Politik

Wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser angespannter als je zuvor

  • Donnerstag, 26. Juni 2025
/Olena Bloshchynska, stock.adobe.com
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Berlin – Die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser war im vergangenen Jahr angespannter als je zuvor. Das geht aus dem Krankenhaus Rating Report 2025 hervor, der heute auf dem Hauptstadtkongress in Berlin vorgestellt wurde.

Demnach schrieben 43 Prozent der Krankenhäuser im Jahr 2023 einen Jahresverlust. 2020 waren es noch 22 Prozent gewesen. Die Autoren des Reports schätzen, dass die Zahl der Häuser mit einem Jahresverlust im vergangenen Jahr auf 56 Prozent angestiegen ist.

Der Krankenhaus Rating Report wird einmal im Jahr vom RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung und der Institute for Healthcare Business GmbH in Kooperation mit der Bank im Bistum Essen erstellt. Datengrundlage für den aktuellen Report ist eine Stichprobe von 446 Jahresabschlüssen aus dem Jahr 2022, 442 Abschlüssen aus 2023 sowie eine Sonderauswertung von 124 geprüften Jahresabschlüssen aus dem vergangenen Jahr.

Die Auswertung für das Jahr 2024 hat ergeben, dass die Hälfte der 124 geprüften Krankenhäuser mit ihrem freien Geldmittelbestand lediglich den Finanzbedarf von nur zwei Wochen oder weniger decken konnten. „Für eine ausreichende Deckung sind erfahrungsgemäß mindestens vier Wochen erforderlich“, heißt es in dem Report. „Bei rund 14 Prozent der Krankenhäuser ergab sich eine hohe Insolvenzgefahr.“

Kommunalen Häusern geht es am schlechtesten

Die Autoren des Krankenhaus Rating Reports messen die Insolvenzgefahr der Krankenhäuser, indem sie sie einem roten, einem gelben und einem grünen Bereich zuordnen. Krankenhäuser im roten Bereich haben dabei ein erhöhtes Insolvenzrisiko. 2023 lagen 16 Prozent der Krankenhäuser im roten Bereich, 21 Prozent im gelben und 63 Prozent im grünen Bereich.

Auch im aktuellen Report zeigen die Autoren wieder „zeitstabile Muster“ in der deutschen Krankenhauslandschaft zwischen den Jahren 2007 und 2023. „Signifikant besser fällt das Rating weiterhin in Ostdeutschland aus, am schlechtesten in Bayern und Baden-Württemberg“, lautet eines dieser Muster.

„Kliniken in freigemeinnütziger und privater Trägerschaft schneiden deutlich besser beim Rating und der Ertragslage ab als öffentlich-rechtliche Kliniken.“ Eine Ausnahme bilden öffentlich-rechtliche Kliniken in ärmeren Kreisen, die signifikant besser abschneiden als solche in reicheren Kreisen.

Mittelgroße Häuser erzielen die besten Ergebnisse

„Die Ertragslage hat sich im Jahr 2023 bei den freigemeinnützigen und öffentlich-rechtlichen Krankenhäusern verschlechtert und bei den privaten verbessert“, heißt es weiter in dem Report.

„Größere Häuser schneiden beim Rating und der Ertragslage besser ab (ausgenommen Fachkliniken). Dieser Größenvorteil kehrt sich jedoch ab einer bestimmten Größe um. Die besten Ergebnisse erzielen Krankenhäuser mit einer Bettenzahl zwischen 500 und 900.“

Häuser in Klinikketten zeigten ein signifikant besseres Rating sowie eine bessere Ertragslage, während Einrichtungen mit mittlerem und hohem Spezialisierungsgrad ebenfalls ein signifikant höheres Rating aufwiesen.

Hilfen für Krankenhäuser schwächen Strukturreformen ab

Die Autoren des Reports erwarten, dass vor Scharfschaltung der Vorhaltefinanzierung weiterhin mit einem Anstieg der stationären Fallzahlen zu rechnen ist. Künftig sollen die Krankenhäuser zum Teil über eine Vorhaltepauschale finanziert werden, die nach dem Willen der neuen Bundesregierung ab 2028 eingeführt werden soll.

