Vermischtes

Arzt darf auf Entschädigung nach Organspendeskandal hoffen

  • Dienstag, 6. Oktober 2020
Der klagende Arzt (rechts) und sein Anwalt Jürgen Hoppe (links). /Archivbild, picture alliance, Christophe Gateau
Der klagende Arzt (rechts) und sein Anwalt Jürgen Hoppe (links). /Archivbild, picture alliance, Christophe Gateau

Braunschweig – Der im Göttinger Organspendeskandal freigesprochene Arzt darf weiter auf eine Entschädigung in Millionenhöhe hoffen. Das Oberlandesgericht Braunschweig halte die Berufung Niedersachsens im Wesentlichen für unbegründet, sagte die Richterin gestern in einer vorläufigen rechtlichen Bewertung.

Mit dem Berufungsprozess in Braunschweig wehrt sich das Bundesland gegen eine Milli­o­nenzahlung an den im Transplantationsskandal freigesprochenen Mediziner (Az.: 11 U 149/19).

Nach dem etwa einstündigen Vortrag der Richterin rechnen wohl alle Beteiligten damit, dass das Geld an den heute 53-Jährigen fließt. „Ich bin guter Dinge, dass dem Anspruch fast vollständig stattgegeben wird“, sagte sein Anwalt Jürgen Hoppe nach der Verhand­lung.

2019 hatte das Landgericht Braunschweig dem Arzt rund 1,2 Millionen Euro Entschädi­gung zugesprochen. Der frühere Chirurg an der Göttinger Uniklinik wurde 2015 in einem bundesweit aufsehenerregenden Prozess vom Landgericht der Stadt vom Vorwurf des elf­fachen versuchten Totschlags und der dreifachen Körperverletzung mit Todesfolge freige­sprochen.

Zuvor hatte er fast das komplette Jahr 2013 in Untersuchungshaft verbracht und wurde erst nach Zahlung einer Kaution von 500.000 Euro entlassen. Die Tatsache, dass der Me­diziner eine Entschädigung bekommt, ist rechtlich unstrittig. Bei der Höhe der Summe gehen die Vorstellungen aber weit auseinander.

Nach seinem Freispruch hat der Arzt bisher 8.500 Euro erhalten. Seine Forderung nach der Millionenentschädigung begründet er nicht nur mit der U-Haft und Zinsschäden durch die Kaution von 500.000 Euro. Es geht ihm vor allem um ein verpasstes Gehalt von 50.000 US-Dollar pro Monat in Jordanien, wo er eigentlich eine neue Stelle antreten wollte.

Die Braunschweiger Zivilkammer sah es im Urteil vom September 2019 als erwiesen an, dass der Arzt den Verdienstausfall wegen der U-Haft erlitten hat. Der ärztliche Leiter der jordanischen Klinik hatte als Zeuge bestätigt, dass es eine mündlich per Handschlag ge­troffene Vereinbarung mit dem Fixgehalt gab. Das Landgericht glaubte ihm und zumin­dest vorläufig rüttelt auch die nächsthöhere Instanz nicht an dieser Entscheidung. Ein Urteil soll am 28. Oktober verkündet werden.

Unabhängig von der Entschädigungsfrage hatte der Organspendeskandal von 2012 weit­reichende Folgen. An mehreren deutschen Kliniken wurden Manipulationen aufgedeckt, wodurch das Vertrauen in die Medizin nachhaltig erschüttert wurde. Die Deutsche Trans­plantationsgesellschaft betonte in der Folge mehrmals, dass Vorgänge wie in Göttingen inzwischen klar unter Strafe stehen. Nach dem Skandal seien Regeln verschärft worden.

dpa

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