Politik

Weltgesundheits­organisation erhält eine Milliarde US-Dollar für globale Gesundheit

  • Dienstag, 15. Oktober 2024
In der ersten Reihe sitzen John-Arne Røttingen (Wellcome Trust), Bill Gates (Gates Foundation), WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus, Bundeskanzler Olaf Scholz, Axel Pries (Präsident World Health Summit), Spyridon-Adonis Georgiadis (griechischer Gesundheitsminister), Jan Christian Vestre (norwegischer Gesundheitsminister), Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (von links) /World Health Summit
In der ersten Reihe sitzen John-Arne Røttingen (Wellcome Trust), Bill Gates (Gates Foundation), WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus, Bundeskanzler Olaf Scholz, Axel Pries (Präsident World Health Summit), Spyridon-Adonis Georgiadis (griechischer Gesundheitsminister), Jan Christian Vestre (norwegischer Gesundheitsminister), Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (von links) /World Health Summit

Berlin – Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat für die Finanzierung ihrer Strategie für die nächsten vier Jahre gestern Abend rund 700 Millionen US-Dollar eingesammelt. 300 Millionen US-Dollar hatten die Europäische Union (EU) sowie die Afrikanische Union bereits im Vorfeld zugesagt. Insgesamt steht damit rund eine Milliarde US-Dollar zur Verfügung.

Auf der gestrigen Geberveranstaltung im Rahmen des World Health Summit (WHS) haben viele Staaten, da­runter Deutschland, Norwegen, Niederlande und Griechenland angekündigt, wie viel Geld sie für die kom­mende WHO-Strategie von 2025 bis 2028 zur Verfügung stellen wollen.

Die Mittel kommen im Rahmen eines neuen Finanzierungsmechanismus zustande, der darauf abzielt, Milliar­den Dollar einzusammeln, die schneller und flexibler als üblich eingesetzt werden können.

Ziel der Strategie „Gesundheit für alle“ sei, in dieser Zeit 40 Millionen durch Krankheit verursachte, vermeid­ba­re Todesfälle zu verhindern. Um dies zu erreichen, soll etwa der Zugang zur Gesundheitsversorgung ausgebaut, mehr Impfungen verabreicht und besser ausgebildetes Personal eingesetzt werden. Der Aufbau von 10.000 klima- und krisenresistenten Gesundheitseinrichtungen weltweit ist dafür vorgesehen.

Weiter sollen 3,2 Millionen weiteres Gesundheitspersonal mit Mitteln der WHO ausgebildet werden. Und Ana­lysemöglichkeiten, um Gesundheitsrisiken stetig zu bewerten und zu identifizieren, sollen weiter ausgebaut werden. Konkret sollen etwa 30 Gesundheitsrisiken jeden Monat evaluiert werden. Mögliche Ausbrüche und Krisen will die WHO innerhalb von sieben Tagen erkennen.

„Die WHO hat eine entscheidende Rolle darin, zusammenzuarbeiten und gemeinsam eine gesündere Zukunft zu ermöglichen“, sagte Bundegesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), der die erste Investmentrunde dieser Art gemeinsam mit Frankreich und Norwegen eröffnete. In Zeiten von Krisen und Kriegen sei es wichtig, dass die WHO auf eine unabhängige Finanzierung bauen könne, betonte Lauterbach. Dies sei ein Investment in die „Zukunft unserer Gesundheit“.

Mehr als 360 Millionen Euro aus Deutschland

Die Finanzierungsmittel aus Deutschland verkündete hingegen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gestern Abend. Mindestens 360 Millionen Euro werde Deutschland für das WHO-Programm zur Verfügung stellen, erklärte er. Umgerechnet sind dies fast 400 Millionen US-Dollar.

Gleichzeitig warb Scholz für mehr finanzielle Unterstützung der anderen Staaten. Die WHO brauche „eine nachhaltige Finanzierung, die Planungssicherheit und Flexibilität ermöglicht“, sagte Scholz. Von der Arbeit der WHO profitierten alle, betonte Scholz. Der Bundeskanzler sprach sich zudem für mehr internationale Koope­ration in der Gesundheitsvorsorge aus. Dass diese nötig sei, habe die COVID-19-Pandemie gezeigt.

