Niedrigere IT-Ausgaben in deutschen Kliniken als in Nachbarländern

Osnabrück – Deutschlands Krankenhäuser geben im internationalen Vergleich weniger Geld für IT-Projekte und Digitalisierung aus. Das zeigt eine aktuelle Untersuchung der Hochschule Osnabrück, die von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) beauftragt worden ist.
Demnach investieren deutsche Krankenhäuser drei Prozent des Gesamtbudgets der jeweiligen Klinik für die IT. In den Vergleichsländern Niederlande sind es 5,2 Prozent und in Dänemark 3,9 Prozent. Bei diesen Kosten der deutschen Kliniken wurden die Anteile der Förderung durch das Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) herausgerechnet.
Wenn man diese Mittel einberechnet, liegt Deutschland bei 4,4 Prozent und damit über den Ausgaben von Dänemark. Entsprechend werde das Ausgabenniveau maßgeblich von Sondereffekten getragen und es lasse sich keine nachhaltige strukturelle Verankerung digitaler Ausgaben erkennen, heißt es in der Analyse. Das KHZG fördert IT-Projekte und Digitalisierungsvorhaben in Krankenhäusern seit 2021 mit rund 4,3 Milliarden Euro.
Bei den Personal- und Betriebskosten im IT-Bereich liegen die Ausgaben von deutschen Kliniken ebenfalls unter dem Niveau Dänemarks und der Niederlanden. Vom Gesamtbudget werden in Deutschlands Krankenhäusern 0,8 Prozent für Personal im IT-Bereich eingesetzt, für Betriebskosten sind es 1,4 Prozent. In Dänemark sind es 1,9 Prozent, beziehungsweise 1,6 Prozent und in den Niederlanden 1,5 Prozent, beziehungsweise 2,4 Prozent.
Wenn man die IT-Personalkosten pro Krankenhausbett anschaut, dann liegen die Ausgaben in Deutschland hierfür bei rund 1.850 Euro, in Dänemark bei mehr als 25.000 Euro. Das liegt der Studie zufolge einerseits an höheren Personalkosten pro IT-Vollzeitstelle in Dänemark als auch an einer deutlich größeren Ausstattung im IT-Bereich in Dänemark.
So arbeiten durchschnittlich sieben IT-Kräfte (Vollzeit) in Deutschland an einem Krankenhausstandort, in Dänemark sind es rechnerisch 109. Allerdings müsse berücksichtigt werden, dass das IT-Personal in Dänemark zentral auf regionaler Ebene organisiert und die Gesamtzahl der IT-Vollzeitkräfte lediglich anteilig auf die einzelnen Krankenhäuser einer Region umgelegt worden sei, heißt es in der Studie.
Bei den Investitionskosten im Digitalbereich sind die drei Länder hingegen auf einem ähnlichen Niveau. Hier führt die Niederlande mit 1,2 Prozent des Gesamtbudgets der Krankenhäuser, gefolgt von Deutschland mit 0,9 Prozent und Dänemark mit nur 0,4 Prozent.
Die niedrigen Investitionsausgaben in Dänemark und den Niederlanden seien mit der zunehmenden Verschiebung von einmaligen projektbezogenen Investitionskosten zu laufenden Betriebskosten etwa Leasing oder Cloud-Dienste zu erklären, heißt es in der Untersuchung.
Nachhaltige Verankerung von IT-Kosten benötigt
Das niedrige Finanzierungslevel von digitaler Infrastruktur im Krankenhaus sei mit Risiken für die Verstetigung und Weiterentwicklung digitaler Anwendungen im deutschen Krankenhauswesen verbunden, erklären die Studienautoren weiter.
Deshalb müssten laufende IT-Kosten künftig im Regelbudget der Kliniken verankert werden, lautet eine Empfehlung. Insbesondere Personal- und Betriebskosten müssten als feste Haushaltspositionen verankert und refinanziert werden. Entsprechend könnten Folgekosten von Digitalprojekten finanziell abgedeckt werden.
Weiter werden IT-spezifische Personalrichtwerte benötigt, um ebenfalls digitale Prozesse im Krankenhaus besser abzusichern. Die Studie weist zudem daraufhin, dass es künftig mehr strukturelle Digitalfinanzierungsstrategien brauche statt projektbasierten Förderungen.
Und: Krankenhäuser mit geringeren Erlösen benötigten gezielte Unterstützung, um strukturell in Digitalisierungsfragen mithalten zu können. Entsprechend wird eine Koppelung von Digitalbudgets an Erlösstrukturen und Steuerungskapazitäten vorgeschlagen.
„Die Studie macht es mehr als deutlich: Wer Digitalisierung wirklich will, muss sie dauerhaft finanzieren“, forderte Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der DKG. Während Länder wie Dänemark und die Niederlande strukturell in ihre digitale Infrastruktur investieren würden, fehle es in Deutschland an Mittel für Personal, Betrieb und Weiterentwicklung. „Das ist nicht zukunftsfähig“, so Gaß.
Die Krankenhäuser in Deutschland würden derzeit mit besonders geringem Ressourceneinsatz digitalisieren, erklärte er weiter. Das spreche einerseits für eine hohe Effizienz. „Andererseits lässt es aber auch erwarten, dass ohne eine verlässliche Finanzierungsperspektive für die Zeit nach dem Auslaufen der Förderung nach dem Krankenhauszukunftsgesetz die Digitalisierung in Krankenhäusern nicht nachhaltig gesichert und verbessert werden kann“, sagte Gaß.
Die Untersuchung basiert auf einer Literaturübersicht sowie einer Analyse länderspezifischer Primär- und Sekundärdaten. Für Deutschland wurde eine Datengrundlage von 251 Krankenhäusern berücksichtigt, für die Niederlande 44 Krankenhäuser und für Dänemark fünf öffentliche Krankenhäuser.
Die Vergleichsländer Dänemark und Niederlande wurden insbesondere aufgrund ihrer politischen und wirtschaftlichen Relevanz in Europa und der Vergleichbarkeit zum deutschen System ausgewählt. Zudem gilt Dänemark als europäischer Vorreiter in der sektorübergreifenden digitalen Vernetzung und die Niederlande verfolgen vor allem einen interoperabilitätsorientierten Ansatz.
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