Korruptionsprozess gegen Ex-KV-Vorstand und Kassenmitarbeiter hat begonnen

Berlin – Nach jahrelangen Ermittlungen wegen angeblich zu Unrecht kassierter Beträge in Höhe von rund 85 Millionen Euro hat am Berliner Landgericht ein Korruptionsprozess begonnen. Angeklagt sind ein damaliges Vorstandsmitglied der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Berlin sowie zwei leitende Krankenkassenmitarbeiter.
Sie sollen sogenannte Unrechtsvereinbarungen getroffen haben. Es seien Gesundheitsdaten von Versicherten nachträglich verändert worden, um auf diesem Wege höhere Zuwendungen aus dem Gesundheitsfonds zu erhalten, hieß es.
Die Verteidiger wiesen die Vorwürfe in Erklärungen zur Anklage zurück. Es habe keine Untreue gegeben und auch Korruption sei „fernliegend“. Die beiden Mitarbeiter der Krankenkasse hätten dem KV-Vorstand „weder einen Vorteil gewährt noch ihn bestochen“. Zu keinem Zeitpunkt sei es um ein Verfälschen von richtigen Daten gegangen – „es ging um die Korrektur fehlerhafter Daten“. Der Prozess werde ergeben, dass die Vorwürfe unbegründet seien.
In dem Verfahren geht es um die Abrechnungsjahre 2014 und 2015. Der 62-jährige ehemalige KV-Berlin-Vorstand und die beiden leitenden Mitarbeiter – ein 46-Jähriger und eine 60-jährige Frau – sollen vereinbart haben, dass die KV Berlin nachträglich Patientendaten verändert. In der Folge sind laut Anklage Einzelfalldaten bei mehr als 120.000 Versicherten verändert und Diagnosen hinzugefügt worden.
Eine Änderung der von den Ärzten oder Psychotherapeuten kodierten Krankheitsdiagnosen durch die Kassenärztliche Vereinigung oder durch die Krankenkasse sei jedoch gesetzlich nicht vorgesehen, heißt es weiter in der Anklage. 2014 soll die Krankenkasse fast 29 Millionen Euro zu Unrecht erhalten haben, rund 56 Millionen seien es im Jahr 2015 gewesen.
Zur Umsetzung der Vereinbarung habe das damalige Berliner KV-Vorstandsmitglied von den beiden weiteren Angeklagten jeweils Datenträger erhalten. Der 62-Jährige habe die Änderungen veranlasst, die Krankenkasse habe überhöhte Zuweisungen erhalten. „Dieser Betrag konnte damit nicht an die anderen Krankenkassen im Rahmen des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs verteilt werden“, so die Anklage.
Die Verteidiger kündigten umfassende Aussagen ihrer Mandanten zu den Vorwürfen der Bestechlichkeit beziehungsweise Bestechung an. Um ebenfalls angeklagte Untreuevorwürfe geht es in dem Prozess nicht mehr – von der Verfolgung werde in Hinblick auf die verbleibenden Vorwürfe abgesehen, beschloss das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft. Die Angeklagten werden nach derzeitigen Planungen ab dem 10. November aussagen.
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