Zustimmung für Coronabürgerrat aus Ampelfraktionen

Berlin – Die Idee, die deutsche Coronapolitik in einem Bürgerrat aufzuarbeiten, bekommt Zustimmung aus den drei Ampelfraktionen. „Aus meiner Sicht wäre der Bürgerrat ein absolut geeigneter Ort für die Aufarbeitung des Umgangs mit der Coronapandemie“, sagte die SPD-Abgeordnete Marianne Schieder, dem Magazin Stern.
Sie verwies darauf, dass die repräsentative Zusammensetzung eines Bürgerrats die Gesellschaft widerspiegele und Menschen, die erheblich von den Maßnahmen betroffen gewesen waren, in die Aufarbeitung einbezogen werden könnten. „Wir als SPD-Bundestagsfraktion befürworten genau deshalb die Beauftragung des nächsten Bürgerrats mit diesem Thema“, sagte Schieder.
Einen Bürgerrat zu Corona hatte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich ins Gespräch gebracht. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte vorgestern im Sommerinterview der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“, dieses Instrument sei ihm am sympathischsten.
Als „gutes Experiment“ des Bundestages habe das schon einmal geklappt. Ein erster Bürgerrat des Parlaments mit zufällig ausgewählten Teilnehmerinnen und Teilnehmern hatte kürzlich Empfehlungen zur Ernährungspolitik vorgelegt.
Grüne und FDP wollen über einen Coronabürgerrat hinaus die Einsetzung einer Enquete-Kommission. „Ein Paket aus einem Bürgerrat und einer Enquetekommission halten wir für sachgerecht, damit wir für zukünftige ähnliche Situationen besser gerüstet sind“, sagte Grünen-Fraktionsvize Maria Klein-Schmeink dem Stern. Dazu befinde man sich in Abstimmung zwischen den Ampelfraktionen.
Der FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann hält eine Enquetekommission gar für „zwingend“ notwendig. „Ein Bürgerrat kann ergänzen, aber er kann niemals verbindliche Schlüsse ziehen“, sagte Ullmann dem Magazin. Die Verantwortung in der Coronapandemie habe bei den politischen Entscheidungsträgern gelegen, jetzt sei es die Verantwortung der Parlamentarier, die Entscheidungen zu prüfen und Schlüsse daraus zu ziehen.
„Es kann und darf nicht sein, dass wir als Parlamentarier die Verantwortung für das, was geschehen ist, an eine zusammengewürfelte Versammlung von Bürgerinnen und Bürgern abgeben“, betonte der FDP-Politiker.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier drängte ebenfalls darauf, die Nachwirkungen der Pandemie aufzuarbeiten. „In der Coronazeit haben wir alle die Erfahrung gemacht, dass Vereinsamungs- und Entfremdungsprozesse stattgefunden haben. Dass innerhalb der Familien, Gemeinden, Nachbarschaften kaum noch miteinander gesprochen wurde. Auch der politische Dialog ist abgebrochen“, sagte er dem Bayerischen Rundfunk.
Ihm sei es ein Anliegen, „Gespräche in der Gesellschaft wieder zustande zu bringen. Das ist in der Tat notwendig.“ In der Pandemie seien „manche Unversöhnlichkeiten“ entstanden, die bis heute nachwirkten.
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