Bitkom: Chaos bei Impfterminen sind einer Hightech-Nation unwürdig

Berlin – Drei Viertel der Bundesbürger wünschen sich einen stärkeren Einsatz von digitalen Mitteln bei der Bekämpfung der Coronapandemie. Das geht aus zwei aktuellen Umfragen des Digitalverbands Bitkom hervor. Vor allem bei der Organisation der Impfungen werden technische Lösungen aus Sicht der Befragten nicht ausreichend effektiv genutzt.
So sind 75 Prozent der Meinung, die Organisation verlaufe bislang chaotisch. Nur bei sechs Prozent der Befragten klappte die Vereinbarung eines Impftermins den Angaben zufolge reibungslos. Fast 40 Prozent derjenigen, die bereits versucht hatten, einen Termin zu bekommen, mussten dafür bis zu 50 Versuche starten. Zwölf Prozent nahmen eigenen Angaben zufolge sogar bis zu 100 Anläufe, bis sie eine Zusage für einen Termin erhielten.
„Bei der Coronaschutzimpfung wurde in kurzer Zeit viel erreicht: Die Impfzentren stehen – und dafür gebührt allen Beteiligten Lob. Das Terminmanagement hat sich jedoch oft nicht bewährt und hat bei vielen Menschen zu massiver Frustration geführt. Es ist einer Hightech-Nation unwürdig“, sagte Bitkom-Präsident Achim Berg.
Zudem gebe es keinen Überblick, wie viele Menschen in den kommenden Wochen bundesweit Impftermine haben, kritisierte Berg. Jedes Bundesland habe aktuell unterschiedliche Terminvergabesysteme, einige ausschließlich telefonisch, andere mit Online-Portalen.
In fünf Bundesländern – Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt – wurden die Kassenärztlichen Vereinigung mit der Organisation beauftragt. „Das hat dort überhaupt nicht gut funktioniert“, sagte Berg. Berlin und Schleswig-Holstein hätten sich hingegen mit der Online-Arztterminplattform Doclib und dem Digital-Ticketservice Eventim für private Anbieter entschieden.
Wenn abends Impfstoff übrig bleibe, gebe es vielerorts keine digital abrufbaren Wartelisten, über die weitere Impfberechtigte mit Termin kontaktiert werden könnten. Auch eine Planung der Impfstoffmengen sei ohne Kenntnis der vereinbarten Termine schwierig. „Das halte ich für kritisch. Ins Zentrum gehört ein schnelles und funktionierendes Terminmanagement, das durch Call-Center flankiert wird“, sagte Berg.
Dies müsse umgehend angegangen werden, da demnächst der Betrieb in den Impfzentren noch zunehmen würde und die Impfaktivitäten der niedergelassenen Ärzte mit einbezogen werden müssten.
Neben mehr digitalen Möglichkeiten zur Terminbuchung, wünschen sich laut Umfrage auch viele Deutsche eine digitale Erfassung der Impfung. 60 Prozent plädieren demnach dafür, dass der digitale Impfpass schon jetzt eingeführt ist. Geplant ist dieser Schritt bislang erst für das kommende Jahr. Ab dann sollen Versicherte die Möglichkeit bekommen, ihre Impfdaten auf der elektronischen Patientenakte (ePA) eintragen zu lassen.
Laut Umfrage würden 64 Prozent der Befragten den Impfpass lieber in einer Smartphone-App nutzen, statt das gelbe Papierdokument mitzuführen. 84 Prozent dieser Nutzer erhoffen sich, den digitalen Impfpass als schnellen Nachweis für die Coronaimpfung nutzen zu können, etwa bei Reisen oder Veranstaltungen.
„Während das Vorziehen des digitalen Impfpasses als Teil der elektronischen Patientenakte strukturell schwer möglich ist, können andere digitale Impfpässe oder -Zertifikate vorübergehend eine Lösung sein“, so Berg. „Wichtig ist, dass die derzeit entwickelten Lösungen international kompatibel sind – und dass die Daten später in die elektronische Patientenakte übertragen werden können.“
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