Folgeschäden nach Schädel-Hirn-Trauma häufig

Berlin – Menschen mit einem Schädelhirntrauma (SHT) leiden häufig auch Jahre nach dem Ereignis unter schweren Folgeerkrankungen. Das zeigt eine neue Studie der ZNS – Hannelore Kohl Stiftung und des Barmer Instituts für Gesundheitssystemforschung (bifg).
Für die Studie nutzten die Autoren Routinedaten der Barmer Krankenkasse. Insgesamt umfassten diese die Jahre 2005 bis 2019 für 7,7 Millionen Personen mit mindestens einem Jahr Vor- und zehn Jahren Nachbeobachtungszeit. Darunter waren 114.296 Patienten, die im Zeitraum der Jahre 2006 bis 2009 ein SHT erlitten hatten. Sechs Prozent davon waren behandlungsintensive Fälle, 57 Prozent Fälle mit stationärer Therapie und 37 Prozent Fälle mit ambulanter Behandlung.
Zum Vergleich wurden die SHT-Patienten mit Versicherten der Krankenkasse ohne SHT gematcht, die in diesem Zeitraum ein vergleichbares Alter, Geschlecht und Vorerkrankungen wie Diabetes, Herzinsuffizienz oder Rheuma aufwiesen.
Die Studienautoren fanden heraus, dass sich nach einem SHT grundsätzlich höhere Inzidenzraten bei verschiedenen Erkrankungen zeigten. So litten die Betroffenen knapp fünfmal häufiger an Kopfschmerzen als Personen der Kontrollgruppe. Epilepsien und kognitive Defizite traten fast doppelt so häufig auf, endokrine Störungen etwa durch Verletzungen der Hypophyse und Demenz rund 1,7 Mal so oft, Immobilität rund 1,4 mal, Depressionen und Angst sowie Schlafstörungen gut 1,3 Mal und Sprach- und Sehbehinderungen etwa 1,1 mal so oft wie in der Kontrollgruppe.
„Die Studie zeigt deutlich, dass SHT-Patientinnen und -Patienten nicht nur von erheblichen Kurzzeitfolgen betroffen sind, sondern ihr Leben lang unter den Folgen leiden“, erklärte Wolf Ingo Steudel von der ZNS – Hannelore Kohl Stiftung.
Laut der Arbeitsgruppe werden in Deutschland Patientinnen und Patienten mit akutem SHT sehr gründlich untersucht und behandelt. „Das Problem beginnt nach der stationären Therapie beziehungsweise nach einer Reha. Dann fallen die SHT-Patientinnen und -Patienten in ein Loch“, erläutert Eckhard Rickels aus der Arbeitsgruppe. Die Nachsorge sei für die Betroffenen „sehr schlecht bis gar nicht vorhanden“. Nötig sei ein langfristiges Versorgungssystem, so die Forderung.
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