Vermischtes

Gewaltschutz­ambulanz: Mehr als 1.600 Opfer betreut

  • Montag, 22. Februar 2021
/picture alliance, Paul Zinken
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Berlin – Im Coronajahr 2020 haben 1.661 Opfer Hilfe bei der Berliner Gewaltschutzambulanz gesucht. Das seien 119 Fälle mehr gewesen als 2019, teilte die Justizverwaltung auf Anfrage mit. Im Lockdown seien nicht so viele Fälle bekannt geworden, sie seien aber mit den Lockerungen gestiegen.

Die Mediziner stellten demnach vor allem Verletzungen durch stumpfe Gewalt wie Hautunterblutungen und Abschürfungen fest. Teilweise seien Knochenbrüche dazu gekommen. Immer wieder dokumentierten die Ärzte auch Verletzungen durch Gewalt gegen den Hals.

Während des ersten Lockdowns sei im März 2020 die Zahl der Fälle häuslicher Gewalt um fast ein Viertel gegenüber dem März 2019 zurückgegangen. Doch mit den Lockerungen kamen wieder mehr Betroffene in die Gewaltschutzambulanz.

Nach Ende des ersten Lockdowns stieg im Juni die Zahl der Fälle um fast 30 Prozent gegenüber dem gleichen Monat 2019. Die Entwicklung habe sich so fortgesetzt. Ab November seien die Fälle wegen des erneuten Lockdowns wieder deutlich gesunken, hieß es.

Betroffene Frauen hätten weniger Chancen als sonst, Hilfe zu rufen. Bei Kindern sei die soziale Kontrolle von außen minimiert. Eingeschränkte Kontakte erhöhten das Risiko, Konflikte nicht mehr konstruktiv zu lösen.

Berlins Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) sagte, es müsse leider davon ausgegangen werden, dass nach dem Ende des Lockdowns die Gewalt wieder sichtbar werde und die Zahl der Fälle steige. Beson­ders in Pandemie­zeiten gelte: „Wer Gewalt ausgesetzt ist, darf nicht allein gelassen werden“. Trotz Co­ro­na war und ist die Anfang 2014 eröffnete Ambulanz mit sieben Ärzten ohne Einschränkungen geöffnet. Es gelten strenge Hygieneregeln.

Die Einrichtung, die zur Charité gehört, bekommt nun eine längerfristige Perspektive. Behrendt und der Vorstandsvorsitzende der Charité, Heyo K. Kroemer, unterzeichneten eine Vereinbarung zur Finanzierung. „Das bietet Sicherheit über 2021 hinaus“, so der Senator. In diesem Jahr kommen von der Justizverwal­tung knapp 1,2 Millionen Euro für die Ambulanz.

Sowohl Kinder als auch Erwachsene können ihre Verletzungen dort von den Rechtsmedizinern vertrau­lich und kostenlos dokumentieren lassen. Sie müssen nicht sofort entscheiden, ob sie den Täter anzei­gen. Die Dokumentation zählt auch, wenn es zu einer Gerichtsverhandlung kommt. Mehr als 7.000 Ge­waltfälle wurden bereits untersucht.

Daneben werden auch DNA-Spuren gesichert und aufbewahrt. Die Ambulanz bietet auch Informations­veranstaltungen für Polizei, Gericht, Staatsanwaltschaften, Jugendämter, Schulen und Kitas, um auf die Probleme aufmerksam zu machen.

Nach dem ersten Lockdown hatte die Vizechefin der Ambulanz, Saskia Etzold, gesagt, es kämen fast nur schwere Fälle. Auffällig war aber nach ihren Worten der Rückgang bei Sexualdelikten durch Fremdtäter, da Clubs und Bars geschlossen seien.

dpa

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