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One-Health-Ansatz: Plädoyer für globalen Politikwandel

  • Mittwoch, 23. Juli 2025
/Pcess609, stock.adobe.com
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München/Hamburg – Eine internationale Expertengruppe, die Lancet-One-Health-Kommission, drängt auf einen globalen Politikwandel. Andernfalls wären die gesundheitlichen Folgen von Zoonosen, Antibiotikaresistenzen, Umweltzerstörung und Klimawandel immens, warnt die Kommission in einem kürzlich erschienenen Bericht in der Zeitschrift The Lancet (2025; DOI: 10.1016/S0140-6736(25)00627-0). 

Antibiotikaresistenzen, die jährlich Millionen von Todesfällen verursachten, verschmutzte Luft, kontaminiertes Wasser und der Verlust der biologischen Vielfalt bedrohen laut dem Bericht nicht nur die globale Gesundheit, sondern auch die Ernährungssicherheit, die Wirtschaft und die soziale Stabilität. „Politische Strategien haben diese Zusammenhänge bisher weitgehend ignoriert“, kritisiert die Kommission. 

Regierungen, Wirtschaft und internationale Organisationen müssten daher ihren Kurs ändern. „Nur ein konsequenter One-Health-Ansatz – der die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt gemeinsam betrachtet – kann die eskalierende Kette von Gesundheitskrisen durchbrechen“, fasst das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin den Appell zusammen. Das Institut beteiligt sich an der Arbeit und der Leitung der Kommission. 

Die 40 Fachleute haben für den Bericht aktuelle Daten, Fallstudien und Szenarioanalysen zusammengetragen. Danach spielen Zoonosen eine zentrale Rolle.

Von allen bekannten Infektionserregern, die beim Menschen Krankheiten verursachen, stammen etwa 60 Prozent ursprünglich von Tieren. Bei neu auftretenden Infektionskrankheiten sei der Anteil sogar noch höher: Mehr als 70 Prozent stammten von Erregern, die vom Tier auf den Menschen übergesprungen sind.

Entscheidend sei daher ein integrierter Ansatz, der die Zusammenhänge zwischen menschlicher Gesundheit, Tiergesundheit und Umwelt systematisch in Forschung, Politik und Praxis einbeziehe. Die Kommission fordert, diesen Ansatz in allen relevanten Politikbereichen fest zu verankern – von Landwirtschaft und Klima über Umweltpolitik bis hin zur Wirtschaft. 

Integrierte Überwachungssysteme könnten dabei Leben retten und Kosten senken: In Italien werde das West-Nil-Virus zum Beispiel nicht nur beim Menschen, sondern auch bei Mücken, Wildvögeln und Pferden überwacht.

„Gesundheit ist kein isoliertes medizinisches Problem. Sie entsteht in komplexen Ökosystemen“, betonte Jürgen May, Vorstandsvorsitzender und Leiter der Abteilung für Infektionsepidemiologie am BNITM sowie Mitglied der Kommission. „Wenn wir weiterhin in Silos denken, riskieren wir Pandemien, medikamentenresistente Erreger und den Zusammenbruch von Ernährungssystemen“, warnt er.

Die Kommission fordert daher eine internationale One-Health-Governance-Struktur, vergleichbar mit dem Pariser Klimaabkommen.

Nationale Regierungen sollten One Health in Gesetzen und Strategien verankern, Budgets umverteilen und Frühwarnsysteme für Krankheiten an der Schnittstelle zwischen Mensch, Tier und Umwelt einrichten.

Ebenso wichtig sei ein Paradigmenwechsel in der Ökonomie – weg vom reinen Wachstumsdenken hin zu Modellen, die Wohlbefinden, Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit in den Vordergrund stellten, so die Forderung.

hil

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