Pandemie verstärkt Einsamkeitsgefühl

Berlin – Laut einem Gutachten des Sozialverbands Deutschland (SoVD) haben die Coronapandemie und die damit verbundenen Einschränkungen das Einsamkeitsgefühl in Deutschland verstärkt. „Wer vorher schon einsam war, fühlt sich jetzt noch einsamer, und wer es vorher noch nicht war, empfindet es jetzt vielfach auch“, erklärte die Soziologin der Universität Göttingen, Claudia Neu, bei der Vorstellung der Studie heute in Berlin.
Laut Analyse wird die Coronakrise allerdings gerade von der Risikogruppe der älteren Menschen weniger belastend wahrgenommen als erwartet. Dafür litten besonders Kinder und Jugendliche unter den Einschränkungen. „Wir haben etwa Fälle von Kleinkindern dokumentiert, die jetzt ihre Erzieherinnen in der Kita vermissen“, sagte die Soziologin und Autorin der Studie. „Das kann auch Hemmnisse für die Entwicklung der Kinder darstellen.“
Zudem habe das Gutachten gezeigt, dass jeder fünfte Deutsche von sozialer Exklusion betroffen sei. Im Gegensatz zum subjektiven Gefühl der Einsamkeit meine dieses Phänomen den Ausschluss ganzer Personengruppen von der öffentlichen Teilhabe. Betroffen davon seien etwa Menschen mit Behinderung, chronisch Kranke sowie Alleinerziehende, die zu rund einem Drittel von staatlichen Zusatzleistungen lebten.
„Die Coronapandemie hat wie ein Brennglas langjährige Fehlentwicklungen in unseren sozialen Sicherungssystemen offen gelegt“, erklärte SoVD-Vizepräsidentin Ursula Engelen-Kefer. Um einen weiteren Anstieg der sozialen Spaltung zu verhindern, sei der Ausbau sozialstaatlicher Strukturen, etwa eines barrierefreien Nahverkehrs, ebenso wichtig wie eine finanzielle Absicherung.
Der SoVD fordert deswegen, den gesetzlichen Mindestlohn auf 13 Euro anzuheben und Empfängern von Sozialleistungen in der Pandemie zusätzlich einen monatlichen Bonus von 100 Euro auszuzahlen.
Hingegen habe sich in der Krise auch ein verstärktes bürgerliches Engagement gezeigt. „Wir haben in der Coronazeit einen großen Anstieg der Solidarität im Nahbereich feststellen können, etwa in Form von Nachbarschaftshilfen“, so Neu. Allerdings fürchteten viele der Befragten auch, dass die soziale Ungleichheit durch die Pandemie insgesamt zunehmen und sich in Verteilungskämpfen entladen könnte.
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