„Daher setzen wir uns weiterhin für den Abschluss eines internationalen Pandemie-Instruments ein“, sagte Scholz. Dieses müsse die Prävention möglicher weiterer Pandemien verbessern und die Regierungen auch befähigen, „schneller auf Pandemien zu reagieren und enger mit anderen Staaten zusammenzuarbeiten“, sagte Scholz. Auf den Abschluss eines globalen Pandemievertrags bis spätestens Mai 2025 hatte vorgestern auch Lauterbach gedrängt.

Der Mpox-Ausbruch in Zentralafrika im August etwa habe gezeigt, wie wichtig eine schnelle Reaktion der WHO gewesen sei, betonte Scholz. Die WHO habe den Ausbruch als Gesundheitsnotstand deklariert und damit an­dere Länder gewarnt. „Die Alarmstufen helfen allen Ländern, Notsituationen wie den Mpox-Ausbruch besser einzuschätzen und entsprechend zu entscheiden“, sagte Scholz.

Auch Bill Gates betonte, dass die WHO wichtig sei, um das Risiko weiterer Pandemien möglichst zu reduzieren. „Denn wir haben gesehen, was es uns gekostet hat“, sagte Bill Gates. Um dies zu verhindern, müsse man Res­sourcen bündeln und sektor- und länderübergreifendes Fachwissen zusammenbringen. „Globale Herausforde­rungen erfordern globale Lösungen“, betonte er weiter.

Weitere Millionen aus anderen EU-Staaten

Neben der versprochenen Finanzierungssumme aus Deutschland, sagte Niederlande 20,6 Millionen US-Dollars zur flexiblen Verwendung zu. Auch Norwegen will der WHO maximalen Spielraum mit seinen 94 Millionen US-Dollar geben.

Manche Akteure, vor allem private Unternehmen oder Stiftungen, haben ebenfalls Geld versprochen, allerdings zu bestimmten Zwecken. Die World Diabetes Foundation hat beispielsweise zehn Millionen US-Dollar für diese Finanzierungsrunde angekündigt, um Diabetes in Ländern mit niedrigem oder mittleren Einkommen zu be­kämpfen.

Aus Irland kommen weiter mindestens 30 Millionen Euro, aus Dänemark 70 Millionen dänische Kronen (rund 9,4 Millionen Euro) und aus Luxemburg 47,5 Millionen Euro. Auch kleinere Staaten wie Malta (400.000 Euro), Finnland (1 Million Euro), Estland (1,6 Millionen Euro) oder Montenegro (80.000 US-Dollar) beteiligen sich an der Finanzierungsrunde.

Griechenland will zudem mehr als 20 Millionen Euro besteuern. Der griechische Gesundheitsminister Adonis Georgiadis warnte zudem vor der großen Gefahr von Falschinformationen. „Das ist noch die größere Pande­mie.“

Frankreich hatte gestern Abend noch keine konkrete Summe genannt, mit der das Land die WHO künftig un­ter­stützen will. Am 17. Dezember werde Frankreich dies verkünden, sagte die französische Gesundheitsminis­terin Geneviève Darrieussecq gestern.

Auch Spanien wolle noch bis Ende des Monats die Fördersumme vereinbaren, sagte die spanische Gesund­heitsministerin Mónica García Gómez via Videobotschaft. Großbritannien nannte ebenfalls keine Summe, be­tonte aber, dass die WHO eine ausreichende Finanzierung benötige sowie Reformen, um agiler, effektiver und transparenter zu werden, sagte der britische Außenminister David Lammy ebenfalls per Videobotschaft.

Dass es für die Staaten nicht einfach sei, mehr Geld für globale Gesundheit aufzubringen, räumte der WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus ein. „Wir wissen, dass wir diese Bitte in einer Zeit konkurrierender Prioritä­ten und begrenzter Ressourcen vorbringen“, erklärte er. Deshalb habe er jeden Mitgliedstaat und jeden Partner gebeten, sich zu engagieren. „Jeder Beitrag zählt.“

Der Weltgesundheitsgipfel, ein internationales strategisches Forum für globale Gesundheit, fand von Sonntag bis heute in Berlin statt. Der Gipfel thematisiert etwa die Verbesserung der Gesundheit von Frauen und Mäd­chen sowie die Eindämmung der aktuellen Ausbrüche von Mpox und des Marburgvirus in Ostafrika. Zudem sollen die Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit und Nutzen und Risiken von Künstlicher Intelligenz (KI) im Gesundheitsbereich diskutiert werden.

cmk/afp

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