Fast zwei Drittel der Schulkinder regelmäßig erschöpft

Berlin – Ein zunehmender Anteil von Schülern fühlt sich einer Umfrage zufolge erschöpft, emotional belastet oder einsam. Wie aus dem „DAK-Präventionsradar“ hervorgeht, der heute in Berlin der Presse vorgestellt wurde, gaben knapp 65 Prozent der Befragten an, sich mindestens einmal oder sogar mehrmals pro Woche erschöpft und müde zu fühlen. In der Vorgängerbefragung im Jahr zuvor hatten das 55 Prozent angegeben.
Für den DAK-Präventionsradar hat das Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung (IFT)-Nord im Schuljahr 2024/25 mehr als 26.500 Schülerinnen und Schüler der 8. bis 10. Klassen aller Schulformen in 14 Bundesländern befragt. Die Onlinebefragung wird einmal im Jahr im Unterricht durchgeführt.
Etwa jeder sechste junge Mensch ist der Umfrage zufolge traurig oder zeigt andere depressive Symptome – bei den jugendlichen Mädchen mit niedrigem Sozialstatus sind es demnach sogar über 40 Prozent.
Auch Einsamkeit ist demnach weiterhin ein großes Thema: 33 Prozent fühlen sich oft allein und haben das Gefühl, keine Freunde zu haben (Vorgängerbefragung: 31 Prozent). Mädchen (41 Prozent) zeigten sich in der Befragung deutlich häufiger betroffen als Jungen (25 Prozent).
„Die vorliegenden Ergebnisse verdeutlichen eine signifikante Belastung von Kindern und Jugendlichen durch emotionale Probleme und depressive Symptome“, sagte Studienleiter Reiner Hanewinkel, Leiter des IFT-Nord. Sie könnten als frühe Warnsignale für Überforderung, Stress oder unerkannte psychische Erkrankungen dienen.
Abgefragt wurde in der Studie auch die Gesundheitskompetenz der Schulkinder: 84 Prozent verfügen demnach nur über eine geringe bis moderate Gesundheitskompetenz. Damit einher gehe ein geringes gesundheitsbewusstes Verhalten in Bezug auf gesundes Essen, ausreichend Schlaf, Sport oder Bewegung. Zugleich seien diejenigen ohne ausgeprägte Gesundheitskompetenz häufiger erschöpft, traurig oder einsam.
Nur 16 Prozent besitzen dem Präventionsradar zufolge eine hohe Kompetenz und fühlen sich befähigt, aktiv Entscheidungen zu treffen und Initiative zu zeigen. Sie interessieren sich sehr für Gesundheit und sind stark motiviert, ihr Wissen etwa über gesundes Essen, ausreichend Schlaf, Sport oder Bewegung zu erweitern.
Der soziale Hintergrund wirkt sich hier deutlich aus: Bei Schulkindern aus Familien mit einem niedrigen Sozialstatus sind es mit zwölf Prozent noch weniger Jungen und Mädchen, die über eine hohe Gesundheitskompetenz verfügen.
Der DAK-Vorstandsvorsitzende Andreas Storm forderte deshalb ein Schulfach Gesundheit und Prävention, „um unsere Kinder zu befähigen, im Alltag Entscheidungen für eine gesunde Zukunft zu treffen“. Das Thema dulde keinen Aufschub mehr, jetzt müsse gehandelt werden.
„Diese Zahlen rütteln auf. Wir möchten, dass sich etwas ändert“, sagte Mareike Wulf, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMBFSFJ). „Darum bündeln wir gesamtgesellschaftlich alle Kräfte in einer gemeinsamen Allianz gegen Einsamkeit. Darum entwickeln wir gemeinsam eine Strategie ‚Mentale Gesundheit für junge Menschen‘ und bauen auf wirksamen Maßnahmen auf.“
Direkt gefragt zu Initiativen des BMBF zu einem Schulfach Gesundheit antwortete Wulf ausweichend: Es gebe Ankerfächer wie Biologie und Sport, bei denen Themen wie Gesundheit und Prävention angedockt werden könnten. Gesundheit solle aber in jedem Fall in Schulen einen höheren Stellenwert bekommen.
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