Nutzung der Darmkrebsfrüherkennung bleibt hinter Möglichkeiten zurück

Berlin – Die Analyse von Versichertendaten offenbart erhebliche Defizite bei der Inanspruchnahme der stuhlbasierten Darmkrebsfrüherkennung in Deutschland. Das verdeutlicht eine neue Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) und der Barmer, die jetzt im Deutschen Ärzteblatt erschienen ist (2025; DOI: 10.3238/arztebl.m2025.0102).
Die Studie basiert auf den anonymisierten Daten von mehr als 945.000 Versicherten der Barmer der Jahrgänge 1960 bis 1968. Im Zeitraum 2010 bis 2022 nutzten lediglich 22,9 % der Männer und 55,5 % der Frauen im Alter von 50 bis 54 Jahre mindestens einmal das Angebot eines Stuhltests auf unsichtbares („okkultes“) Blut.
Nur ein verschwindend kleiner Anteil – 0,1 % der Männer und 1,8 % der Frauen – nahm das jährliche Testangebot vollständig wahr. Insbesondere Männer nutzten das Vorsorgeangebot nur selten. Bis zum Alter von 55 Jahren hatten 77,1 % der Männer und 44,5 % der Frauen keinen einzigen Test durchgeführt.
„Unsere Ergebnisse zeigen deutlich: Die bisherige, nicht organisierte und auf individueller Eigeninitiative beruhende Darmkrebsfrüherkennung erreicht große Teile der berechtigten Bevölkerung nicht“, sagt Studienleiter Hermann Brenner vom DKFZ. „Gerade im Hinblick auf die nachgewiesene Wirksamkeit und Kosteneffizienz von Stuhltests zur Senkung von Darmkrebsinzidenz und -sterblichkeit besteht dringender Handlungsbedarf.“
Die Untersuchung zeigt auch, dass selbst der Übergang von älteren enzymatischen Stuhltests zu moderneren immunologischen Tests sowie die Einführung eines Einladungsschreibens im Alter von 50 Jahren im Jahr 2019 bislang keine substanziellen Verbesserungen bewirkt haben. Im Vergleich dazu erreichen Länder mit gut organisierten Programmen – wie die Niederlande oder England – Teilnahmequoten von mehr als 70 %.
Die Autoren der Studie betonen, dass ein systematischer Ausbau der Früherkennung, etwa durch den Postversand von Testkits und zielgerichtete Erinnerungsschreiben, ein entscheidender Hebel sein könnte. Ein früheres Modellprojekt der DKFZ-Arbeitsgruppe mit der AOK Baden-Württemberg hat bereits dargelegt, dass ein solches Vorgehen die Teilnahme auch in Deutschland mindestens verdreifachen könnte.
Die Barmer hat diesen Ansatz aufgegriffen und bietet ihren Versicherten zwischenzeitlich an, die Testkits nach Hause zu schicken. Dieses Verfahren soll in den nächsten Jahren weiter verbessert und von den Epidemiologen des DKFZ wissenschaftlich begleitet werden.
„Jedes Jahr versterben in Deutschland über 24.000 Menschen an Darmkrebs. Doch die Krankheit lässt sich verhüten, wenn die Krebsvorstufen entdeckt und entfernt werden, und die Heilungschance steigt, wenn der Krebs früh diagnostiziert wird“, sagte Christian Graf von der Barmer. Es sei höchste Zeit, dass man mit evidenzbasierten Maßnahmen mehr Menschen dazu bringe, die Chance der Vorsorge und Früherkennung zu nutzen.
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