Unterwegs

The ongoing desire to have a baby boy…

  • Mittwoch, 19. Januar 2011

Wie bereits geschildert, kommt dem Thema Familienplanung in Indien seit Jahrzehnten große Bedeutung zu. Jährlich wächst die Bevölkerung um rund zwei Prozent. 32 Prozent der Inder sind jünger als 15 Jahre – nur sieben Prozent werden derzeit 60 Jahre und älter. 

In den Siebziger Jahren ordnete Indira Gandhi Zwangssterilisationen an – hauptsächlich bei Männern mit mehreren Kindern aus ärmeren Schichten, um das rasante Bevölkerungswachstum zu stoppen. Es mussten mehr als drei weitere Jahrzehnte verstreichen, bis die Regierung sich offiziell für Kontrazeptiva starkmacht (siehe letzter Blog).

Einerseits macht es also den Anschein als habe aufgrund der desolaten wirtschaftlichen Situation vieler Inder endlich ein wenig mehr Vernunft Einzug gehalten – als machten sich Familien Gedanken darüber wie und ob sie ihren Nachwuchs ernähren und durchs Leben bringen können. Andererseits hat gerade dieses Nachdenken einen Trend nach sich gezogen, der für uns Europäer schier erschreckend ist: sehr viele Familien wollen keine Mädchen – und tun alles dafür, damit sie keine bekommen. Alles!

Der Frauenarzt darf zwar offiziell vor der Geburt nicht verraten, ob es ein Junge oder ein Mädchen wird. Seit 1994 sind Abtreibungen verboten. Dennoch mehren sich Berichte über illegale Abtreibungen durch Ärzte, die sich dem lukrativen Geschäft hingeben. Ordnungshüter werden bestochen. 

Für eine arme Familie auf dem Land bedeutet ein Mädchen vor allem höhere Kosten, schließlich können sie nicht so hart arbeiten wie Jungen und sterben bedingt durch schlechtere Nahrung und medizinische Versorgung früher als Jungen. Darüber hinaus trägt die Familie der Frau die Kosten für die Heirat.

In Staaten wie Utar Pradesh, Panjab oder Haryana – allesamt Landbesitzende Gemeinschaften – steigt das Frauendefizit. Hier werden weibliche Babys getötet, weibliche Föten abgetrieben und Schwangerschaftsuntersuchungen mit Geschlechtsbestimmungen verbunden – obwohl gesetzeswidrig. 

In den Städten ist es vor allem die wachsende Mittelschicht, bei denen hohe Abtreibungsraten vermutet werden. Der jüngste Trend, so berichtet die „Times of India“ Ende Dezember, geht dahin, dass Männer ihre Frauen in sogenannte „gender selection clinics“ nach Bangkok schicken.

Während geschlechtsspezifische Selektion in Indien offiziell verboten ist, stellt sie in Thailand kein Problem dar. Mit Hilfe von Präimplantationsdiagnostik bekommen indische  Familien hier das „Ergebnis“, was sie sich wünschen: a baby boy.

mis

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