Unterwegs

Wohlstandssorgen der wachsenden Mittelschicht

  • Montag, 7. Februar 2011

Es ist doch immer wieder erstaunlich, wie schnell sich die Sorgen und Nöte von Menschen mit dem Grad des Wohlstands verändern. Ein Bauer auf dem indischen Land freut sich am Ende eines arbeitsreichen, körperlichen anstrengenden Tages auf eine Schale Reis, ein wenig Nan, Dal, vielleicht etwas Fleisch dazu. Häufig reicht das Geld nicht aus, um die Kinder zum Arzt schicken zu können. Der Gang zum Arzt bedeutet leidet viel zu häufig noch immer das Abrutschen in die Armut. 

Die wachsende Mittelschicht dagegen plagen inzwischen Sorgen, die sich von unseren westlichen Wohlstandssorgen kaum noch unterscheiden. Und wir sprechen hier von keiner kleinen Randgruppe mehr – 300 Millionen Inder, so schrieb erst kürzlich Die Zeit, verdienen weitaus mehr als 200 Euro monatlich – und können sich kleine Wohnungen in prosperierenden Großstädten, Kurzurlaube, schicke Mobiltelefone, westliche Kleidung sowie westliches Essen leisten.

Interessant bei dieser wachsenden Mittelschicht zu beobachten ist, dass sie diese Sorgen sehr wichtig nehmen. Viele indische Zeitungen sind voll mit Wellness-und Society-Beilagen, in denen es um die „healthy diet“ der Frau, das richtige Lunchpaket für das Kind oder um die Folgen der Übergewichtigkeit des Mannes auf dessen Spermiengeschwindigkeit geht. 

Themen wie diese werden ernst genommen – und scheinen dabei weitaus unangemessener als in Europa oder den USA. Wenn eine Inderin Dr. Mahinder Watsa – den Sexexperten des „MumbaiMirror“ – fragt, mit welchem Medikament sie ihre Periode verschieben kann oder eine Zwanzigjährige von Herrn Watsa wissen will, ob sich eine Brustvergrößerung auf deren Gefühlsempfinden auswirkt, hinterlässt die Lektüre irgendwie einen faden Beigeschmack. Denn auf den Straßen Indiens sitzen, hocken und kauern mehr als eine Milliarde Menschen, die noch nie von einem Sexexperten gehört haben. Und dies wahrscheinlich auch nie werden.

mis

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