Anwendungshinweise: Worauf beim Impfen von Rheumapatienten zu achten ist

Aachen – Beim Impfen von Patienten mit Rheuma und anderen Autoimmunerkrankungen ist einiges zu beachten – zum Beispiel ob der Patient gerade Immunsuppressiva einnimmt und ob es sich bei dem Vakzin um einen Lebend- oder Totimpfstoff handelt. Eine Expertengruppe hat deshalb Anwendungshinweise für das Impfen bei Immundefizienz erarbeitet, die im Bundesgesundheitsblatt erschienen sind (doi: 10.1007/ s00103-019-02905-1).
Einen Grund, bei Patienten mit Autoimmunerkrankungen oder unter immunmodulatorischer Therapie auf Impfungen zu verzichten, gibt es aber nicht. Ganz im Gegenteil: Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie betont in einer Pressemitteilung, dass Impfungen für Rheumapatienten besonders wichtig seien, da sowohl die Krankheit selbst als auch deren Behandlung die Immunabwehr gegen Bakterien und Viren schwäche.
Bei Patienten mit rheumatischen Erkrankungen „bindet die Entzündung Ressourcen, die bei der Abwehr von Krankheitserregern fehlen können“, erläuterte der Präsident der Fachgesellschaft, Hendrik Schulze-Koops vom Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München tätig ist. Menschen mit Rheuma erkranken doppelt so häufig an viralen oder bakteriellen Infektionen wie andere Menschen.
Die Expertengruppe mit Mitgliedern der zuständigen Fachgesellschaften, des Robert-Koch-Instituts (RKI) und der Ständigen Impfkommission (STIKO) raten den Patienten deshalb, an allen empfohlenen Impfungen teilzunehmen. Das gelte nicht nur für ältere Patienten mit rheumatoider Arthritis oder Psoriasis-Arthritis. Auch jüngere Menschen, zum Beispiel mit Morbus Bechterew, sollten darauf achten, dass sie alle für Kinder und Jugendliche vorgesehenen Impfungen erhalten haben.
„Das Problem ist, dass die Wirkung einer Impfung auf ein intaktes Immunsystem angewiesen ist“, erklärte Schulze-Koops. „Es muss die Antikörper bilden, die später vor einer Infektion schützen.“ Diese Voraussetzung sei bei rheumatischen Erkrankungen nicht immer gegeben und der Impferfolg somit gefährdet. Noch schwieriger wird es, wenn die Patienten Immunsuppressiva behandelt werden. Die meisten Patienten erhalten Basistherapeutika wie Methotrexat, die das Fortschreiten der Gelenkzerstörung verhindern. Bei einem Krankheitsschub sind häufig Steroide notwendig.
Ob Patienten, die mit Immunsuppressiva behandelt werden, geimpft werden dürfen, hängt in erster Linie vom Impfstoff ab. Die meisten enthalten abgetötete Erreger. Es gibt Totimpfstoffe zum Beispiel gegen Pneumokokken, Hepatitis B, Meningokokken, Herpes zoster und humane Papillomaviren (HPV). Auch der Grippeimpfstoff zählt dazu, mit Ausnahme des Impf-Nasensprays, das eigentlich nur bei Kindern eingesetzt wird. Totimpfstoffe können nach Einschätzung der Experten bei Patienten mit rheumatischen Erkrankungen meist bedenkenlos eingesetzt werden.
Impfschutz vor Behandlungsbeginn sichern
„Bei einigen stark wirkenden Immunsuppressiva kann die Fähigkeit des Immunsystems zur Antikörperbildung jedoch soweit eingeschränkt sein, dass keine Schutzwirkung erzielt wird“, gibt Schulze-Koops zu bedenken. Dazu gehören vor allem Biologika wie Rituximab oder Abatacept. Die Experten raten deshalb, die Impfungen vor Behandlungsbeginn durchzuführen.
Vorsicht geboten ist beim Einsatz von Lebendimpfstoffen. „Das Immunsystem gesunder Menschen kommt damit gut zurecht“, so Schulze-Koops: „Bei abwehrgeschwächten Menschen kann es jedoch zu einer Infektion kommen.“
Mit Lebendimpfstoffen wird heute gegen Masern-Mumps-Röteln, gegen Gelbfieber und gegen Rotaviren geimpft. Der ältere Zosterimpfstoff wurde kürzlich durch einen Totimpfstoff abgelöst. Diese Impfungen erfolgen in den ersten Lebensjahren und sind in der Regel abgeschlossen, wenn entzündlich-rheumatische Erkrankungen auftreten.
Einen guten Impfschutz benötigen übrigens nicht nur die Patienten selbst. Die Experten raten auch deren Angehörigen zur Impfung, um die Gefahr einer Übertragung zu minimieren.
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