Apotheken kämpfen weiter gegen Abwärtstrend

Berlin – Die Apotheken in Deutschland haben weiterhin mit einem wirtschaftlichen Abwärtstrend zu kämpfen. Der Bundesverband der Apothekerverbände (ABDA) mahnt die Bundesregierung, sich an die im Koalitionsvertrag vereinbarten finanziellen Zusagen zu halten.
„Allein in den letzten zehn Jahren haben wir 20 Prozent der öffentlichen Apotheken verloren“, erklärte ABDA-Präsident Thomas Preis heute in Düsseldorf, wo ab morgen 300 Delegierte aus je 17 Apothekerkammern und -verbänden zum Deutschen Apothekertag zusammenkommen.
16.803 Apotheken habe es im ersten Halbjahr 2025 noch in Deutschland gegeben, ein Rückgang von 238 im Vergleich zum Vorjahr. Neben den 271 Schließungen in dem Zeitraum sei besonders bedenklich, dass nur 33 neue Betriebe dazugekommen seien. „Neueröffnungen finden fast gar nicht mehr statt“, klagte Preis.
Hauptgrund für die Schließungen und ausbleibenden Neugründungen seien kontinuierlich steigende Kosten bei gleichbleibender Vergütung. Das Apothekenpackungsfixum von 8,35 Euro sei seit 20 Jahren nicht mehr angehoben worden. „Deshalb ist die wichtigste Forderung der Apothekerinnen die Anhebung des Fixums“, unterstrich er.
Anschließend brauche es jedoch auch eine Dynamisierung, „damit wir nicht abgekoppelt werden von den laufend steigenden Kosten“. Dabei setze er Hoffnungen in die schwarz-rote Bundesregierung, die eine Erhöhung schließlich im Koalitionsvertrag festgeschrieben habe.
Darin ist die Rede von einer einmaligen Anhebung des Fixums auf 9,50 Euro. Nach Preis‘ Angaben würde das „knapp unter einer Milliarde Euro“ kosten.
In „Abhängigkeit vom Versorgungsgrad“ könne es für ländliche Apotheken „in einem Korridor bis zu elf Euro betragen“. Auch damit kommt der Koalitionsvertrag einer ABDA-Forderung entgegen, wonach Apotheken in versorgungsschwachen Regionen besser gefördert werden sollen.
Dies betreffe längst nicht mehr nur den ländlichen Raum, betonte Preis. Es gebe auch immer mehr Stadtviertel ohne eigene Apotheke. Von der geforderten Dynamisierung des Fixums – beispielsweise in Form einer Kopplung an die Inflationsrate oder andere Kennzahlen – steht im Koalitionsvertrag hingegen nichts.
Nachfolgeprobleme
Neben der wirtschaftlichen Situation sei auch die Stimmung innerhalb der Apothekerschaft weiterhin schlecht. Die ABDA lässt jährlich einen sogenannten Apothekenklimaindex erstellen, für den 500 Inhaberinnen und Inhaber repräsentativ befragt werden.
Zwar habe sich die Stimmung im Vergleich zum Vorjahr aufgrund der Zusagen im Koalitionsvertrag leicht verbessert, allerdings von einem sehr schlechten Ausgangsniveau. So gaben 44,8 Prozent der befragten Inhaber an, in den kommenden zwei bis drei Jahren keine neuen Einstellungen zu planen.
„Wenn man schaut, dass fast jede zweite Apotheke beim Personal nichts machen will, sieht man, dass es dieser Branche nicht gut geht“, sagte Preis. Diejenigen Betriebe, die Personal suchen, würden wiederum stark unter dem Fachkräftemangel leiden. „Deshalb ist es wichtig, dass die Politik uns stärkt, damit wir den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Angebote machen können, die mit anderen Branchen mithalten können.“
Wesentlich für die vielen Schließungen sei zudem das Nachfolgerproblem. Mit 27 Prozent rechne fast ein Drittel der Inhaber damit, dass sie für die Übernahme ihrer Apotheke keine Interessenten finden würden.
Zudem hoffe die Apothekerschaft auf politische Hilfe bei der Erweiterung ihres Arbeitsspektrums. 43 Prozent der befragten Inhaber wünschen sich mehr Kompetenzen in der Primärversorgung. „Der Patient zuerst in die Apotheken – das soll das System entlasten“, betonte Preis.
So könne Apothekern im Notfall die Abgabe einer kleinen Packung verschreibungspflichtiger Arzneimittel auch ohne vorliegende Verordnung ermöglicht werden, wenn Patienten bereits einer bekannten Dauermedikation unterlägen.
Es sei ein Ärgernis, wenn Patienten vor verschlossenen Praxistüren stehen und dann auf Notfallambulanzen ausweichen müssten, weil sie sonst kein Rezept erhalten würden. Die Kompetenzerweiterung wäre ihm zufolge ein Schritt zur Entlastung der Notfallambulanzen.
Die Ärzteschaft begleite diese Forderung aufgeschlossen. Weniger aufgeschlossen zeigt diese sich bisher hingegen mit Blick auf weitere Impfungen in Apotheken. Hier erneuerte Preis die Forderungen der ABDA. „Wer gegen Grippe und COVID impfen kann, kann alle Totimpfstoffe verimpfen“, sagte er. „Über 90 Prozent aller Impfungen könnten Apotheker durchführen. Das wäre eine Verbesserung der Versorgung in unserem Land.“
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