Prozessauftakt: Palliativmediziner schweigt zu Mordvorwürfen

Berlin – Fast ein Jahr nach seiner Verhaftung steht ein Palliativmediziner in Berlin wegen 15-fachen Mordes vor Gericht. Heute wurde die Anklage verlesen. Es geht zunächst um 15 Todesfälle im Zeitraum vom September 2021 bis Juli 2024.
Als bislang erstes und jüngstes Opfer nennt die 255-seitige Anklage eine 25-Jährige, als ältestes eine 87 Jahre alte Frau. Aktuell gibt es noch 71 Fälle, in denen ein Anfangsverdacht besteht. Auch der Tod der krebskranken Schwiegermutter des Arztes gehört dazu, wie Sprecher Sebastian Büchner sagte. Die Ermittlungen laufen weiter.
Der Arzt soll die Taten im Rahmen seiner Tätigkeit für zwei Pflegedienste in Berlin begangen haben. Diese Vertrauensstellung soll er ausgenutzt haben. Teils unangekündigt suchte er die Betroffenen auf, meist waren die Patienten allein, so die Staatsanwaltschaft.
In einigen Fällen legte der Mediziner den Ermittlungen zufolge Brände, um die Taten zu vertuschen. Die Polizei ermittelte in den Fällen zunächst wegen Brandstiftung mit Todesfolge – dabei geriet der Arzt zunehmend in den Fokus. Dazu beigetragen haben laut Staatsanwaltschaft auch Hinweise der Pflegedienste, für den der Beschuldigte gearbeitet hatte.
„Unser Mandant wird zunächst keine Erklärung abgeben“, sagte Verteidiger Christoph Stoll. Der Prozess vor dem Landgericht Berlin gegen den Arzt begann unter großem Medien- und Publikumsandrang. 13 Angehörige von Gestorbenen sind nach Gerichtsangaben bislang als Nebenkläger vertreten.
Die Staatsanwaltschaft strebt gegen den 40-Jährigen neben einer Verurteilung die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld und eine anschließende Sicherungsverwahrung an. Außerdem soll der Arzt ein lebenslanges Berufsverbot bekommen.
Bestätigen sich die Vorwürfe, könnte der Fall einer der größten bundesweit sein. Bislang gilt eine Mordserie in Niedersachsen als die wohl größte der deutschen Nachkriegsgeschichte: Ex-Pfleger Niels H. wurde 2019 wegen 85 Morden zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Motiv für die Taten blieb unklar. Zuvor war H. bereits wegen weiterer Morde verurteilt worden.
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