Politik

Zusatzbeiträge der Krankenkassen: Schere geht weiter auseinander

  • Freitag, 20. Dezember 2024
/picture alliance, Zoonar, stockfotos-mg
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Berlin – Traditionell zum Jahresende stimmen die Verwaltungsräte der Krankenkassen über die möglichen Zu­satzbeiträge ab. In diesem Jahr mussten fast alle 95 Krankenkassen die Beiträge zum Teil kräftig erhöhen – Grund sind die deutlichen Kostensteigerungen im Gesundheitswesen sowie die politisch gewollte Abschmelzung von Reserven.

Die teuersten Krankenkassen sind dabei im Jahr 2025 unter den Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOKen) zu finden. Die AOK Nordost, die neben dem allgemeinen Beitragssatz von 14,6 Prozent einen kassenindividuellen Zusatzbeitrag von 3,5 Prozent erheben wird, liegt damit bei insgesamt 18,1 Prozent.

Im Lager der Ersatzkassen ist die KKH (Kaufmännische Krankenkasse) mit einem individuellen Zusatzbeitrag von 3,78 Prozent und insgesamt 18,38 Prozent die teuerste Krankenkasse. Die Knappschaft hatte bereits Anfang De­zember angekündigt, ihren individuellen Beitrag auf 4,4 Prozent zu erhöhen und künftig insgesamt bei 19 Pro­zent zu liegen.

Neben dem allgemeinen Beitragssatz von 14,6 Prozent, den sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer teilen, wurde von Expertinnen und Experten Anfang November der durchschnittliche Zusatzbeitrag für 2025 bei 2,5 Prozent an­gesetzt. Auch diesen teilen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Gesundheitsexperten gehen aber angesichts der Kostenentwicklung im Gesundheitswesen davon aus, dass viele Krankenkassen auch weiterhin im kommenden Jahr ihre Beiträge noch einmal erhöhen müssen.

Auch die Krankenkassen, die bislang niedrige individuelle Beiträge hatten, erhöhen für 2025 deutlich: So wird die Techniker Krankenkasse (TK), die mit 11,7 Millionen Versicherte größte Krankenkasse, ihren Zusatzbeitrag verdoppeln. Lag sie bislang bei einem individuellen Beitrag von 1,2 Prozent wird dieser 2025 bei 2,45 Prozent liegen.

Insgesamt zahlen die Mitglieder der TK nun 17,05 Prozent ihres Bruttolohns. Günstig innerhalb des Lagers der Ersatzkassen (vdek) bleibt die hkk aus Bremen: Zwar wird hier auch deutlich von 0,98 Prozent auf 2,19 Prozent erhöht – der Beitrag insgesamt liegt dann aber mit 16,79 deutlich unter fast allen anderen Krankenkassen.

Auch bei den elf Ortskrankenkassen wurde die Beitragsentwicklung intensiv beobachtet. Nach den Sitzungen der Verwaltungsräte bleiben die meisten AOKen im Rahmen des durchschnittlichen Zusatzbeitrages von 2,5 Prozent. Die AOK Sachsen-Anhalt liegt bei 2,5 Prozent, die AOK Bremen (2,49) sowie die AOK Hessen (2,49) oder die AOK Rheinland-Pfalz/Saarland (2,47) bleiben knapp darunter.

Etwas über dem Durchschnitt liegen die großen AOKen aus Bayern und Baden-Württemberg: Die AOK Baden-Württemberg hat künftig einen individuellen Zusatzbeitrag von 2,6 Prozent (insgesamt 17,2) und damit ein Prozentpunkt mehr als bisher. Auch die AOK Bayern erhöht auf 2,69 Prozent (vorher 1,58) und liegt bei 17,29 Prozent. Dahinter folgen die AOK Niedersachsen (2,7), die AOK NordWest (2,79).

Deutlich darüber liegen die AOK Rheinland/Hamburg, die AOK Plus und die AOK Nordost: Versicherte der AOK im Rheinland und in Hamburg zahlen künftig einen individuellen Zusatzbeitrag von 2,99 Prozent – damit insgesamt 17,59.