„Nach Scharfschaltung der Vorhaltefinanzierung dürften dagegen ambulante Angebote im Krankenhaus attraktiver werden, wodurch die stationäre Fallzahl wieder sinken könnte“, vermuten die Autoren des Rating Reports. Gleichzeitig werde eine stärkere Nutzung der Hybrid-DRG erwartet.

Durch die in der Krankenhausreform angestoßenen Strukturveränderungen sei mittel- und langfristig mit Effizienzverbesserungen zu rechnen. „Die Zahl der Krankenhäuser mit einem Jahresverlust könnte von 56 Prozent im Jahr 2024 auf unter 30 Prozent bis zum Jahr 2030 sinken und danach weiter zurückgehen“, vermuten die Autoren.

Mit den von der Regierung angekündigten kurzfristigen Milliardenhilfen für die Krankenhäuser könnte der Anteil der Kliniken mit Jahresverlusten hingegen auf 23 Prozent im Jahr 2025 und 25 Prozent im Jahr 2026 zurückgehen.

„Da diese Hilfe jedoch im Jahr 2027 ausläuft und wichtige Strukturreformen abgeschwächt würden, dürfte der Anteil der Kliniken mit Jahresverlusten bis zum Jahr 2030 wieder auf etwa 34 Prozent wachsen“, meinen die Autoren.

Fallzahlen steigen wieder

Nachdem die Fallzahlen in der Coronapandemie deutlich eingebrochen sind, steigen sie seit einiger Zeit wieder an. „Die Zahl der stationären Fälle stieg im Jahr 2023 um 2,4 Prozent – so stark wie noch nie seit Einführung der DRG im Jahr 2004, allerdings von dem seit 2020 deutlich niedrigeren Niveau kommend“, heißt es im Krankenhaus Rating Report. „Im Vergleich zum Jahr 2019 lag sie 2023 trotzdem noch um 11,4 Prozent niedriger.“

Im Jahr 2024 sei die Zahl nur um 0,8 Prozent angestiegen. Allerdings seien erstmals fast 300.000 Hybrid-DRG erbracht worden. Betrachte man stationäre Fälle und Hybrid-DRG zusammen, belaufe sich der Zuwachs im Jahr 2024 ebenfalls auf 2,4 Prozent.

Die Zahl der Krankenhausfälle je Einwohner fällt dem Report zufolge – um die unterschiedlichen Altersstrukturen und Geschlechterverhältnisse bereinigt – regional sehr unterschiedlich aus. Baden-Württemberg und die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen weisen die geringste Zahl der Fälle je Einwohner auf. Sehr hohe Werte finden sich dagegen in Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen, dem Saarland, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern.

Private Träger haben ärztliche Stellen reduziert

Mit dem Case-Mix-Index wird die Schwere der in einem Krankenhaus erbrachten Leistungen gemessen. „Aufgrund des stark sinkenden Case-Mix-Volumens im ersten Jahr der Pandemie sank auch der Case-Mix je ärztlicher Vollkraft im Jahr 2020 auf ein äußerst niedriges Niveau, auf dem er seither verharrt“, schreiben die Autoren des Reports. „2009 lag der Wert bei hohen 150 Case-Mix-Punkten je ärztlicher Vollkraft. Im Zuge der Pandemie sank er 2020 auf den Wert 113 und verharrt seitdem auf diesem niedrigen Niveau.“

Bei den öffentlich-rechtlichen und den freigemeinnützigen Kliniken halte der Rückgang auch im Jahr 2023 weiter an. Lediglich die privaten Kliniken hätten die Zahl der ärztlichen Stellen der nunmehr geringeren Leistungsmenge bereits in leichtem Maß angepasst. Generell falle das Case-Mix-Volumen je ärztlicher Vollkraft bei privaten Trägern am höchsten aus, gefolgt von freigemeinnützigen. Bei öffentlich-rechtlichen Trägern seien sie am niedrigsten gewesen.

