Krankenhäuser vernetzen sich zunehmend miteinander

Berlin – Im Vorfeld der Krankenhausreform vernetzen sich Kliniken zunehmend in ihrer Region, um die Patientenversorgung zu verbessern. Die Maximalversorger übernehmen dabei in der Regel die Koordination. Das wurde kürzlich auf dem DRG-Forum in Berlin deutlich.
„Wir beschäftigen uns schon lange damit, wie wir die Gesundheitsversorgung in den Regionen organisieren können“, sagte Thomas Menzel, Vorstandssprecher des Klinikums Fulda, das mit knapp 1.000 Betten der größte Versorger in der Region ist.
Derzeit gehe das Klinikum Fulda zum Beispiel auf die Krankenhäuser in der Region zu, um gemeinsam die weitere Organisation der ärztlichen Weiterbildung zu besprechen.
„Nach der Krankenhausreform werden nicht mehr alle Krankenhäuser die Leistungen erbringen dürfen, die sie heute erbringen. Das hat auch Auswirkungen auf die Weiterbildung“, sagte Menzel, der auch Vorstandsvorsitzender der Allianz Kommunaler Großkrankenhäuser (AKG) ist. „Wir wollen jetzt gemeinsam darüber sprechen, wie man die Häuser unterstützen kann, die weiter über eine Weiterbildung verfügen wollen.“
Klare Zuständigkeiten benennen
Die AKG-Kliniken könnten sich darüber hinaus vorstellen, Satellitenkrankenhäuser in den jeweiligen Regionen aufzubauen. Es sei dabei allerdings wichtig, die Koordinierungsfunktion in den Regionen klar zu definieren. „Wir brauchen in den Netzwerken klare Zuständigkeiten für die koordinierenden Krankenhäuser inklusive einer auskömmlichen Finanzierung“, betonte Menzel.
In der Coronapandemie sei es gut gelungen, die Versorgung in den Regionen zu organisieren. „Wir hatten wöchentliche Telefonkonferenzen mit den anderen Häusern der Region“, berichtete Menzel. „Und wir hatten telemedizinische Konsile bei Intensivfällen.“
Da die Krankenhäuser in Konkurrenz zueinander ständen, wachse die Liebe eigentlich mit der Entfernung. Je näher man beisammen sei, desto schwieriger sei es manchmal. „Über dieses Stöckchen müssen wir aber springen, wenn wir die Versorgung in einer Region gut koordinieren wollen“, meinte Menzel. „Wichtig ist dabei, dass man auf Augenhöhe miteinander spricht.“
Auch die ambulante Versorgung müsse dabei berücksichtigt werden. „Wir werden immer mehr angefragt, ob wir Arztsitze in der Region übernehmen wollen“, so Menzel. „Wir haben mittlerweile ein MVZ mit 23 Sitzen, das 15 Millionen Euro Umsatz macht. Versorgung ist mehr als Krankenhaus. Da wird es verschiedene Ansätze geben, die zu koordinieren sind.“
Zahlreiche Versorgungsnetzwerke in Niedersachsen
Der Vizepräsident der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), Frank Lammert, berichtete davon, welche Rolle die MHH in überregionalen Versorgungsnetzwerken einnimmt. „Die MHH ist an über 50 bilateralen Kooperationen mit anderen Leistungserbringern in der Region beteiligt“, sagte er. „In der Regel leistet die MHH dabei einen Beitrag für den Kooperationspartner, damit dieser seinen Versorgungsauftrag erfüllen kann.“
Vor allem gehe es dabei um konsiliarische Unterstützung, um Diagnostik und um Personalgestellung, insbesondere in den Bereichen Onkologie, Pädiatrie und Kinderchirurgie sowie Neurologie.
Zudem sei die MHH an mehr als 80 Versorgungsnetzwerken beteiligt. In neun dieser Netzwerke übernehme die MHH eine besondere Rolle. „Durchschnittlich bestehen diese Netzwerke aus 16 Krankenhäusern“, sagte Lammert. Sie seien in den Bereichen Onkologie, Strahlentherapie oder Intensivmedizin angesiedelt. Die Aufgaben der MHH seien dabei die Koordination, der interdisziplinäre Austausch über Telemedizin, Schulungen oder die Evaluation.
Pädiatrisches Intensivnetzwerk
Als Beispiel für eine Versorgung im Netzwerk nannte Lammert das pädiatrische Intensivnetzwerk, an dem 26 Krankenhäuser in Niedersachsen und Bremen beteiligt sind. „Wir wissen, dass die Überlebenschance der Kinder höher ist, wenn sie zentral in spezialisierten Kliniken behandelt werden“, sagte Lammert. In Niedersachsen existierten 50 Planbetten für die Kinderintensivmedizin. Wegen des Fachkräftemangels in der Pflege könnten derzeit jedoch nur 28 von ihnen betrieben werden.
„Die Patienten, die ein Kinderintensivbett benötigen, müssen triagiert werden“, sagte Lammert. Das sei nicht so einfach. Man könne allerdings mit einer Vernetzung auf das Problem reagieren. Die Kinder könnten dann in den Netzwerkkliniken aufgenommen werden, die über Telehealth miteinander verbunden seien. „Man braucht dafür viel Technik: viele Geräte und Bilder“, so Lammert. „Die Daten können dann gemeinsam gesichtet und mit KI ausgewertet werden.“
Medizinische Bedarfe priorisieren
„Die Transformation unseres Gesundheitswesens erfordert Retinität“, betonte Lammert. Den Begriff hat der Sachverständigenrat für Umweltfragen als „Rückbindung der menschlichen Zivilisation an das sie tragende Netzwerk der Natur“ beschrieben.
Lammert bezieht ihn auf die Zusammenarbeit der Akteure im Gesundheitswesen und definiert ihn als „Nachhaltigkeit durch dynamische Vernetzung der sozialen, ökonomischen und ökologischen Dimension als Leitprinzip unseres Handelns“.
Er fordert eine Stärkung der Netzwerkkompetenz der Akteure. „Die Vernetzung muss möglichst rasch erfolgen“, betonte er. Dabei müssten Gesundheitsplanungsregionen geschaffen und eine Regieverantwortung definiert werden.
Dabei sei es wichtig zu schauen, welchen medizinischen und pflegerischen Bedarf es gebe, zum Beispiel im Bereich der Kindermedizin. „Die Bereiche, in denen es Bedarfe gibt, müssen wir priorisieren“, forderte Lammert.
„Wir sollten nicht schauen, wo der Business Case am besten ist, sondern wir sollten uns nach der Patientenversorgung richten. Wir müssen die medizinischen und pflegerischen Probleme priorisieren und diese Bereiche dann technisch unterstützen.“ Heute sei es oft andersherum.
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