Der Verwaltungsrat der AOK Plus, die in Sachsen und Thüringen beheimatet ist, hat den Zusatzbeitrag bei 3,1 Prozent (zuvor 1,8) festgelegt und wird somit 17,7 Prozent erheben. In der Region der AOK Nordost (dazu zählen Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern) ist es ein individueller Zusatzbeitrag von 3,5 Prozent und damit insgesamt 18,1 Prozent.

Im Lager der Ersatzkassen, zu dem neben der TK, der hkk, der KKH auch die Barmer und die DAK gehören, zeichnet sich ein deutlich unterschiedliches Bild ab: Trotz Erhöhung bleiben die TK und die hkk wie beschrieben die Ersatzkassen, die deutlich unter den Beiträgen der anderen liegen. Die DAK wird ihren Beitrag um 1,1, Prozentpunkte erhöhen und insgesamt bei 17,4 Prozent liegen. Der Verwaltungsrat der Barmer hat am Abend ebenso einer Erhöhung des Zusatzbeitrages um 1,1 Prozentpunkte zugestimmt - künftig hat die Kasse einen Zusatzbeitrag 17,89 Prozent haben, da es bereits im vergangenen Jahr eine deutliche Erhöhung gab. Und die HEK - Hanseatische Krankenkasse, hat ihren Beitrag auf 2,5 Prozent erhöht und wird künftig bei 17,1 Prozent liegen. Wie beschrieben liegt die KKH bei 18,38 und ist damit die teuerste Kasse unter den Ersatzkassen.

Bei den 48 geöffneten Betriebskrankenkassen (BKK) zeichnet sich ebenfalls ein sehr heterogenes Bild: Die Siemens Betriebskrankenkasse (SBK), eine der größten BKKen, hat ihren Beitrag bei 2,9 Prozent festgelegt und wird künftig bei 17,5 Prozent landen. Sofern die Daten bereits vorliegen, bewegen sich die BKKen auch im Feld zwischen 16,44 Prozent (BKK Firmus) und 18,5 Prozent (BKK Pfalz). Bei den 21 betriebsbezogenen und damit nicht geöffneten Krankenkassen zeichnet sich ein ähnliches Bild.

Auch bei den Innungskrankenkassen bleiben die Beiträge hoch: Hier liegen alle sechs Krankenkassen bei über 17,7 Prozent. Die IKK classic hat mit 3,4 Prozent den bisher höchsten individuellen Zusatzbeitrag und wird 18 Prozent erheben. Die BIG direkt gesund sowie die IKK gesund plus bleiben insgesamt bei 17,99 Prozent. Die IKK Südwest erhebt insgesamt 17,85 Prozent und damit 1,6 Prozent mehr als 2024.

Alle Pressemitteilungen, mit denen die Beitragserhöhungen angekündigt werden, sind begleitet von Kritik an der Gesundheitspolitik. „Steigende Ausgaben im Gesundheitswesen sowie eine in großen Teilen völlig verfehlte Ge­sundheitspolitik führen bei den Gesetzlichen Krankenkassen zu einem enormen Kostendruck“, erklärte Knut Lam­bertin, alternierender Vorsitzender des Verwaltungsrates und Vertreter der Versicherten der AOK Nordost.

Auch habe es die bisherige Regierungskoalition, trotz Ankündigung im Koalitionsvertrag, nicht geschafft, das strukturelle Defizit zu lösen. „So sind beispielsweise die Nettoausgaben für Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung innerhalb von zehn Jahren um 74 Prozent gestiegen, das Bruttoinlandsprodukt stieg im selben Zeitraum aber nur um 40 Prozent“, heißt es in der Mitteilung weiter.

Auch aus dem Verwaltungsrat der TK kommen kritische Töne. „Wir fordern von der nächsten Regierung, dass für die Finanzierung staatlicher Aufgaben auch der Staat aufkommt und die Kosten nicht weiter auf die Beitrags­zahlenden abgewälzt werden“, so Dominik Kruchen, ab Januar alternierender Vorsitzender des TK-Verwaltungs­rats und Vertreter der Arbeitgebervertreter.

„Wir kritisieren als Selbstverwaltung außerdem scharf, dass die Politik die Beitragssatzautonomie der Kassen durch immer schärfere Regeln eingeschränkt und sich an den Rücklagen der Krankenkassen bedient hat“, so Kruchen weiter.

bee

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