Länder zahlen weiterhin zu wenig

Die Investitionsfördermittel der Bundesländer sind im Jahr 2023 um mehr als neun Prozent auf 3,88 Milliarden Euro angestiegen. „Bezogen auf die Erlöse entspricht dies trotzdem nur einem Anteil von 3,6 Prozent, während 7,8 Prozent zum Erhalt und zur Weiterentwicklung der Unternehmenssubstanz erforderlich gewesen wären“, heißt es im Report. „Wir schätzen den jährlichen Investitionsbedarf der Plankrankenhäuser auf mindestens 5,9 Milliarden Euro, zuzüglich Universitätskliniken auf 6,8 Milliarden Euro.“

Da Krankenhäuser die Lücke zwischen Bedarf und bereitgestellten Fördermitteln nur zum Teil aus eigener Kraft schlössen, komme es zu einem Substanzverzehr. „Besonders ausgeprägt war dieser bei den ostdeutschen Krankenhäusern, deren Unternehmenssubstanz sich – von einem sehr guten Wert kommend – dem niedrigen Niveau der westdeutschen Krankenhäuser immer weiter annähert“, schreiben die Autoren des Reports.

„Wären die Länder ihren Verpflichtungen stets vollumfänglich nachgekommen, wären die vergangenen Jahre bis auf 2023 und 2024 aus wirtschaftlicher Sicht befriedigend gewesen.“

Zwischen 1991 und 2023 erreichten die Stadtstaaten Hamburg und Bremen die höchste Förderung mit 1.421 Euro beziehungsweise 1.281 Euro pro Einwohner. Sachsen mit 679 Euro und Niedersachsen mit 726 Euro weisen die geringste Fördersumme auf. Bundesweit betrugen die Fördermittel 868 Euro pro Person, wobei in den alten Bundesländern die Förderung leicht höher lag.

Mehr ärztliches Personal

Die Zahl der Vollzeitkräfte im Krankenhaus ist im Jahr 2023 erneut angestiegen: um 2,25 Prozent. Damit lag sie um 6,3 Prozent höher als im Jahr 2019, obwohl die Zahl der stationären Fälle 2023 weit unter ihrem Wert des Jahres 2019 lag. „Damit ist die Produktivität deutlich gesunken: Bezogen auf die Fallzahl wurden 2023 fast 16 Prozent mehr Vollzeitkräfte eingesetzt als im Jahr 2019“, heißt es im Report.

Zudem hat sich der Anteil der Teilzeitbeschäftigten weiter erhöht. Im ärztlichen Dienst hat er sich in den vergangenen knapp 20 Jahren nahezu verdreifacht – von zwölf Prozent im Jahr 2004 auf 33 Prozent im Jahr 2023. Im vertragsärztlichen Dienst stieg die Teilzeitquote sogar in noch kürzerer Zeit um das Sechsfache: von acht Prozent im Jahr 2009 auf 48 Prozent im Jahr 2024.

Regierung ist nicht mutig genug

Die Autoren des Reports äußern sich auch zu den Reformideen der neuen Regierung: zum Beispiel zur Einführung eines Primärarztsystems und der Reform der Notfallversorgung. Diese seien begrüßenswert.

„Der Koalitionsvertrag bietet zwar erste Ansatzpunkte für Verbesserungen, doch reicht er bei Weitem nicht aus“, erklärte Boris Augurzky, einer der Autoren des Reports. „Wollen wir die Finanzierung des Gesundheitswesens nachhaltig sichern, ohne Unternehmen und Bürger zu überfordern, muss die Bundesregierung mutiger sein.“

Bei den Reformideen fehlten eine sozial abgefederte Eigenbeteiligung der Patienten ebenso wie Maßnahmen zur Steigerung des Erwerbsvolumens über eine längere Lebensarbeitszeit. Auch beim Thema Bürokratieabbau formuliere der Koalitionsvertrag nur vage.

fos

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