Politik

Weiterer Beitragssprung in gesetzlicher Krankenversicherung erwartet

  • Dienstag, 21. Januar 2025
/Zerbor, stock.adobe.com
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Berlin – Bei der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ist neuen Berechnungen zufolge nicht mit einem Ende der Beitragssatzsteigerungen zu rechnen. Die DAK-Gesundheit geht in den kommenden zehn Jahren von einem An­stieg von derzeit 17,5 Prozent auf 20 Prozent aus. Das geht aus einer Projektion des Berliner IGES-Instituts für die Krankenkasse hervor.

Zum Jahreswechsel waren die GKV-Beiträge bereits von zuvor 16,3 Prozent auf durchschnittlich 17,5 Pro­zent angewachsen. Grund dafür sind Mehrkosten der Kassen: 2023 lagen diese bei 306 Milliarden Euro – rund 100 Milliarden Euro mehr als 2015.

DAK-Vorstandschef Andreas Storm sprach vom „höchsten Beitragssatzanstieg“ in der Geschichte der Bundesre­publik. Die Lohnnebenkosten – also die Summe aller Sozialversicherungsbeiträge – erhöhte sich damit 2025 auf 42,3 Prozent. Diesen Beitrag teilen sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber hälftig.

Die heute vorgestellte Berechnung geht nun von drei möglichen Szenarien bei der Beitragsentwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung aus. In allen drei Berechnungen wird im kommenden Jahr von einem weiteren Anstieg auf 18 Prozent ausgegangen.

Dann soll die GKV erstmals in den Transformationsfonds für Krankenhäuser einzah­len. Dieser ist Teil der Ende vergangenen Jahres beschlossenen Krankenhausreform von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).

In der günstigsten Entwicklung werden danach weitgehend gleichbleibende Beiträge bis 2035 erwartet. Das ungünstigste Szenario hingegen prognostiziert fortan stetige und erhebliche Beitragssteigerungen bis 2035 auf dann 22,6 Prozent. Die mittlere Entwicklung, das Basisszenario, geht ebenfalls von einem linearen, allerdings etwas geringeren Wachstum aus.

Zwischen 2026 und 2035 steigen die Beiträge demnach von 18 auf 20 Prozent. Die Studienautoren rechnen in der Renten-, der Pflege- und der Arbeitslosenversicherung ebenfalls mit Beitragssatzsteigerungen bis 2035. Prognos­tiziert wird damit in der Summe aller Sozialversicherungen eine mittlere Beitragssatzsteigerung auf 49,7 Prozent. Auch hier gehen die möglichen Szenarien aber zwischen 46,5 und 53,9 Prozent auseinander.

DAK-Chef Storm forderte die nächste Bundesregierung auf, die Spirale zu stoppen. „Wenn die Politik nicht gegen­steuert, stehen wir auch im nächsten Jahr vor einem massiven Beitragsanstieg“, sagte Storm. Er sprach von einem „gravierenden Finanzierungsproblem im Sozialsys­tem“. Um diesem zu begegnen, müsse das Thema bei den Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl am 23. Februar priorisiert werden.

Dafür müssten kurzfristig die geplante Finanzierung der Krankenhausreform über den Transformationsfonds geändert und der Bundeszuschuss zum Gesundheitsfonds deutlich angehoben werden, forderte Storm. In den Transformationsfonds sollen aus GKV-Beitragsgeldern in den kommenden zehn Jahren jeweils 2,5 Milliarden Euro eingezahlt werden. Der Bundeszuschuss zum Gesundheitsfonds liegt seit 2017 – mit Unterbrechungen während der Pandemie – bei 14,5 Milliarden Euro.

Außerdem müssten sich Ausgaben künftig an den Einnahmen orientieren. Nötig seien zudem die geplante Reform der Notfallversorgung und „eine konsequente Steuerung der Patientenversorgung“, wie kürzlich auch von der Bundesärztekammer gefordert. „Wir müssen hier als Selbstverwaltungspartner schnell zu einer gemeinsamen Überlegung kommen. Ärzteverbände und Krankenkassen sollten darüber nicht monatelang streiten."

Ohne Gegensteuern würden sich die Beitragssätze aller Sozialversicherungen auf die 50-Prozent-Marke zubewe­gen, warnte Storm. Doch auch mit „entschiedenem politischen Handeln“ sei eine Rückkehr zum Niveau von rund 40 Prozent „wohl illusorisch“.

Der Sozialverband VdK kommt in einer neuen Analyse zu dem Ergebnis, dass Sozialversicherungsbeiträge in den vergangenen Jahren vor allem zur Finanzierung politischer Vorhaben erhöht wurden, die eigentlich aus dem Bundeshaushalt bezahlt werden müssten.

„Zu sehen ist das unter anderem bei der Deutschen Rentenversicherung: Diese zahlt zum Beispiel momentan die Kosten, die für die Anrechnung von Kindererziehungszeiten, Mutterschutz und Ausbildungszeiten anfallen“, teilte der VdK mit.

„Dass diese Rentenleistungen sinnvoll sind, bezweifelt der VdK nicht. Wir finden jedoch, die Kosten dafür sollten nicht allein von den Beitragszahlenden der Rentenversicherung, sondern von der gesamten Gesellschaft über­nommen werden“, erklärte VdK-Präsidentin Verena Bentele. Politische Vorhaben müssten generell von der ge­samten Gesellschaft finanziert werden – „also aus den Steuereinnahmen“.

afp/bee

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