Wo es am schönsten ist
Das Konzept einer "Vorlesung" ist spätestens nicht mehr zeitgemäß, seitdem der Dozent nicht mehr aus einem Buch vorlesen muss, sondern gezielte Bilder per Beamer an die Wand werfen kann. Die frontale Plenardidaktik hat seitdem eine Revolution erlebt - es gibt knallige Animationen, tolle Grafiken auf Abruf, innovative Prüfungsformate (z.B. ein TED-System wie beim Publikumsjoker von „Wer wird Millionär?”).
Doch in einer Frage sind wir Deutschen eigenartigst frühzeitig in der Entwicklung stehen geblieben: Wenn sich mittlerweile die gesamte Bandbreite von Lehrabläufen digitalisieren lässt, warum kann man dann nicht einfach von zu Hause studieren? Selbstverständlich müssen Studierende regelmäßig Praktika am Patientenbett erfahren und objektivierte Prüfungen schreiben, doch was machen sie in der restlich verbliebene Zeit?
Im angloamerikanischen Raum sind sogenannte MOOCs, Podcasts oder sonstige digitalisierte Vorträge weit verbreitet. Ich möchte hier kein "argumentum ad crumenam" verwenden, doch es bleibt zu erwähnen, dass die Datenlage der jüngeren Ausbildungsforschung ein eindeutig favorisierendes Licht auf zugängliches eLearning stellt. Zusätzlich gibt es eine offensichtliches Ungleichgewicht zwischen der Anzahl an Studienplätzen und dem eigentlichen Bedarf an Ärzten, welches unter anderem auch einer grundsätzlichen Fehlverteilung von Fakultäten zugeschrieben werden kann.
Die Studienplätze werden anhand relativ willkürlicher Modi berechnet – in Annahme, dass ein Lehrdeputat nur dann erfüllt werden kann, wenn ein Professor eine zu bestimmende Anzahl von Studierenden betreuen kann. Doch wirklich strukturiert aufgezogenes eLearning kann ganze Hörsäle füllen, Studierende aus allen Ecken Deutschlands rekrutieren und dabei jeden dort treffen, wo er sich am wohlsten fühlt: am eigenen Schreibtisch.
Zumindest gilt das nur für den theoretischeren Anteil des Studiums - Praktika sind hierbei erstmal ausgenommen und können auch in eins zu eins Betreuung im Rahmen von Famulaturen auf dem Land abgeleistet werden.
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