen Nachwuchssicherung bringt“, sagte der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Klaus Reinhardt. „Wir sehen hier noch einige Leerstellen, die im weiteren parlamentarischen Verfahren gefüllt werden müssen.“
Laut Bundesärztekammer sind dabei die Auswirkungen der Reform auf die ärztliche Weiterbildung und auf die ärztliche Personalausstattung von zentraler Bedeutung. Wichtig sei außerdem „eine durchgreifende Entbürokratisierung“, schreibt die Kammer in einer Stellungnahme.
Der BÄK zufolge kann eine umfassende Reform nur dann gelingen, wenn Bund und Länder sie gemeinsam umsetzen – unter Einbindung des Sachverstandes der Ärzteschaft sowie der weiteren Akteure des selbstverwalteten Gesundheitswesens. „Diesem Anspruch wird der vorgelegte Gesetzentwurf nicht gerecht“, lautet das Fazit der BÄK.
Deutliche Kritik kommt von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). „Eine überfällige Reform der Krankenhauslandschaft lässt sich nicht isoliert durchführen“, sagte deren Vorstandsvorsitzende Andreas Gassen. Gleichzeitig müsse die ambulante Versorgung konsequent weiterentwickelt werden, um insbesondere Patienten mit komplexem Versorgungsbedarf behandeln zu können.
Doch diese Stärkung der ambulanten Versorgung sei bisher ausgeblieben – „im Gegenteil“, kritisierte er. Die im Gesetzentwurf vorgesehene Ermächtigung von Krankenhäusern für die hausärztliche Versorgung verschlechtere sogar die Situation für die Hausärztinnen und Hausärzte.
Kritik übt auch der Berufsverband Deutscher Internistinnen und Internisten (BDI). „Das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz ist eine wichtige Reform und eine Chance, um die stationäre internistische Versorgung nachhaltig zu sichern. Die aktuellen Reformpläne sind aber absolut unzureichend und viel zu kurz gedacht“, warnte die Präsidentin des Verbandes, Christine Neumann-Grutzeck.
Nötig seien sektorenübergreifende Ansätze, denn Krankenhausstandorte zu reduzieren erhöhe den Bedarf an ambulanter Versorgung. „Wir wünschen uns kluge Reformen, die solche Konsequenzen für andere Sektoren berücksichtigen und ineinandergreifen. Wir brauchen keine Insellösungen“, betonte die BDI-Präsidentin und forderte „eine engere Verknüpfung von ambulanter und stationärer Versorgung, um das Gesundheitswesen finanziell zu entlasten“.
Defizite in der der augenblicklichen stationären Versorgung sieht die AOK. „Über 100 Milliarden Euro Beitragsmittel werden 2024 in die Krankenhauslandschaft fließen, wieder viele Milliarden Euro mehr als im Jahr zuvor“, sagte die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann. Sie sieht in der geplanten Reform aber noch Konstruktionsfehler.
Die stationäre Versorgung verschlingt aus ihrer Sicht zu viel Geld, weil ihre Strukturen heillos veraltet und haarsträubend ineffizient sind. Darunter leiden Patientensicherheit, Behandlungsqualität, Arbeitszufriedenheit der Beschäftigten und nicht zuletzt Solvenz und Wirtschaftlichkeit.
Darüber hinaus enthalte das Reformvorhaben immer noch Fehlanreize zur Mengenausweitung. „Die Vorhaltefinanzierung muss unbedingt fallunabhängig ausgestaltet werden, ansonsten hat man am Ende nicht viel gewonnen“, so Reimann.
Auch sei die Klinikreform noch nicht richtig mit der Reform der Notfallversorgung abgestimmt. „Eine funktionierende Notfallversorgung für Akutfälle ist für das Gesundheitswesen elementar und für die Bevölkerung vielleicht sogar das sensibelste Thema“, betonte sie. Die AOK fordert zudem, die Reform auch aus Steuermitteln zu finanzieren und nicht Beitragsgelder heranzuziehen.
Nachbesserungen am Gesetzentwurf verlangen auch die Kommunen in Niedersachsen und die Krankenhausgesellschaft des Landes. „Die Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Stabilisierung und geordnete Transformation der Krankenhauslandschaft sind bisher nicht gewährleistet“, teilten die Kommunen mit.
Angesichts vieler kritischer Stimmen zur Reform fordert die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) mehr Kompromissbereitschaft auf Seiten der Politik. „Nur Kompromisse können die Reform, die die Krankenhäuser dringend benötigen, noch retten“ sagte der DKG-Vorstandsvorsitzende Gerald Gaß.
Nötig sind laut der DKG kurzfristig ein Inflationsausgleich, um die Krankenhauslandschaft zu stabilisieren. „80 Prozent der Krankenhausstandorte schreiben rote Zahlen, viele davon werden die Reform nicht mehr erleben, wenn nicht kurzfristig gehandelt wird“, sagte Gaß.
Bei der eigentlichen Reform sei nötig, die Systematik für die Vorhaltefinanzierung zu überarbeiten. Die jetzt vorgesehenen Regelungen sind laut Gaß unzureichend und befreiten die Krankenhäuser nicht aus der Klammer der rein leistungsabhängigen Vergütung. „Von Entökonomisierung kann in diesem Zusammenhang nicht gesprochen werden“, warnte er.
Außerdem benötigten die Krankenhäuser ein umfassendes Entbürokratisierungsprogramm. „Dass Ärztinnen und Ärzte genauso wie Pflegekräfte knapp drei Stunden ihres Arbeitstages mit Bürokratie verbringen müssen, ist nicht mehr akzeptabel und hat auch nichts mehr mit sinnvoller medizinischer Dokumentation zu tun“, betonte er.
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