Fachleute alarmiert: Suizidprävention droht Unterfinanzierung

Kassel – Der Suizidprävention droht eine Unterfinanzierung. Davor warnen das Nationale Suizidpräventionsprogramm und die Deutsche Akademie für Suizidprävention anlässlich der Haushaltsberatungen des Bundes und der Länder.
„Die neue Bundesregierung will die Suizidprävention zwar weiter fördern, aber es gibt Signale, dass die Finanzierung auf einem extrem niedrigen Niveau ablaufen wird“, erklärte Reinhard Lindner, geschäftsführender Leiter des Nationalen Suizidpräventionsprogramms für Deutschland, während eines Pressegesprächs. „Wir brauchen in Deutschland ein viel deutlicheres Investment“, betonte er im Vorfeld des Welttags der Suizidprävention am 10. September.
Besonders wichtig sei die langfristige Finanzierung eines Hilfetelefons, das rund um die Uhr für suizidgefährdete Menschen und deren Angehörige erreichbar sei. Weiterhin müsse sichergestellt werden, dass die Arbeit des Nationalen Suizidpräventionsprogramms weiter finanziell gefördert werde.
Außerdem brauche es eine flächendeckende finanzielle Unterstützung von Institutionen der niedrigschwelligen Suizidprävention in ganz Deutschland – die Hilfe etwa in der Direktberatung, per Telefon oder internetbasiert anböten.
Auch der Deutsche Ärztinnenbund mahnte einen flächendeckenden Ausbau von Gesprächsangeboten an. Wichtig sei allerdings, dass sowohl Suizidprävention als auch Suizidassistenz „unter Einbezug von Gender-Aspekten“ gestaltet werde. Denn während Suizide häufiger von älteren Männern allein ausgeführt würden, zeigten etwa Schweizer Daten zur Suizidassistenz nahezu eine Geschlechterparität.
Eine prekäre finanzielle Lage oder Einsamkeit bei älteren Frauen kann dem Ärztinnenbund zufolge verstärkt zu Sterbewünschen führen, ohne dass eine frei verantwortliche Entscheidung vorliegt. Man setze sich dafür ein, innerhalb der Ärzteschaft offen über das frei verantwortete Sterben zu diskutieren, erklärte Gabriele du Bois, Vorsitzende des Ethikausschusses.
Vielen suizidgefährdeten Menschen fehle nach wie vor die Möglichkeit, ihre Probleme und Belastungen anzusprechen, erklärte Barbara Schneider, co-geschäftsführende Leiterin des Nationalen Suizidpräventionsprogramms.
„Bei Suizidalität ist niedrigschwellige Hilfe essenziell, und sie muss zeitnah zur Verfügung stehen“, betonte Schneider. „Es muss ein Gespräch mit einer geschulten, informierten und einfühlsamen Person geben, mit der man über die nächsten Schritte der Hilfe nachdenken kann.“
Die Nationale Suizidpräventionsstrategie wurde im Mai vergangenen Jahres vorgestellt. Sie sieht unter anderem vor, bestehende Telefon- und Onlineberatungsangebote für Menschen in Krisensituationen auszubauen. Ein in der vergangenen Wahlperiode angeschobenes Suizidpräventionsgesetz soll laut Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD umgesetzt werden.
Wenn Sie Suizidgedanken haben oder bei einer anderen Person wahrnehmen: Kostenfreie Hilfe bieten in Deutschland der Notruf 112, die Telefonseelsorge 0800/1110111 und das Info-Telefon Depression 0800/3344 533. Weitere Infos und Adressen unter www.deutsche-depressionshilfe.de.
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